Ein Mieter eines Mehrparteienhauses klagte gegen seine Vermieterin auf Preisgabe der Identität eines Mitmieters. Dieser hatte sich bei der Vermieterin über Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus beschwert. Entgegen der Entscheidung des OLG Stuttgart hielt der BGH einen solchen Auskunftsanspruch auch im Hinblick auf den Datenschutz grundsätzlich für gegeben.

Ärger in Mietshäusern gibt es immer wieder. Der Bundesgerichtshof (BGH) musste aktuell mal wieder über einen Streit zwischen Mieter und Vermieter entscheiden. Die Vermieterin eines Mehrfamilienhauses kündigte im Juli 2019 einem ihrer Mieter eine Wohnungsbegehung an. Als Grund nannte sie, dass ein anderer Mieter sich über „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ beschwert hatte. Bei der Begehung stellte sich heraus, dass die Wohnung des Mieters verwahrlost war und dringend gereinigt und entrümpelt werden musste. Der Aufforderung durch die Vermieterin, die Wohnung wieder auf Vordermann zu bringen, kam der Mieter unverzüglich nach. Erledigt hatte sich die Angelegenheit für ihn damit aber noch nicht. Er wandte sich an seine Vermieterin und verlangte von ihr eine Auskunft über die Identität des Hinweisgebers. Da die Beschwerde bereits zurückgenommen sei, schlug die Vermieterin vor, die Sache auf sich beruhen zu lassen und verweigerte die Nennung eines Namens.

Daraufhin zog der Mieter erst vor das Landgericht Ravensburg und anschließend vor das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart. Dort wollte er einen Auskunftsanspruch aus der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) gegen seine Vermieterin geltend machen. Hiermit scheiterte er jedoch in beiden Instanzen. Anders entschied es nun der BGH. Die Richter in Karlsruhe urteilten, dass einem Mieter das Auskunftsrecht über die Identität des Nachbarn durchaus zustehen könne. Auch wenn es sich um datenschutzrechtliche Informationen handele, seien die sich gegenüberstehenden Interessen der Parteien abzuwägen (Urt. v. 22.02.2022 – IV ZR 14/21).

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BGH rügt fehlende Aufklärung

Der BGH bejahte in seiner Entscheidung grundsätzlich das Bestehen des Auskunftsanspruchs. Wie schon die Vorgängerinstanzen feststellten, handele es sich bei dem Hinweis an die Vermieterin um personenbezogene Daten im Sinne von Art. 15 Abs. 1 Halbsatz 2 lit. g DSGVO. Der Hinweis auf Schädlinge und Geruchsbelästigung sei dem Mieter durch den Bezug zur Wohnung eindeutig zuzuordnen. Da die Vermieterin als Verantwortliche nach der DSGVO die Daten als Anlass für die Wohnungsbegehung nahm, habe sie diese auch verwendet.

Für das Bestehen eines Anspruchs auf Auskunft über den Ursprung der Daten, müsse aber eine Abwägungsentscheidung zugunsten des Mieters getroffen werden. Hierbei stünden sich das Auskunftsinteresse des Mieters und das Interesse des Hinweisgebers an der Geheimhaltung seiner Person, sowie das Interesse der Vermieterin, an der Wahrung des Hausfriedens gegenüber.

Das OLG Stuttgart kam hier zu dem Ergebnis, dass eine Weitergabe des Namens durch die Vermieterin den Hinweisgeber in seinen aus der DSGVO resultierenden Datenschutzrechten verletzen würde. Gerade unter dem Gesichtspunkt, dass die Vermieterin auf solche Hinweise angewiesen sei, um ihre Aufgaben gegenüber den Hausbewohnern zu erfüllen, müsse die Entscheidung zugunsten des Hinweisgebers und der Vermieterin ausfallen. Ansonsten hätten Mitmieter keine Möglichkeit mehr, sich über Missstände im Haus bei der Hausverwaltung zu beschweren. Sofern es sich um sachliche Informationen handele, solle jeder Mieter darauf vertrauen können, dass diese richtig verwertet und vertraulich behandelt werden.

Dem stimmt der BGH zum Teil zu. Maßgeblich sei jedoch, dass sich die Hinweise als sachlich richtig erwiesen haben. Ob dies der Fall ist, hätten die Richter am OLG aber nicht geklärt. Das OLG Stuttgart habe lediglich festgestellt, dass nichts dafür ersichtlich sei, dass der Kläger von einer anderen Person wider besseres Wissen oder böswillig denunziert worden sei.

Stichhaltigkeit des Hinweises ist hier entscheidend

Nach Ansicht des BGH sei ein wichtiges Kriterium für die Abwägungsentscheidung, ob die Hinweise über den Mieter stichhaltig waren. Denn die Angaben, dass der Mieter „starke Geruchsbelästigung und Ungeziefer im Treppenhaus“ verursache, stelle eine ansehensbeeinträchtigende Behauptung dar. Wenn diese sich als falsch herausstellt, liege ein Unterlassungsanspruch des Mieters gegen den sich beschwerenden Nachbarn nahe. In diesem Fall könne man dann nicht mehr von einer Rechtsverletzung des Hinweisgebers ausgehen, wenn seine Identität offengelegt wird. Selbst ohne dessen Einwilligung wäre die Offenlegung durch die Vermieterin dann gerechtfertigt, weil es dem Mieter möglich sein müsse, gegen Falschbehauptungen vorzugehen.

Der BGH verwies den Fall deshalb an das OLG zurück. Dieses müsse als Tatsacheninstanz aufklären, ob die Behauptungen über die Zustände im Treppenhaus stimmen.

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