Der Vor­sitz im Be­triebs­rat steht einer Wahr­neh­mung der Auf­ga­ben des Be­auf­trag­ten für den Da­ten­schutz ty­pi­scher­wei­se ent­ge­gen und be­rech­tigt den Ar­beit­ge­ber in aller Regel, die Be­stel­lung zum Da­ten­schutz­be­auf­trag­ten zu wi­der­ru­fen. Grund seien die dro­hen­den In­ter­es­sen­kon­flik­te. Das stellte nun das BAG klar.

Der Grundfall mit dem sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) befasst hatte, war recht einfach: Betroffen war ein Angestellter, der in seiner Stellung als Vorsitzender des Betriebsrats teilweise von der Arbeit freigestellt war. Mit Wirkung zum 01.06.2015 wurde er von seinem Arbeitgeber und weiteren in Deutschland ansässigen Tochtergesellschaften zum Datenschutzbeauftragten bestellt. Dies währte jedoch nicht allzu lange, denn auf Veranlassung des Thüringer Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit wurde die Bestellung am 01.12.2017 mit sofortiger Wirkung widerrufen und der betroffene Betriebsratsvorsitzende vorsorglich als Datenschutzbeauftragter abberufen. Begründet wurde dies mit einer Inkompatibilität und möglichen Interessenkonflikten bei Wahrnehmung der beiden Ämter. Hiergegen ging der Betriebsratsvorsitzende gerichtlich vor und machte geltend, seine Rechtsstellung als betrieblicher Datenschutzbeauftragter der Beklagten bestehe unverändert fort. Die Vorinstanzen gaben der Klage statt. Die vom Arbeitgeber eingelegte Revision vor dem BAG hatte nun jedoch Erfolg (Urt. v. 06.06.2023, Az. 9 AZR 383/19).  

Vorliegen eines „wichtigen Grundes“ für den Widerruf

Laut der Entscheidung des BAG, sei der Widerruf der Bestellung vom Dezember 2017 aus wichtigem Grund gemäß § 4 Abs. 3 S. 4 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) a. F. in Verbindung mit § 626 Abs. 1 BGB gerechtfertigt gewesen. Ein solcher liege dann vor, wenn der zum Beauftragten für den Datenschutz bestellte Arbeitnehmer die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Fachkunde oder Zuverlässigkeit im Sinne von § 4f Abs. 2 S. 1 BDSG a. F. nicht (mehr) besitzt. Im Falle eines Interessenkonfliktes könne die Zuverlässigkeit jedenfalls in Frage stehen.

Ein abberufungsrelevanter Interessenkonflikt sei laut Gericht dann anzunehmen, wenn der Datenschutzbeauftragte innerhalb einer Einrichtung eine Position bekleide, die die Festlegung von Zwecken und Mitteln der Verarbeitung personenbezogener Daten zum Gegenstand habe. Hier seien die konkreten Umstände im Einzelfall entscheidend. Diese vom EuGH zu einem Interessenkonflikt gemäß Art. 38 Abs. 6 Satz 2 DSGVO vorgenommene Wertung gelte dabei nicht erst seit Novellierung des Datenschutzrechts aufgrund der DSGVO, sondern entsprach bereits der Rechtslage im Geltungsbereich des alten BDSG.

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Erforderliche Zuverlässigkeit wegen Interessenkollision nicht gegeben

Laut BAG können die Aufgaben eines Betriebsratsvorsitzenden und eines Datenschutzbeauftragten danach typischerweise nicht durch dieselbe Person ohne Interessenkonflikt ausgeübt werden. Personenbezogene Daten dürften dem Betriebsrat nur zu Zwecken zur Verfügung gestellt werden, die das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich vorsehe. Der Betriebsrat entscheide durch Gremiumsbeschluss darüber, unter welchen konkreten Umständen er in Ausübung seiner gesetzlichen Aufgaben welche personenbezogenen Daten vom Arbeitgeber fordere und auf welche Weise er diese anschließend verarbeite. In diesem Rahmen lege er die Zwecke und Mittel der Verarbeitung personenbezogener Daten fest.

Inwieweit jedes an der Entscheidung mitwirkende Mitglied des Gremiums als Datenschutzbeauftragter die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten des Datenschutzes hinreichend unabhängig überwachen könne, sei hier nicht zu entscheiden gewesen. Die hervorgehobene Funktion des Betriebsratsvorsitzenden, hebe die zur Erfüllung der Aufgaben eines Datenschutzbeauftragten erforderliche Zuverlässigkeit jedenfalls im Sinne des § 4f Abs. 2 S. 1 BDSG a. F. auf, so das BAG.

ezo