Ein Mann bewarb sich bei einem Modellauto-Hersteller. Auf seine Bewerbung hin erhielt er eine Absage, da die kleinen Teile eher für flinke Frauenhände geeignet seien. Er sah sich darin wegen seines Geschlechts diskriminiert und zog vor das LAG Nürnberg.

Ein Mann bewarb sich als Bestücker für Digitaldruckmaschinen bei einem Modellauto-Hersteller. Die in der Ausschreibung genannten Anforderungen waren unter anderem Fingerfertigkeit und Geschick, da die Teile teilweise mit Pinzetten positioniert werden müssen. Nach seiner Bewerbung erhielt er eine E-Mail der Chefin, die ihm absagte, da die sehr kleinen und filigranen Teile der Firma „eher etwas für filigrane Frauenhände“ seien und er nicht für die Stelle in Frage komme. Nach dieser Absage erhob er Klage und beantragte eine Entschädigung, da ihm die Absage aufgrund “der fehlenden Frauenhände” wegen seines Geschlechts diskriminiere.

Beklagte Firma: Kleine Hände mit feingliedrigen Fingern besser für Tätigkeit geeignet

Nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) ist jede Diskriminierung aufgrund des Geschlechts verboten (§ 7 AGG), außer sie kann sachlich gerechtfertigt werden (§ 8 AGG).

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Die beklagte Firma brachte vor Gericht an, dass die Formulierung in der Absage zwar unglücklich sei, aber nicht diskriminierend. Mit der Formulierung „flinke Frauenhände“ sei lediglich gemeint, dass kleinere Hände mit feingliedrigen Fingern besser für die Tätigkeit geeignet seien. Diese hätten nun einmal zumeist Frauen. Dies sei keine Diskriminierung, sondern eine Anforderung an die Tätigkeit. Im Bewerbungsprozess habe die beklagte Firma nach dem Bewerber online gesucht und dabei Bilder seiner Hände entdeckt. Diese seien sehr groß gewesen und seien deshalb nicht für die ausgeschriebene Tätigkeit geeignet. Die Absage sei daher nicht wegen seines Geschlechts ergangen, sondern wegen der Anforderungen an den Job und die Internet-Recherche nach seinen Händen.

Internet-Foto der Hände keine taugliche Grundlage für Ablehnung der Bewerbung

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg aber ließ das nicht gelten (LAG Nürnberg, Urt.v.13.12.2022, Az. 7 Sa 168/22). Ein Foto der Hände aus dem Internet sage nichts über die Fingerfertigkeiten und das Geschick des Bewerbers aus. Selbst wenn diese größer seien als für die Tätigkeit grundsätzlich geeignet, könne es sein, dass er über die erforderliche Fingerfertigkeit verfüge. Um das festzustellen hätte die Firma ihm vor der Absage die Möglichkeit zur Probearbeit geben müssen. Dies aber sei unterblieben, da er ein Mann sei.

Das Gericht sah die Behandlung des Klägers durch den Modellauto-Hersteller als unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts. Dies sei auch nicht durch die Art der Tätigkeit gerechtfertigt. Dem Kläger stehe deshalb eine Entschädigung von 2.500 € zu, dem 1,5-fachen Monatsgehalt der ausgeschriebenen Stelle.

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