Immer wieder sorgen die sogenannten Klima-Kleber der „Letzten Generation“ für Aufsehen. Indem sie sich am Asphalt festkleben, schaffen sie Straßenblockaden und wollen so auf die Klimakrise aufmerksam machen. Nicht nur Rettungswagen werden hierdurch in ihrem Einsatz gestört, sondern auch Privatpersonen sowie Arbeitnehmer auf dem Weg zur Arbeit werden hierdurch beeinträchtigt. Eigenmächtiges Eingreifen und Selbstjustiz sind grundsätzlich strafbar – was kann man also tun?

Klimakleber der letzten Generation, Von Stefan Müller, CC BY 2.0

Als Klima-Kleber werden Klimaaktivisten bezeichnet, welche ihre Hand- oder Fußflächen mithilfe von Sekundenkleber oder Bauschaum auf den Asphalt festkleben und die Räumung der Straßenblockade durch die Polizei dadurch erschweren. Ziel solcher Blockaden ist die Erregung öffentlicher Aufmerksamkeit und eine Sensibilisierung der Bevölkerung zum Thema Klimawandel. Dass hierdurch zum Beispiel Rettungswagen blockiert werden und Arbeitnehmer zu spät zu ihrer Arbeitsstelle gelangen, stellt für die Klimaaktivisten häufig nicht mehr als einen Kollateralschaden dar. 

In solchen Situationen sind oft starke Emotionen im Spiel und zwar von allen Seiten. Die Klimaaktivisten wollen ihr politisches Ziel durchsetzen, Auto- und Radfahrer werden in ihrer Fortbewegungsfreiheit beschränkt und die Polizei ist nicht selten überfordert. Gerade in letzter Zeit sind der Umgang und der Ton mit den Klima-Klebern immer rauer geworden. Nicht selten müssen Polizisten sich schützend vor die Demonstranten stellen, weil tätliche Ausschreitungen von Seiten der Autofahrer drohen.

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Arbeitnehmer kommt zu spät zur Arbeit: Wie ist die Rechtslage?

Kommt ein Arbeitnehmer wegen einer solchen Straßenblockade zu spät zur Arbeit, gilt zunächst das Folgende: Grundsätzlich ist der Arbeitnehmer selbst dafür verantwortlich, rechtzeitig zu Arbeitsbeginn an seinem Arbeitsplatz zu erscheinen. Egal welche Hindernisse auf dem Arbeitsweg auftreten, ob alle Bahnen ausfallen, ob es schneit oder regnet, ob Hochwasser auftritt oder eine Straße gesperrt wird – der Arbeitnehmer trägt das sogenannte Wegerisiko. Morgendliche Verzögerungen wegen eines Verkehrsstaus müssen daher stets mit einkalkuliert werden. Eine Ausnahme liegt dann vor, wenn der Arbeitnehmer nicht selbstständig zur Arbeit fährt, sondern er bspw. durch ein vom Arbeitgeber gestelltes Transportmittel abgeholt wird, welches sodann auf das Hindernis trifft.

Die versäumte Arbeitszeit muss der Arbeitnehmer nicht nacharbeiten. Dies liegt daran, dass die Arbeitsleistung einen „Fixschuldcharakter“ aufweist: Sie ist nur zu einer bestimmten Zeit, also in der dafür vorgesehenen Arbeitszeit zu erbringen. Ebenso wie der Arbeitgeber nicht verlangen kann, dass die Arbeitsleistung nachgeholt wird, hat der Arbeitnehmer auch keinen Anspruch darauf sie nachzuholen. Ein solches Interesse wird der Arbeitnehmer jedoch regelmäßig haben, denn im Arbeitsrecht gilt der Grundsatz „ohne Arbeit kein Lohn“. Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber berechtigt ist das Arbeitsentgelt seines Arbeitnehmers zu kürzen, soweit dieser seine Arbeit nicht oder nur verspätet aufnimmt. In der Regel wird der Arbeitgeber hier jedoch eine flexible Lösung anbieten. Im Falle von Gleitzeit- bzw. Vertrauensarbeitszeitregelungen wird dieses Thema wohl ebenfalls kein Problem darstellen. 

