Das BAG entschied, dass Personen, die erst nach dem 55. Lebensjahr eine Stelle antreten, gegen ihren Arbeitgeber keinen Anspruch auf eine Betriebsrente haben. Durch Ausschluss dieses Anspruchs besteht nach Ansicht der Richter weder eine Alters- noch eine Geschlechterdiskriminierung.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte kürzlich über die Klage einer Angestellten gegen ihre Arbeitgeberin Ver.di zu entscheiden. Die Gewerkschaft hatte die Frau seit 2016 als Mitarbeiterin im Sekretariatsdienst eingestellt – das war kurz nach ihrem 55. Geburtstag. Die Versorgungsregelungen über die Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge sahen allerdings vor, dass ein Anspruch auf eine Betriebsrente nur für Mitarbeitende besteht, die vor Vollendung des 55. Lebensjahres ihre Arbeit beginnen. Die Mitarbeiterin klagte nun gegen ihre Arbeitgeberin auf Einzahlung in die Versorgungskasse, weil sie sich durch die Regelung diskriminiert sah. Vor dem BAG wurde die Revision der Klägerin aber nun abgewiesen, weil die Richter weder eine Diskriminierung für Alte noch für Frauen erkennen konnten (Urteil v. 21.09.2021, Az. 3 AZR 147/21).

Keine Altersdiskriminierung

Die Klägerin brachte vor, dass sie durch die Regelung aufgrund ihres Alters gemäß § 7 Abs. 1 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) diskriminiert würde, was sich insbesondere aus der gestiegenen Regelaltersgrenze der gesetzlichen Rentenversicherungen ergebe. Dem widersprechen die Richter des BAG. 

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Bei der Versorgungsregelung handele es sich nicht um eine unzulässige Altersdiskriminierung, weil diese durch § 10 AGG gerechtfertigt sei, auch unter Berücksichtigung der Anhebung der Regelaltersgrenze auf die Vollendung des 67. Lebensjahres. Denn mit der Anhebung der Altersgrenze würde ein legitimes Ziel verfolgt werden und sie sei auch angemessen und erforderlich.

§ 1 AGG: Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

§ 7 Abs. 1 AGG: Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden […]

§ 10 AGG: Ungeachtet des § 8 ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters auch zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. […]

Auch keine Diskriminierung von Frauen

Das Erfurter Gericht beschäftigte sich im Revisionsurteil auch mit der Frage, ob durch die Regelung eine mittelbare Diskriminierung von Frauen vorliegen könnte. Mit mittelbarer Diskriminierung von Frauen mussten sich schon viele Arbeitsgerichte beschäftigen. Sie liegt immer dann besonders nahe, wenn durch eine Regelung faktisch fast ausschließlich ein Geschlecht betroffen ist – häufig war das bei Regelungen für Teilzeitbeschäftigte der Fall. Für die Regelung zur Altersvorsorge schließt das BAG eine geschlechtsbezogene Diskriminierung allerdings aus. Das Gericht führt aus, dass ein durchschnittliches Erwerbsleben ungefähr 40 Jahre dauert und der durch die Altersgrenze betroffene Teil eines solchen Erwerbslebens nicht unangemessen lang sein dürfe. Nach den Statistiken der Deutschen Rentenversicherung lagen im Jahr 2019 den Versicherungsrenten in der Bundesrepublik Deutschland durchschnittlich 39,0 Versicherungsjahre zugrunde. Bei den Frauen belief sich diese Zahl auf 36,5, bei den Männern auf 41,9 Versicherungsjahre. Dieser Unterschied sei laut BAG nicht so groß, dass Frauen durch die Auswirkungen der Altersgrenze unangemessen benachteiligt seien. Damit schließen sich die Richter ihre Vorinstanz, dem Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf an (Urteil v. 13.01.2021, Az. 12 Sa 453/20)

Vorinstanz verhandelte per Videoübertragung

Die Richter des BAG hatten in ihrem Revisionsurteil zudem keine Einwände dagegen, dass das LAG eine Videoverhandlung aufgrund der Corona-Pandemie führte. Dies war gemäß § 128a Zivilprozessordnung zulässig, wenn sich die teilnehmenden Parteien in einem anderen von der Justiz gestellten Raum befänden. Die Sonderregelung entspreche auch der Rechtswegegarantie aus Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz. Voraussetzung sei nur, dass die Gerichtsverhandlung trotz digitaler Umsetzung ordnungsgemäß und in der Weise angemessen durchgeführt wird, dass eine mündliche Verhandlung problemlos stattfinden kann.

ses