Im Rechtsverkehr ist eine Abgrenzung zwischen natürlichen und juristischen Personen erforderlich. In der Praxis stellt sich dabei häufig die Frage, ob auch juristischen Personen, wie beispielsweise einer GmbH, Persönlichkeitsrechte zustehen können. Das OLG Dresden stellte dies in einem aktuellen Urteil erneut klar.

Juristische Personen des Privatrechts können insoweit den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Anspruch nehmen, als ihr sozialer Geltungsanspruch betroffen ist. Eine juristische Person kann sich somit grundsätzlich auch gegen Betrugsvorwürfe juristisch wehren und auf Unterlassung klagen (Urt. v. 25.07.2023, Az. U 125/23).

Das Recht unterscheidet zwischen natürlichen und juristischen Personen. Natürliche Person ist jeder Mensch. Gemäß § 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ist jeder Mensch von Geburt an Träger von Rechten und Pflichten und damit rechtsfähig. Anders als natürliche Personen sind juristische Personen jedoch keine „Personen“ im eigentlichen Sinne, sondern ein „juristisches Konstrukt“, also die Vereinigung mehrerer natürlicher oder juristischer Personen bzw. deren Vermögen. Die Rechtsordnung schreibt auch der juristischen Person eine eigene Rechtspersönlichkeit zu und verleiht ihr eine Rechtsfähigkeit. Auch die juristische Person kann somit Träger von Rechten und Pflichten sein, vor Gericht klagen oder verklagt werden.

Grundrechtsfähigkeit juristischer Personen des Privatrechts

Nach Art. 19 Abs. 3 Grundgesetz (GG) gelten auch die Grundrechte für inländische juristische Personen, zumindest, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind. So können sich juristische Personen z.B. auch auf die allgemeine Handlungsfreiheit nach Art. 2 Abs. 1 GG berufen. Doch wie sieht es mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht nach Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG aus? Zu den Persönlichkeitsrechten gehören unter anderem das Recht der persönlichen Ehre, das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und das Recht am eigenen Bild. Können diese Rechte auch einer juristischen Person, also z.B. einem Unternehmen, zugesprochen werden? Denn auch diese können sich beispielsweise kritischen oder „beleidigenden“ Äußerungen ausgesetzt sehen und sich hiergegen schützen wollen.  

Ähnlich auch im vorliegenden Sachverhalt. Hier erhob der Betreiber eines Pflegeheims in Leipzig, eine GmbH, Klage gegen die Vermieterin des Pflegeheims auf Unterlassung bestimmter Äußerungen in einer E-Mail. Unter anderem warf sie dem Betreiber des Pflegeheims einen Betrug vor.

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GmbH kann sich juristisch wehren

Mittlerweile entspricht es gefestigter Rechtsprechung, dass juristische Personen des Privatrechts nicht nur Ehrenschutz genießen, sondern sich auch auf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen können. Dabei ist die juristische Person jedoch nur aus Art. 2 Abs. 1 GG, aber nicht aus Art. 1 Abs. 1 GG (Schutz der Menschenwürde) geschützt. Zudem gilt der Schutz des Persönlichkeitsrechts für juristische Personen des Privatrechts nur, soweit sie in ihrem Tätigkeitsbereich und ihrem sozialen Geltungsanspruch als Wirtschaftsunternehmen oder Arbeitgeber betroffen seien. Ein Unterlassungsanspruch bezüglich der beanstandeten Äußerungen scheiterte im vorliegenden Fall jedenfalls nicht bereits aus dem Umstand, dass es sich bei der Anspruchstellerin um eine GmbH und damit um eine juristische Person handelte.

Meinungsfreiheit vs. Unternehmenspersönlichkeitsrecht

Letztlich muss im Rahmen von Meinungsäußerungen jedoch eine Abwägung zwischen dem jeweils betroffenen Grundrecht des in der Regel schwächeren Unternehmenspersönlichkeitsrechts und dem stärkeren Recht auf Meinungsfreiheit erfolgen. Nach Auffassung des OLG Dresden waren die konkreten Äußerungen der Vermieterin insgesamt nicht als rechtswidrig anzusehen. Die beanstandeten Äußerungen stellten im vorliegenden Fall Tatsachenbehauptungen dar – sie seien also, im Vergleich zu Meinungsäußerungen, dem Beweis zugänglich. Zudem seien sie im Rahmen der berechtigten Interessen vorgenommen worden. Insofern musste der Betreiber des Pflegeheims die Äußerungen dennoch hinnehmen. Das OLG verneinte im Ergebnis einen Unterlassungsanspruch.

jsc/ezo