Europas zweitgrößte Warenhauskette will sich erneut im Schutzschirmverfahren retten. Die Mitarbeiter des Warenhauskonzerns stehen damit erneut vor großer Ungewissheit und bangen um ihre Arbeitsplätze.

Von © Raimond Spekking / CC BY-SA 4.0 (via Wikimedia Commons), CC BY-SA 4.0

Der fusionierte Konzern aus Galeria Kaufhof und Karstadt hat nach 2020 zum zweiten Mal ein sogenanntes Schutzschirmverfahren in Eigenverwaltung beantragt, um die drohende Zahlungsunfähigkeit abzuwenden. In den kommenden Monaten wird erneut eine Vielzahl von Warenhäusern aus Deutschlands Innenstädten verschwinden. Dies bestätigte bereits der Unternehmenschef Miguel Müllenbach. So sollen „rund ein Drittel“ der Warenhäuser schließen.

Was genau ist das Schutzschirmverfahren und worin unterscheidet es sich zum Insolvenzverfahren?

Das Schutzschirmverfahren ist im 8. Teil der Insolvenzordnung (InsO) geregelt und stellt eine besondere Form des Insolvenzverfahrens dar. Zeitlich steht es dabei vor dem eigentlichen Insolvenzverfahren. Der Begriff des Schutzschirmverfahrens führt dabei grundsätzlich zu einer deutlich positiveren Wahrnehmung des Verfahrens auf Schuldner und Gläubiger, wenngleich es im Kern natürlich um die Abwendung einer drohenden Zahlungsunfähigkeit geht. Dennoch ist die Begrifflichkeit ein wichtiger Aspekt des Verfahrens, da der Erfolg der Restrukturierung eng mit dem Vertrauen der Gläubiger in die Sanierung des Unternehmens zusammenhängt. 

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Voraussetzung für das Schutzschirmverfahren ist neben dem Eröffnungsantrag des Schuldners, dass das Unternehmen einen Antrag auf Eigenverwaltung stellt und  – im Unterschied zu einem normalen Insolvenzverfahren – noch nicht zahlungsunfähig ist, sondern lediglich drohend zahlungsunfähig.

Stellt das Insolvenzgericht fest, dass eine Sanierung nicht offensichtlich aussichtslos ist, wird das Unternehmen aufgefordert, spätestens innerhalb von drei Monaten einen sog. Sanierungs- bzw. Restrukturierungsplan in Eigenregie auszuarbeiten und vorzulegen, den das Insolvenzgericht genehmigen muss. Mit der Schaffung des Schutzschirmverfahrens soll nach dem Willen des Gesetzgebers  für den redlichen Unternehmer ein Anreiz geschaffen werden, möglichst frühzeitig einen Insolvenzantrag in Eigenverwaltung zu stellen

Im Unterschied zu einem Insolvenzverfahren verliert der Schuldner dabei nicht die Verfügungsgewalt und Finanzhoheit über sein Unternehmen, sondern leitet durch die bisherige Geschäftsführung weiterhin die Abläufe und vertritt das Unternehmen nach außen.  Der Schuldner steht dabei lediglich unter der Aufsicht von Insolvenzgericht und bestelltem Sachwalter, den er jedoch selber vorschlagen kann. Der Sachwalter achtet während des Verfahrens darauf, dass der gesetzliche Rahmen eingehalten wird und die Rechte der Gläubiger gewahrt werden, hat anders als im Insolvenzverfahren jedoch keine absolute Verfügungsgewalt.  Denn: Der laufende Geschäftsbetrieb ist während des Moratoriums von drei Monaten weitgehend dem Zugriff der Gläubiger entzogen.

Am Ende des Schutzschirmverfahrens steht entweder die fristgerechte Vorlage des Insolvenzplans oder die Aufhebung bzw. Beendigung des Schutzschirmverfahrens.

Die arbeitsrechtlichen Folgen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Das wichtigste zuerst: Der Antrag des Schuldners auf Eröffnung des Schutzschirmverfahrens hat zunächst keine Auswirkungen auf den Bestand oder den Inhalt der Arbeitsverhältnisse der Angestellten. Diese gelten zunächst einmal im Hinblick auf Vergütung, Arbeitszeiten und Urlaubsanspruch unverändert fort. Während des Schutzschirmverfahrens sind beide Vertragsparteien weiterhin zur Erbringung der wechselseitigen Leistungen verpflichtet. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Schuldners erhalten zunächst für drei Monate Insolvenzgeld. Der Begriff des Insolvenzgeldes bedeutet hierbei, dass die Löhne für drei Monate von der Bundesagentur für Arbeit gezahlt werden und 100% der bisher gezahlten Nettolöhne entsprechen. Das Unternehmen ist in dieser Zeit hingegen von der Bezahlung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter befreit.

Kündigungen im Schutzschirmverfahren

Während der Sanierung eines Unternehmens werden oftmals viele Arbeitsverhältnisse gekündigt, um Einsparungen zu generieren. Das Schutzschirmverfahren rechtfertigt als solches allerdings weder eine außerordentliche, fristlose Kündigung, noch stellt es einen ordentlichen Kündigungsgrund dar. Damit gelten auch für Kündigungen eines Schutzschirmverfahrens die allgemeinen und besonderen Kündigungsschutzvorschriften des Arbeitsrechts. Kündigungen müssen dann grundsätzlich auf betriebsbedingte Gründe, personenbedingte Gründe oder verhaltensbedingte Gründe gestützt werden können.

Bei Kündigungen während eines Schutzschirmverfahrens geht es regelmäßig um betriebsbedingte Kündigungsgründe. Für diese muss der Arbeitgeber darlegen und beweisen können, dass der Arbeitsplatz aus innerbetrieblichen oder außerbetrieblichen Gründen dauerhaft wegfällt und eine ordnungsgemäße Sozialauswahl durchgeführt wurde. Besonders fehleranfällig und im Rahmen einer Kündigungsschutzklage durch die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter angreifbar, ist dabei oftmals die ordnungsgemäße Sozialauswahl.  

Sollten Sie als Mitarbeiter des Galeria-Karstadt-Kaufhof-Konzerns im Zuge des Schutzschirmverfahrens von einer betriebsbedingten Kündigung betroffen sein, so gilt es für Sie zunächst Ruhe zu bewahren. Zu beachten ist, dass gegen die  Kündigung innerhalb von drei Wochen nach Zugang bei Ihnen Kündigungsschutzklage eingereicht werden muss. Anderenfalls gilt die gegen Sie ausgesprochene Kündigung als wirksam.

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