Zwei Polizisten aus Niedersachsen hatten über Jahre hinweg rassistische und verfassungsfeindliche Inhalte in Chats verbreitet. Das OVG Niedersachsen verschärfte nun die Konsequenzen gegen beide Beamte, ließ die Polizisten aber im Dienst.
Polizeibeamte haben eine besondere Verpflichtung, jederzeit für die Werte der freiheitlichen demokratischen Grundordnung einzustehen. Wer dagegen verstößt, muss disziplinarische Konsequenzen fürchten. Dies zeigte jetzt das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht (OVG) in zwei Berufungsverfahren gegen Polizeivollzugsbeamte aus Osnabrück sehr deutlich: Beide Beamte wurden härter bestraft als noch in erster Instanz. Ihre Entfernung aus dem Dienst blieb ihnen jedoch erspart (Niedersächsisches OVG, 24.04.2025, Az. 3 LD 14/23 und Az. 3 LD 12/23).
Rassistische und verfassungsfeindliche Inhalte in Polizeichats
Ausgangspunkt der Verfahren waren schwerwiegende Vorwürfe gegen zwei Polizeivollzugsbeamte aus Niedersachsen. Über mehrere Jahre hinweg hatten sie in WhatsApp-Chats Bild-, Text- und Videodateien verbreitet, die in rassistischer Weise Flüchtlinge sowie Menschen mit Migrationshintergrund herabwürdigten. Außerdem beinhalteten die Dateien Darstellungen, die das nationalsozialistische Unrechtsregime verharmlosten oder seine Führungsriege in einem positiven Licht erscheinen ließen. Die Inhalte wurden sowohl in privaten Einzelchats als auch in Gruppenchats innerhalb und außerhalb der Polizei verschickt.
Bei den betroffenen Beamten handelt es sich um einen heute 49-jährigen Kriminalhauptkommissar und einen heute 61-jährigen Polizeihauptkommissar. Beide standen zum Zeitpunkt der ersten gerichtlichen Entscheidung in der Besoldungsgruppe A 11. Besonders gravierend war das Verhalten des jüngeren Beamten: Er hatte nicht nur selbst eine Vielzahl von problematischen Dateien versendet, sondern auch über Jahre hinweg derartige Inhalte empfangen, ohne dagegen einzuschreiten oder sich zu distanzieren. Der ältere Beamte hingegen war für den Versand einer erheblichen Zahl entsprechender Dateien verantwortlich, jedoch in erster Linie innerhalb polizeilicher Chatgruppen.
Im Disziplinarverfahren vor dem Verwaltungsgericht Osnabrück wurden zunächst milde Maßnahmen verhängt. Der 49-Jährige wurde von A 11 auf A 10 zurückgestuft. Gegen den 61-Jährigen wurde lediglich eine Kürzung seiner Dienstbezüge um zehn Prozent für die Dauer eines Jahres ausgesprochen. Dies genügte der Polizeidirektion Osnabrück nicht. Sie legte Berufung ein und forderte die Entfernung beider Beamter aus dem Dienst.
Schweres Dienstvergehen, aber kein endgültiger Vertrauensverlust
Das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht stellte in seinen Entscheidungen klar, dass die beiden Beamten schwerwiegend gegen ihre Pflicht verstoßen haben, die freiheitliche demokratische Grundordnung aktiv zu schützen und zu verteidigen. Diese Pflicht bestehe nicht nur im Dienst, sondern auch im privaten Bereich. Insbesondere sei es unvereinbar mit den Aufgaben eines Polizeibeamten, die Menschenwürde infrage zu stellen oder verfassungswidrige Ideologien wie die des Nationalsozialismus zu verharmlosen.
Nach Auffassung des 3. Senats hatte der jüngere Beamte durch das jahrelange Versenden und Empfangen rassistischer und verfassungsfeindlicher Inhalte den objektiven Eindruck einer verfassungsfeindlichen Gesinnung erweckt. Dies wiege besonders schwer, da Beamte in besonderer Weise das Vertrauen der Bevölkerung in die Verlässlichkeit des Staates und seiner Organe verkörpern müssten.
Auch der ältere Beamte habe sich durch die Verbreitung einer Vielzahl solcher Inhalte schwerer Dienstpflichtverletzungen schuldig gemacht. Zwar sei bei ihm die Intensität des Fehlverhaltens etwas geringer einzustufen als bei seinem jüngeren Kollegen, gleichwohl handele es sich um gravierende Verstöße gegen die Kernpflichten eines Polizeibeamten.
Trotz der Schwere der Dienstvergehen sah das OVG jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächlich verfassungsfeindliche Gesinnung der beiden Beamten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlungen hatten beide glaubhaft machen können, dass ihr Verhalten nicht auf einer bewussten Ablehnung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung beruhte. Vielmehr sei ihr Verhalten auf eine erhebliche Unreflektiertheit und ein fehlendes Problembewusstsein zurückzuführen. Aufgrund des Eindrucks, den die Beamten im Prozess hinterließen, bestehe noch ein Restvertrauen, dass sie in Zukunft ihren Dienstpflichten ordnungsgemäß nachkommen könnten.
Zurückstufung statt Entfernung aus dem Dienst
Vor diesem Hintergrund entschied das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, dass eine vollständige Entfernung der Beamten aus dem Beamtenverhältnis nicht erforderlich sei. Die Disziplinarmaßnahmen wurden jedoch erheblich verschärft. Der heute 49-jährige Kriminalhauptkommissar wurde um zwei Besoldungsgruppen zurückgestuft und wird künftig nach A 9 besoldet. Der 61-jährige Polizeihauptkommissar wurde um eine Besoldungsgruppe auf A 10 herabgesetzt.
Mit diesen Entscheidungen bringt der Senat klar zum Ausdruck, dass schwere Verstöße gegen die Grundwerte der Verfassung harte disziplinarische Konsequenzen nach sich ziehen müssen, auch wenn im Einzelfall eine vollständige Entlassung noch nicht geboten ist. Insbesondere in Zeiten, in denen das Vertrauen in staatliche Institutionen unter besonderer Beobachtung steht, ist ein klares Signal der Abgrenzung gegenüber rassistischem und verfassungsfeindlichem Gedankengut unerlässlich.
Die Urteile sind mit ihrer Verkündung rechtskräftig geworden.
Auch wenn es in diesem Fall um disziplinarrechtliche Fragen im Beamtenrecht ging, zeigen solche Verfahren, wie wichtig eine rechtssichere Bewertung von Pflichtverstößen am Arbeitsplatz ist. Im Arbeitsrecht beraten und vertreten wir Arbeitnehmer und Arbeitgeber umfassend bei Kündigungen, Abmahnungen sowie allen weiteren Fragen rund um das Arbeitsverhältnis. Mit unserer Erfahrung unterstützen wir Sie dabei Ihre Rechte effektiv durchzusetzen und rechtliche Risiken frühzeitig zu vermeiden. Sie können uns jederzeit unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit) kontaktieren, oder das folgende Formular ausfüllen.