Die Gründe für unterdurchschnittliche Arbeitsleistungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sind vielfältig. Ob Nachlässigkeit, schlechte Organisation, fehlende Motivation oder bloße Langeweile: Hält die Low-Performance über einen längeren Zeitraum an, kann eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses unter Umständen gerechtfertigt sein.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln knüpfte in einem Urteil vom 03.05.2022 (Az. 4 Sa 548/21) an eine frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 17.01.2008, Az. 2 AZR 536/06) an, nach der eine deutlich unter dem Durchschnitt liegende Arbeitsleistung eines Arbeitnehmers über einen längeren Zeitraum einen Anhaltspunkt für eine Vertragspflichtverletzung darstellt und damit eine Kündigung rechtfertigen kann.

Leistungsabfall führte zur Kündigung

Betroffen war ein 50-jähriger Arbeitnehmer, der bei der beklagten Partei seit Anfang 2011 als Kommissionierer im Bereich der Lebensmittellogistik tätig war. Mithilfe eines Warenwirtschaftssystems, in welches in regelmäßigen Abständen Kundenaufträge einfließen, wurde die Kommissionierung gesteuert. Das Nicht-Erreichen der in einer Betriebsvereinbarung festgelegten Basisleistung durch die Kommissionierer (Normalleistung in Höhe von 100 %) konnte so entsprechend dokumentiert werden. Der betroffene Arbeitnehmer wurde seit dem Jahr 2018 im Lager für das Trockensortiment eingesetzt. Der Arbeitnehmer erreichte ab diesem Zeitpunkt in keinem Monat mehr die Basisleistung. Nachdem zwei Personalgespräche mit dem Arbeitnehmer nicht zu einer Verbesserung seiner Leistungswerte führten, folgten in den nächsten Monaten zwei Abmahnungen. Dem Arbeitnehmer wurde dabei unter anderem vorgeworfen, er würde seine ihm zur Verfügung stehende Arbeitskraft bewusst zurückhalten; denn während die durchschnittliche Leistung der vergleichbaren Beschäftigten bei rund 117 % lag, erzielte der betroffene Arbeitnehmer nur knapp 73 % und später sogar nur noch 60,42 % der Basisleistung. Dies führte letztlich zu der Aussprache einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.

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Mit Klage vor dem Arbeitsgericht Köln begehrte der Arbeitnehmer Kündigungsschutz und Entfernung der erteilten Abmahnungen. Im Prozess machte er geltend, dass seine Aufträge in der Regel erheblich zeitaufwendiger gewesen seien als die durchschnittlichen Aufträge seiner Kollegen. Nachdem das Arbeitsgericht die Klage abgewiesen hatte, legte der Arbeitnehmer Berufung ein. Nun bestätigte auch das LAG Köln die soziale Rechtfertigung der verhaltensbedingten Kündigung.

Mindestleistung des Arbeitnehmers erforderlich

Obwohl nach dem Arbeitsvertrag (als Form des Dienstvertrages) nur die Arbeitsleistung selbst und nicht der Erfolg geschuldet ist, bleibt eine Art Mindestleistung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin dennoch erforderlich. Nach einer Konkretisierung der Mindestleistung durch die Rechtsprechung des BAG ist davon auszugehen, dass Beschäftigte ihre arbeitsvertraglichen Pflichten dann erfüllen, wenn sie “unter angemessener Ausschöpfung ihrer persönlichen Leistungsfähigkeit die Leistung erbringen, die diese bei angemessener Anspannung der geistigen und körperlichen Kräfte auf Dauer ohne Gefährdung der Gesundheit zu leisten imstande sind”.

Sobald die Arbeitsleistung in Bezug auf Menge und Qualität nicht oder nicht näher beschrieben ist, richtet sich der Inhalt des Leistungsversprechens zum einen nach dem vom Arbeitgeber durch Ausübung des Direktionsrechts festzulegenden Arbeitsinhalt und zum anderen nach dem persönlichen, subjektiven Leistungsvermögen des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin. Der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin hat so viel zu leisten, wie es ihm möglich ist, ohne dabei zwingend Höchstleistungen erbringen zu müssen. Fehler sind erlaubt, solange sie sich nicht übermäßig häufen.