Für die Frage, ob eine Lohnkürzung rechtmäßig ist, ist eineDifferenzierung dahingehend erforderlich, ob der Verspätungsgrund ein allgemeiner ist oder ob dieser in der Person des Arbeitnehmers selbst liegt und ihn nur vorübergehend daran hindert seine Arbeit zu verrichten (§ 616 S. 1 BGB). Ein Beispiel hierfür ist die Erkrankung des Arbeitnehmers oder ein unvorhergesehenes Ereignis wie ein plötzlicher Verkehrsunfall. Außerdem ist ausschlaggebend, ob dem Arbeitnehmer ein eigenes Verschulden vorzuwerfen ist oder nicht. Im letzten Fall bleibt der Lohnanspruch nämlich grundsätzlich bestehen.

Darf man Klima-Kleber selbst von der Straße ziehen?

Geht das Hindernis von einer Straßenblockade durch Demonstranten aus, ist häufig fraglich ob und wie reagiert werden darf. Die Meinungen in Presse und Medien aber auch in der Rechtsprechung gehen hier immer wieder stark auseinander. Zum Teil wird angenommen, dass Autofahrern ein Notwehrrecht zusteht, welches es erlaubt selbst Hand anzulegen und die Demonstranten sogar unsanft von der Straße zu ziehen. Grundsätzlich stellt das eigenständige Wegtragen der Demonstranten jedoch eine strafbare Nötigung dar. Werden die Aktivisten dabei verletzt, kann sogar eine Strafbarkeit wegen einer einfachen oder gefährlichen Körperverletzung gegeben sein.

Voraussetzungen für ein Notwehrrecht sind unter anderem ein gegenwärtiger und rechtswidriger Angriff. Ob eine Blockade tatsächlich rechtwidrig ist, kann jedoch nicht pauschal beantwortet werden. Jede Situation ist separat zu bewerten. Wenn genügend Platz ist die Demonstranten zu umfahren, besteht jedenfalls kein Notwehrrecht. Dieses entfällt auch in dem Moment, wenn die Polizei vor Ort eintrifft. Von Gewaltanwendung im Rahmen von Selbstjustiz ist in jedem Fall abzuraten.

Gewalt ist keine Lösung

Nur in wenigen Einzelfällen wird ein Notwehrrecht tatsächlich gegeben sein. Dieses kann zum Beispiel im Falle der Blockierung eines Krankenwagens angenommen werden. Hier könnte Nothilfe zugunsten der verletzten Person zulässig sein. Auch in einem solchen Fall liegt jedoch kein Freifahrtschein zur Anwendung von Gewalt vor. Es sollte auch hier stets das mildeste Mittel gewählt werden, das geeignet ist die Demonstranten schnell von der Straße zu bewegen. Denn was nicht aus den Augen verloren werden darf ist die nach Art. 8 GG geschützte Versammlungsfreiheit der Demonstranten.

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Selbst wenn man persönlich in Eile ist, ist es am aller sichersten Ruhe zu bewahren, die Polizei zu kontaktieren und abzuwarten. Dies wird den betroffenen Personen in den meisten Fällen auch zumutbar sein. Kommt es aufgrund der Verspätung tatsächlich zu einer Lohnkürzung durch den Arbeitgeber, ist es grundsätzlich möglich, Schadensersatzansprüche gegen die Klima-Kleber geltend zu machen, die für die konkrete Straßenblockade verantwortlich waren. Dies kann zwar mit Schwierigkeiten verbunden sein, da Namen und Anschrift der Personen regelmäßig nicht bekannt sind. Es bleibt jedoch die Möglichkeit eine Anzeige gegen Unbekannt wegen Nötigung zu erheben. Dann bleibt nur noch zu hoffen, dass die erforderlichen Daten im Rahmen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft bekannt werden.

Obwohl spezifische Protest-Aktionen wie das Festkleben auf dem Asphalt in der Regel nicht angekündigt werden, kann die allgemeine Aktivität der Polizei oder der „Letzten Generation“ zum Beispiel auf Twitter im Blick behalten werden. Sofern gewisse Anhaltspunkte gegeben sind, sollte für den Weg zur Arbeit oder zu sonstigen Terminen etwas mehr Zeit eingeplant werden. Zudem sollte der Arbeitgeber so schnell wie möglich informiert werden, wenn eine Verspätung wahrscheinlich ist. So kann verhindert werden, dass das Verhältnis zum Arbeitgeber unnötig belastet wird. Unabhängig von der Dauer der Verspätung kann der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer deswegen zwar abmahnen. Ist die Verspätung jedoch nur geringfügig und nur einmalig erfolgt, wird eine Kündigung, zumindest ohne vorherige Abmahnung, in der Regel nicht gerechtfertigt sein.

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