E-Scooter werden häufig mitten auf dem Gehweg abgestellt. Nicht selten findet man sie auch in einem Graben liegend wieder. Doch wer genau haftet überhaupt in solch einem Fall und kann man den vorherigen verantwortlichen Nutzer überhaupt ausfindig machen? Das AG Stuttgart brachte nun Klarheit, indem es über die Verpflichtung von Vermietern von E-Scootern entschied, die vollständigen Adressdaten ihrer Kunden zu erheben.

Seit Mitte Juni 2019 dürfen E-Scooter in Stuttgart offiziell am öffentlichen Straßenverkehr teilnehmen. Ziel war es, das Niveau und die Vielfalt der Mobilität in Stuttgart zu verbessern. Doch dadurch ist nicht nur die Mobilität vielfältiger geworden. Auch die rechtlichen Probleme häufen sich. Mit einem rechtlichen Problem musste sich jetzt auch das Amtsgericht (AG) Stuttgart beschäftigen: Dort hatte eine Vermieterin von E-Scootern dagegen geklagt, dass die Stadt Stuttgart ihr die Kosten eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gegen einen Nutzer der Scooter auferlegt hatte. Das AG Stuttgart hat die Klage nun abgewiesen. Sofern die Vermieterin keine vollständigen Nutzerdaten erhebe, müsse sie auch die Verfahrenskosten für ein erfolgloses OWiG-Verfahren tragen (Beschl. v. 03.06.2023, Az. 20 OWi 1497/23).

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Auslöser des Verfahrens war eine Klage der Vermieterin der E-Scooter gegen einen Kostenbescheid der örtlichen Bußgeldstelle der Stadt Stuttgart. Die Stadt hatte festgestellt, dass ein E-Scooter in einem Verbotsbereich abgestellt war und verlangte daraufhin von der Halterin Auskunft über den Nutzer. Die E-Scooter-Firma übersandte der Stadt Stuttgart alle gespeicherten Daten des Nutzers. Mehr als Name, Telefonnummer und E-Mail-Adresse lagen dem Unternehmen nach eigenen Angaben jedoch nicht vor. Da die Stadt Stuttgart den Betroffenen anhand der vorhandenen Daten nicht ermitteln konnte, stellte sie das Ordnungswidrigkeitenverfahren ein und erlegte dem Unternehmen die Kosten des Verfahrens auf. Dagegen erhob das Unternehmen Klage – jedoch ohne Erfolg, denn die Klage wurde vom AG Stuttgart abgewiesen.

Vermieterin muss die Kosten tragen

Zur Begründung führte das AG aus, dass die Ermittlung des Täters für die Stadt Stuttgart bereits aus Gründen der Verhältnismäßigkeit unzumutbar sei. Zur Ermittlung der für den Parkverstoß verantwortlichen Person seien nach dem Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG) zumindest eindeutige Angaben zur Identifizierung der Person einschließlich einer Wohnanschrift oder vergleichbarer Angaben zum ständigen Aufenthalt oder einer vergleichbaren Erreichbarkeit des Mieters erforderlich. Name, Mobilfunknummer und E-Mail-Adresse seien zur Identifizierung der Person nicht ausreichend. Zumindest sei die Ermittlung des für den Parkverstoß verantwortlichen E-Scooter-Fahrers mit diesen wenigen Daten mit einem unverhältnismäßigen Aufwand für die Verfolgungsbehörde verbunden. Da es sich lediglich um eine geringfügige Ordnungswidrigkeit im ruhenden Verkehr handele, sei die Ermittlung der Personalien im Wege der Bestandsdatenauskunft jedenfalls nicht angemessen. Es sei bereits zweifelhaft, ob die Daten überhaupt regelmäßig innerhalb der kurzen Verjährungsfrist ermittelt werden könnten. Darüber hinaus wies das AG darauf hin, dass es für das Unternehmen im Gegenzug ein Leichtes wäre, die Daten zu speichern. Das Vorhalten dieser zusätzlichen Daten würde die Ermittlungen erheblich und oft entscheidend erleichtern.

Es sei daher rechtmäßig und nicht unbillig, der Vermieterin der E-Scooter die Kosten aufzuerlegen. Das Unternehmen setze die Vermietung von E-Scootern nämlich gewinnbringend ein und verzichte dabei bewusst auf die Erhebung bestimmter Daten zur Identifizierung der Kunden. Indem die Vermieterin nur so wenige Daten zur Identität der Nutzer erhebe, nehme sie gewerbsmäßig das Risiko nicht zurechenbarer und sanktionierbarer Verkehrsverstöße im öffentlichen Straßenverkehr in Kauf, so das AG.

Autovermietungen machen es besser

Das AG wies weiter darauf hin, dass im Gegenzug Vermieter von Mietkraftfahrzeugen diese Daten regelmäßig bereits vorhielten und sogar Vorkehrungen im Hinblick auf den Kostenregress bei Verkehrsverstößen träfen. Die Vermieterin der E-Scooter treffe diese Vorkehrungen hingegen im Vorfeld bewusst nicht, um die Kosten weder selbst tragen zu müssen noch die Kunden des Unternehmens damit zu belasten. Damit entziehe sich das Unternehmen in vorwerfbarer Weise seiner Verpflichtung als Halterin, im erforderlichen und zumutbaren Umfang zur Aufklärung beizutragen.

Datenspeicherung wäre DSGVO-konform

Die Speicherung der Kundendaten verstoße nach Ansicht des AG auch nicht gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Denn Unternehmen seien nach der DSGVO zwar grundsätzlich dazu verpflichtet, nur so viele Daten zu erheben, wie es für den jeweiligen Zweck angemessen und für die Zwecke der Verarbeitung notwendig sei; die personenbezogenen Daten zu einer zustellfähigen Anschrift und zur weiteren Identität des Nutzers seien jedoch für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bei Vertragsverletzungen erforderlich und die Erhebung liege daher im berechtigten Interesse der Betroffenen. Zudem würden die Betroffenen dadurch gerade in die Lage versetzt, sich von ihrer Haftung zu befreien und ihren gesetzlichen Auskunftspflichten nachzukommen.

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