Google wollte sich mit einer einzigen Einwilligung Zugriff auf Nutzerdaten aus über 70 Diensten sichern. Der vzbv klagte – mit Erfolg. Das LG Berlin erklärte den pauschalen Einwilligungsprozess für rechtswidrig und rügte vor allem fehlende Transparenz und Freiwilligkeit.

Wer ein Google-Konto anlegen wollte, sollte mit nur einem Schritt der Datenverarbeitung durch über 70 verschiedene Dienste zustimmen. Das Landgericht (LG) Berlin sah darin einen Verstoß gegen die Datenschutzgrundverordnung und erklärte die Einwilligung für unwirksam. Auch die voreingestellten Speicherfristen hielt das Gericht für rechtswidrig. Google habe gegen grundlegende Prinzipien der Transparenz und Freiwilligkeit verstoßen (LG Berlin, Urteil vom 25.03.2025, Az. 15 O 472/22).

Google will eine Einwilligung für alles

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Registrierung eines Google-Kontos. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte Google verklagt, weil Nutzer bei der Kontoerstellung automatisch in weitreichende Datenverarbeitungen einwilligen sollten. Gemeint waren damit unter anderem sogenannte Web- und App-Aktivitäten, der YouTube-Verlauf sowie personalisierte Werbung.


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Google bietet mehr als 70 verschiedene Dienste an. Bei der Anmeldung zu einem neuen Google-Konto sollten Verbraucher pauschal erlauben, dass alle Dienste auf personenbezogene Daten zugreifen dürfen. Das betraf unter anderem Suchanfragen, Standortdaten, Spracheinstellungen und auch Interaktionen mit Drittanbietern, die Google-Dienste nutzen. Auch YouTube-Verläufe und personalisierte Werbung wurden über dieselbe Einwilligung erfasst.

Dabei konnten die Nutzer wählen zwischen der sogenannten Express-Personalisierung oder einer manuellen Einstellung. Bei der Express-Variante mussten sie allen Datennutzungen pauschal zustimmen oder den Registrierungsvorgang abbrechen. Eine differenzierte Entscheidung war nicht vorgesehen. Die manuelle Variante erlaubte zwar teilweise eine Einschränkung der Datenverarbeitung, doch auch hier blieben bestimmte Punkte, wie etwa die Nutzung des Standorts, nicht abwählbar.

Hinzu kam, dass Google in den Voreinstellungen keine Möglichkeit bot, eine automatische Löschung der Daten nach drei Monaten auszuwählen. Eine solche Speicherfrist musste erst manuell eingestellt werden, und auch das nur nachträglich im Nutzerkonto. Der vzbv sah darin einen Verstoß gegen das Prinzip der datenschutzfreundlichen Voreinstellungen.

Einwilligung muss freiwillig und informiert erfolgen

Das LG teilte die Auffassung der Verbraucherschützer und entschied, dass die eingeholte Einwilligung nicht den Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung genügte. Eine gültige Einwilligung müsse freiwillig, informiert und für einen bestimmten Zweck erfolgen. Daran fehle es hier in mehrfacher Hinsicht.

Zunächst rügte das LG, dass es keine Möglichkeit gab, der Datenverarbeitung vollständig zu widersprechen. Gerade die Express-Personalisierung bot nur die Auswahl zwischen „Bestätigen“ und „Zurück“. Ein explizites Ablehnen war nicht möglich. Das LG sah hierin einen klaren Verstoß gegen das Prinzip der Freiwilligkeit. Die Betroffenen hätten keine echte Wahl gehabt.

Auch in der manuellen Einstellung konnte nicht jeder Datenverarbeitung widersprochen werden. So wurde etwa der Standort des Nutzers in Deutschland auch dann genutzt, wenn keine personalisierte Werbung gewünscht war. Damit blieb eine vollständige Ablehnung der Datenverarbeitung auch hier faktisch unmöglich. Aus Sicht des LG lag damit auch bei der manuellen Personalisierung keine freiwillige Einwilligung vor.

Neben dem fehlenden Wahlrecht kritisierte das LG auch die Intransparenz der Informationen. Google habe nicht klar offengelegt, welche Dienste konkret auf Daten zugreifen. Weder Google-Apps noch Websites oder Partnerdienste wurden namentlich benannt. Dadurch sei für die Nutzer nicht erkennbar gewesen, welche Reichweite ihre Einwilligung überhaupt habe. Die Richter bezeichneten dies als eine erhebliche Überspannung des Umfangs der Einwilligung.

Voreinstellungen müssen datensparsam sein

Ein weiterer zentraler Punkt war die voreingestellte Speicherdauer für personenbezogene Daten. Laut Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) müssen Unternehmen technische und organisatorische Maßnahmen treffen, damit standardmäßig nur solche Daten verarbeitet werden, die für den jeweiligen Zweck erforderlich sind. Das LG stellte klar, dass Google gegen diese Vorgabe verstoßen habe. Eine Speicherdauer von nur drei Monaten müsse bereits bei der Registrierung als wählbare Option angeboten werden. Dies sei bei Google nicht der Fall gewesen. Nutzer konnten eine solche Einstellung nur nachträglich im Konto vornehmen.

Das LG sah darin einen Verstoß gegen das Prinzip der datenschutzfreundlichen Voreinstellungen. Die Nutzer hätten nicht verpflichtet werden dürfen, selbst aktiv eine datensparsamere Option herzustellen.

Google geht in Berufung

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Google hat gegen die Entscheidung Berufung eingelegt. Das Verfahren wird daher vor dem Kammergericht Berlin weitergeführt (Az. 5 U 45/24). Google betonte, dass der beanstandete Kontoerstellungsprozess bereits überarbeitet worden sei. Man habe den Nutzern inzwischen klarere Wahl- und Kontrollmöglichkeiten eingeräumt.

Ob die vorgenommenen Änderungen den Anforderungen der Datenschutzgrundverordnung genügen, bleibt abzuwarten. Das LG hat jedenfalls deutlich gemacht, dass pauschale Einwilligungen in umfassende Datenverarbeitungen nicht zulässig sind. Nutzer müssen echte Wahlmöglichkeiten haben. Und sie müssen verstehen können, was genau mit ihren Daten geschieht.

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