YouTube sperrte mehrere Kanäle eines Influencers und begründete dies mit angeblichen Regelverstößen. Doch das OLG Bamberg stellte fest, dass diese Begründung vielleicht für den Kanal gelten mag, auf dem die Verstöße passiert sind – nicht jedoch für von diesem unabhängige Zweitkanäle. Der YouTuber erhielt sogar Schadensersatz im Eilverfahren.

Das Oberlandesgericht (OLG) Bamberg hat im Eilverfahren entschieden, dass ein Influencer trotz der Sperrung eines YouTube-Kanals seine weiteren bereits bestehenden Kanäle weiter nutzen darf. YouTube hätte diese nicht sperren dürfen, denn ihre Weiternutzung stelle keine „Umgehung einer vorherigen Sperre“ im Sinne der Nutzungsbedingungen dar. Der Begriff der „Umgehung“ sei eng auszulegen – nur das bewusste Fortführen eines konkret beanstandeten Inhalts oder eines konkreten Kanals seien erfasst, nicht aber thematisch eigenständige Kanäle. Außerdem sprach das Gericht dem YouTuber bereits im Eilverfahren einen Anspruch auf Schadensersatz wegen der umfangreichen Sperrungen zu. Schließlich bestreite er von dem Kanal seinen Lebensunterhalt und beschäftige Mitarbeiter, sodass dies gerechtfertigt sei (Urteil vom 28.07.2025, Az. 4 U 62/25 e).
YouTube sperrt vier Kanäle eines YouTubers
Der Fall begann im November 2024: Der Influencer betrieb mehrere Kanäle auf YouTube, auf denen er regelmäßig Inhalte veröffentlichte. Nachdem die Plattform ihm vorwarf, urheberrechtlich geschützte Inhalte zu verwenden, sperrte YouTube drei seiner Kanäle. Nach Angaben der Plattform seien Videos mit einem sogenannten Overlay bearbeitet worden. Das bedeutet, dass ein zweites Video über ein urheberrechtlich geschütztes Werk gelegt wurde, um automatische Filter zu umgehen. Der Influencer erhielt hierzu keine vorherige Warnung. Er bestritt die Vorwürfe und sah in seinen Videos zulässige Reaktionen auf vorhandene Inhalte.
Im Januar 2025 sperrte YouTube dann weitere drei Kanäle des Influencers. Dieses Mal stützte das Unternehmen die Sperrungen nicht auf neue Verstöße. YouTube erklärte, der Influencer habe die Sperren aus dem November umgangen, weil er seine anderen Kanäle weiter betrieben habe. Ihm wurde außerdem mitgeteilt, dass er dauerhaft von der Nutzung der Plattform ausgeschlossen sei und keinen neuen Kanal mehr erstellen dürfe.
In erster Instanz: LG Schweinfurt urteilt zugunsten von YouTube
Der Influencer legte gegen die Sperrungen Einspruch ein. Die Plattform wies den Einspruch zurück. Der Influencer beantragte daraufhin den Erlass einer einstweiligen Verfügung und forderte die sofortige Freischaltung der im Januar gesperrten Kanäle. Er begründete dies damit, dass er seinen Lebensunterhalt mit den Kanälen bestreite und die Sperrung zu erheblichen Einnahmeverlusten führe. Außerdem verliere er durch die Sperre täglich Reichweite und Follower.
Das Landgericht (LG) Schweinfurt lehnte den Eilantrag des YouTubers in erster Instanz ab. Das Gericht folgte der Auffassung von YouTube und sah die Nutzung der weiteren Kanäle als Umgehung der Sperrungen an. Das Gericht war der Ansicht, dass die Plattform nach den Nutzungsbedingungen befugt gewesen sei, alle Kanäle zu schließen. Eine vorherige Abmahnung sei nicht erforderlich gewesen (Urt. v. 26.03.2025, Az. 11 O 84/25 eV).
Urteil des OLG Bamberg: YouTube hätte Zweitkanäle nicht sperren dürfen
Das OLG Bamberg hob diese Entscheidung jedoch auf. Der Senat stellte klar, dass die Plattform nicht berechtigt gewesen war, die weiteren Kanäle wegen einer angeblichen Umgehung zu sperren. Das Gericht prüfte ausführlich die Nutzungsbedingungen. Darin steht, dass es verboten sei, Einschränkungen mittels anderer Kanäle zu „umgehen“. Der Begriff der „Umgehung“ sei aber eng auszulegen. Ein durchschnittlicher Nutzer dürfe die Regel so verstehen, dass nur das bewusste Fortführen eines konkret beanstandeten Inhalts oder eines konkreten Kanals als Umgehung gewertet werden könne. Ein solcher Fall lag nach Ansicht des Gerichts nicht vor. Die Inhalte der weiteren Kanäle hätten in keinem direkten Zusammenhang mit den Vorwürfen aus dem November gestanden. Sie seien thematisch eigenständig und hätten keine urheberrechtlichen Probleme aufgewiesen. Eine pauschale Sperre aller Kanäle sei daher nicht durch den Vertrag gedeckt.
Das Gericht stellte außerdem fest, dass YouTube selbst nicht behauptet hatte, dass in den weiteren Kanälen Verstöße gegen die Richtlinien vorlägen. Es habe damit an einer konkreten Grundlage für die Sperrung gefehlt.
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Der Senat ordnete zunächst die Freischaltung der drei Kanäle an. Er legte außerdem fest, dass YouTube diese Kanäle nicht aus denselben Gründen erneut sperren darf. Die Verpflichtung gilt bis Januar 2027. Das Gericht wählte diesen Zeitraum, weil es davon ausging, dass bis dahin eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorliegen kann. Eine längere Regelung hätte den Inhalt des Hauptsacheverfahrens vorweggenommen.
Die Mitteilung, der Nutzer dürfe künftig keinen Kanal mehr betreiben, wertete das Gericht außerdem nicht als Kündigung des gesamten Nutzungsvertrages. Sie sei nur als Sperrmitteilung für einzelne Kanäle zu verstehen. Eine Kündigung hätte klar formuliert werden müssen. Auch die Tatsache, dass YouTube nicht alle Kanäle mit derselben E-Mail-Adresse sperrte, habe gegen eine umfassende Kündigung gesprochen. Somit besteht allein deshalb kein Recht YouTubes, den Content Creater vollständig von der Plattform zu verbannen.
Influencer steht Schadenersatz schon im Eilverfahren zu
Das Gericht hielt außerdem fest, dass der Influencer einen Anspruch auf Schadensersatz habe. Das ist im Eilverfahren recht ungewöhnlich. Rechtlich folgt der Anspruch aus der Pflichtverletzung der Plattform, weil die Sperrungen vertragswidrig gewesen seien.
Der Influencer konnte außerdem nachweisen, dass die Sperren erhebliche wirtschaftliche Folgen hatten: Er erzielte monatlich hohe Einnahmen über die Kanäle und beschäftigte Mitarbeiter. Mit jeder Woche der Sperrung verschlechterten sich seine Position und seine Reichweite. Eine Verweisung auf ein Hauptsacheverfahren hätte für ihn erhebliche und endgültige Nachteile bedeutet. Das Gericht sah deshalb einen Verfügungsgrund. Die Plattform konnte dem nichts entgegensetzen, da sie keinen eigenen Schaden durch eine Freischaltung darlegen konnte.
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