Dem Schiedsrichter Manuel Gräfe steht eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung zu, wenn er aufgrund des Erreichens der Altersgrenze von 47 Jahren nicht mehr in die Schiedsrichterliste des DFB aufgenommen worden ist. Das hat das LG Frankfurt am Main entschieden. Das Urteil war vom Verband und den Unparteiischen der 1. und 2. Liga mit Spannung  erwartet worden.

Von Steindy – Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0

Das Landgericht (LG) Frankfurt am Main hat geurteilt, dass die Altersgrenze von 47 Jahren für Spitzenschiedsrichter beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) nicht rechtmäßig ist. Der frühere Bundesliga-Referee Manuel Gräfe erhält daher eine Entschädigung in Höhe von 48.500 Euro aufgrund einer Altersdiskriminierung. Dennoch hat der inzwischen 49 Jahre alte Gräfe keinen Anspruch darauf, wieder auf die Liste der Spielleiter beim DFB zu kommen. Dieser Feststellungsantrag sei zu Unrecht gestellt worden, so das Gericht (LG Frankfurt, Urteil vom 25.01.2023, Az. 2-16 O 22/21). 

Nach 289 Spielen war es für Manuel Gräfe vorbei

Der DFB hat die Hoheit über den Arbeitsmarkt und den Einsatz von Schiedsrichtern im deutschen Fußball (sog. „Ein-Platz-Prinzip“). In seinen Regularien ist eine Altersgrenze für die Aufnahme in die Schiedsrichterlisten im Profifußball nicht vorgesehen. Jedoch scheiden Elite-Schiedsrichter regelmäßig im Alter von 47 Jahren aus. Davon wurde in den letzten fast vier Jahrzehnten keine Ausnahme gemacht.

Manuel Gräfe, der zu den bekanntesten deutschen Schiedsrichtern zählt, war seit vielen Jahren Schiedsrichter im Auftrag des DFB. Seit 2004 leitete er 289 Spiele der ersten Bundesliga. Nachdem Gräfe 47 Jahre alt geworden war, nahm ihn der DFB ab der Saison 2021/2022 nicht mehr in seine Schiedsrichterliste auf und Gräfe musste seine aktive Karriere beenden.

Vor dem LG Frankfurt am Main verlangte Gräfe vom DFB eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung und den potentiellen Verdienstausfall für die Saison 2021/2022 sowie die Feststellung, dass der DFB auch künftige Schäden (z.B. Verdienstausfall) zu ersetzen habe.

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DFB-Altersgrenze für Schiedsrichter willkürlich

Das LG Frankfurt am Main hat Gräfe nun eine Entschädigung in Höhe von 48.500 Euro wegen einer Diskriminierung aufgrund seines Alters nach dem sog. Antidiskriminierungsgesetz zugesprochen. Für diesen Entschädigungsanspruch sei es ausreichend, wenn das Alter mitursächlich für die Beendigung der Schiedsrichterlaufbahn war. Ob auch andere Gründe eine Rolle spielten, sei rechtlich nicht maßgeblich, so das Gericht.

Wenngleich in den Regelwerken des DFB eine Altersgrenze für Schiedsrichter nicht schriftlich fixiert sei, bestehe aber tatsächlich eine praktizierte Altersgrenze von 47 Jahren. Denn die Bewerber würden ab diesem Lebensjahr nahezu ausnahmslos nicht mehr berücksichtigt und der DFB habe die Bedeutung dieses Alters für das Ende einer Schiedsrichtertätigkeit auch öffentlich bekundet.

Es sei im Ergebnis willkürlich und daher nach den Regeln des Antidiskriminierungsgesetzes nicht gerechtfertigt, auf eine feste Altersgrenze von 47 Jahren abzustellen. „Zwar hat das Alter aus biologischen Gründen eine statistische Relevanz für die Eignung als Schiedsrichter, weil mit ihm die Leistungsfähigkeit nachlässt und das Verletzungsrisiko steigt“, so das Gericht. „Warum gerade das Alter von 47 Jahren für die Leistungsfähigkeit eines Schiedsrichters ausschlaggebend sein soll, wurde nicht dargelegt, etwa durch einen wissenschaftlichen Nachweis oder einen näher begründeten Erfahrungswert.“ Und weiter: „Es ist nicht ersichtlich, weshalb die individuelle Tauglichkeit der relativ geringen Anzahl von Bundesligaschiedsrichtern nicht in einem an Leistungskriterien orientierten transparenten Bewerbungsverfahren festgestellt werden könnte.“ Adäquate und gegebenenfalls wiederholte Leistungstests und -nachweise seien gegenüber einer starren Altersgrenze vorzugswürdig.

Für die Höhe der Entschädigung war nach der Urteilsbegründung unter anderem maßgeblich, dass das Antidiskriminierungsgesetz Sanktionscharakter hat. Die Richter befanden zudem: „Die Benachteiligung des Klägers wiegt grundsätzlich schwer, weil sie von dem wirtschaftsstarken und eine Monopolstellung innehabenden Beklagten bewusst, (…) und ohne Rechtfertigungsansatz erfolgte.“

Ohne Erfolg blieb jedoch die Forderung Gräfes auf Ersatz von materiellen Schäden, insbesondere auf Zahlung von Verdienstausfall. Insoweit wurde seine Klage gegen den DFB abgewiesen. Gräfe habe nicht dargetan, dass er ohne die Altersgrenze tatsächlich bei der Listenaufstellung berücksichtigt worden wäre, befanden die Richter. Dafür hätte er nicht nur erklären und unter Umständen beweisen müssen, „dass er nicht nur für die Stelle geeignet, sondern vielmehr der „bestgeeignetste“ Bewerber war. Diesen Nachweis habe er aber nicht erbracht.

Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Ob Gräfe wegen der Höhe des Schadenersatzes in die nächste Instanz gehen, wird er nach dem Erhalt und der Prüfung des schriftlichen Urteils entscheiden. Auch der DFB schließt nicht aus, vor das Oberlandesgericht Frankfurt zu ziehen. Während dessen ließ Schiedsrichterkollege Felix Brych mitteilen, dass er auch über diesen Sommer hinaus mit dann 48 Jahren weiter Bundeligapartien pfeifen will.