Zur Einhaltung der DSGVO müssen Behörden, aber auch Unternehmen – sofern gewisse Voraussetzungen vorliegen – einen Datenschutzbeauftragten bestellen. Wer als Arbeitnehmer intern zum Datenschutzbeauftragten benannt wurde, genießt einen besonderen Kündigungsschutz. Das LAG Sachsen musste sich nun mit der Frage beschäftigen, ob dies auch für den Stellvertreter des Datenschutzbeauftragten gilt.

Im vorliegenden Fall wehrte sich ein stellvertretender Datenschutzbeauftragter gegen eine arbeitsrechtliche Kündigung. Er war der Ansicht, dass der datenschutzrechtliche Kündigungsschutz auch für ihn gelten müsse. Das Sächsische Landesarbeitsgericht (LAG) stimmte dem zu und bestätigte, dass diese Privilegierung im Falle einer ordentlichen Kündigung auch dem stellvertretenden Datenschutzbeauftragten zustehe (Urt. v. 17.03.2023, Az. 4 Sa 133/22).

Pflicht zur Bestellung eines Datenschutzbeauftragten

Öffentliche Stellen wie Behörden müssen verpflichtend einen Datenschutzbeauftragten ernennen. Diese Pflicht trifft auch Unternehmen, bei denen in der Regel mindestens 20 Personen ständig mit der automatisierten Verarbeitung personenbezogener Daten beschäftigt sind, oder wenn das Unternehmen besonders sensible Daten verarbeitet.

Der Datenschutzbeauftragte soll neben beruflichen Qualifikationen auch ein gewisses Fachwissen zum Datenschutzrecht und der dazugehörigen Praxis haben. Zu seinen Aufgaben gehört unter anderem die Unterrichtung und Beratung der Stelle, bei der er tätig ist. Er überwacht die Einhaltung der DSGVO und arbeitet gegebenenfalls mit der Aufsichtsbehörde zusammen.

Um diesen Aufgaben ordnungsgemäß nachgehen zu können und somit einen effektiven Schutz personenbezogener Daten sicherstellen zu können, müssen von der jeweiligen Stelle angemessene Ressourcen bereitgestellt werden. Weiterhin muss der Datenschutzbeauftragte weisungsfrei agieren können und darf weder abberufen noch benachteiligt werden. Er soll frei und unabhängig seinen Aufgaben nachgehen können, auch wenn es zu Meinungsverschiedenheiten mit der Geschäftsleitung kommen sollte. Insofern genießt der Datenschutzbeauftragte auch einen besonderen Kündigungsschutz. Dies ergibt sich aus § 6 Abs. 4 S. 2 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG).

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Kündigungsschutz auch für den Vertreter?

Im vorliegenden Fall musste sich das Sächsische LAG mit der Frage beschäftigten, ob dieser besondere Kündigungsschutz auch dem stellvertretenden Datenschutzbeauftragten zusteht. Sein Arbeitgeber hatte ihm zunächst außerordentlich und dann ordentlich gekündigt. Das Arbeitsgericht (ArbG) Leipzig hat den Kündigungsschutzklagen des stellvertretenden Datenschutzbeauftragten stattgegeben und den Arbeitgeber zur Weiterbeschäftigung des Mitarbeiters verurteilt. Die Widerklage des Arbeitgebers wurde zurückgewiesen. Das ArbG führte aus, dass bezüglich der außerordentlichen Kündigungen die Zweiwochenfrist nicht eingehalten worden sei. Insofern war die außerordentliche Kündigung bereits unwirksam. Die ordentliche Kündigung sei hingegen gemäß § 6 Abs. 4 S. 2 BDSG unwirksam, da der Kläger stellvertretender Datenschutzbeauftragter sei. Gegen dieses Urteil legte der Arbeitgeber Berufung vor dem LAG Sachsen ein – diese wurde zurückgewiesen.

Auch nach Auffassung des LAG Sachsen sei die außerordentliche Kündigung in Hinblick auf die Einhaltung der Kündigungserklärungsfrist unwirksam gewesen. Zur Begründung der Unwirksamkeit der ordentlichen Kündigung berief sich das LAG auf eine Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) (Urt. v. 25.08.2022, Az. 2 AZR 225/2020). Dort führt das BAG aus, dass der § 6 Abs. 4 S. 2 BDSG gegenüber dem Datenschutzbeauftragten nur eine Kündigung aus wichtigem Grund erlaube. Damit greife der Gesetzgeber die Formulierung aus § 15 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) auf, die sich wiederum an § 626 BGB anlehnt, wo der Fall einer außerordentlichen Kündigung geregelt ist.

Für die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung reiche es außerdem nicht aus, dass „objektiv“ ein wichtiger Grund vorgelegen habe, wenn nur eine ordentliche Kündigung ausgesprochen wurde. Vielmehr müsse dieser wichtige Grund auch in Form einer außerordentlichen Kündigung ausgesprochen werden. Diese Grundsätze seien laut LAG auch auf den stellvertretenden Datenschutzbeauftragten anzuwenden. Da zu diesem Zeitpunkt nur eine ordentliche Kündigung im Raum stand und es sich bei dem Mitarbeiter um einen stellvertretenden Datenschutzbeauftragten handelte, war somit auch die ordentliche Kündigung unwirksam gemäß § 6 Abs. 4 S. 2 BDSG. Auch als stellvertretender Datenschutzbeauftragter durfte der Mitarbeiter folglich vom besonderen Kündigungsschutz des § 6 Abs. 4 S. 2 BDSG profitieren.

Muss ein stellvertretender Datenschutzbeauftragter bestimmt werden?

Weder die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) noch das BDSG enthalten die Pflicht, einen stellvertretenden Datenschutzbeauftragten zu bestellen. Private Unternehmen, die verpflichtend einen Datenschutzbeauftragten bestellen müssen, haben jedoch bei längerfristiger Krankheit des regulären Datenschutzbeauftragten zwischen zwei Risiken abzuwägen. Einerseits droht der Vorwurf, dass in dieser Zeit kein ordnungsgemäß bestellter Datenschutzbeauftragter mehr vorhanden ist, was zu einem Bußgeld führen kann. Andererseits kann eine vorübergehende Bestellung eines Stellvertreters dazu führen, dass das Unternehmen nun zwei Mitarbeiter hat, die sich auf den besonderen Kündigungsschutz berufen können. Letzteres wird einem Bußgeld wohl in den meisten Fällen vorzuziehen sein.

jsc/ezo