Darlegungslast liegt beim Arbeitgeber

Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, welche über einen längeren Zeitraum eine nur unterdurchschnittliche Leistung aufweisen, bezeichnet man in der Arbeitswelt als „Low-Performer“. Unterdurchschnittlich ist die Leistung laut Rechtsprechung des BAG dann, wenn sie die Durchschnittsleistung langfristig und erheblich um 1/3 unterschreitet. Unterschieden wird im Allgemeinen zwischen der qualitativen Schlechtleistung und der quantitativen Minderleistung. Eine Leistung unter Durchschnitt reicht allerdings nicht automatisch für die Annahme eines wirksamen Kündigungsgrundes aus. Vor Gericht hat der Arbeitgeber die Tatsachen vorzutragen, aus denen die Schlecht- oder Minderleistung des Arbeitnehmers ersichtlich wird. Im vorliegenden Fall legte der Arbeitgeber beispielsweise Ausdrucke der über einen längeren Zeitraum dokumentierten Aufzeichnungen aus dem Warenwirtschaftssystem vor.

In der Regel ist die Darlegung solcher Tatsachen keine leichte Aufgabe. Problematisch wird es zum Beispiel dann, wenn keine geeignete Vergleichsgruppe oder vergleichbare Beschäftigten gegeben sind. Arbeitgeber mit nur wenigen Beschäftigten oder Unternehmen, in denen die Tätigkeiten der Arbeitnehmer sehr individuell gestaltet sind, werden dadurch unter Umständen benachteiligt oder zumindest vor höhere Herausforderungen gestellt.

Äußerung des Arbeitnehmers

Gelingt dem Arbeitgeber die Darlegung der Tatsachen, hat der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin die Möglichkeit sich zu seiner Leistung zu äußern und beispielweise die nur niedrigen Leistungswerte plausibel zu widerlegen. Hier können Faktoren wie das Lebensalter, Krankheit oder betriebliche Umstände eine Rolle spielen. Fehlt es an einem konkreten Vortrag, ist die Pflichtverletzung als steuerbar anzusehen. Im vorliegenden Fall konnte der Arbeitnehmer nicht darlegen, dass er seine persönliche Leistungsfähigkeit voll ausgeschöpft hatte. Die pauschale Behauptung einer systematischen Benachteiligung überzeugte das Gericht jedenfalls nicht.

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„Kann nicht oder will nicht“

Je nachdem, ob der Arbeitnehmer/ die Arbeitnehmerin die arbeitsvertragliche Leistung nicht erbringen will oder nicht erbringen kann, ergeben sich außerdem Unterschiede im Kündigungsgrund: Will der Arbeitnehmer/ die Arbeitnehmerindie Leistung nicht erbringen, kommt unter Umständen eine verhaltensbedingte Kündigung, die erst abgemahnt werden muss, in Betracht. Kann der Arbeitnehmer/die Arbeitnehmerin die Leistung nicht erbringen, fällt dies in den Bereich der personenbedingten Kündigung. Maßgeblich sind stets die Umstände des Einzelfalls.

Weitere Anforderungen an den Arbeitgeber

Bevor konkrete Maßnahmen getroffen werden, sollten sich Arbeitgeber mit den möglichen Gründen für den Leistungsabfall des betroffenen Beschäftigten befassen und das Gespräch suchen. Im weiteren Verlauf ist es wichtig, dem Arbeitnehmer/der Arbeitnehmerin eine angemessene Zeitspanne einzuräumen und generell die Gelegenheit zu gewähren die geforderte Leistung zu verbessern. Es ist zu beachten, dass eine Kündigung stets „ultima ratio“ ist. Aus diesem Grund sind auch Alternativen, wie eine Versetzung des Arbeitnehmers, in Betracht zu ziehen. Wurde die deutlich unterdurchschnittliche Leistung jedoch bereits über einen längeren Zeitraum festgestellt und erweist sich die schwache Leistung des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin als eine solche Belastung für den Arbeitgeber dar, dass ihm eine Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unzumutbar ist, kann die Kündigung sozial gerechtfertigt sein. 

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