Wenn ein Anfangsverdacht auf Zweckentfremdung privater Unterkünfte besteht, dürfen Behörden Internet-Plattformen wie Airbnb dazu verpflichten, die Daten der Nutzer herauszugeben. Das VG Berlin entschied, dass Airbnb sich diesbezüglich nicht auf das irische Datenschutzrecht berufen darf.

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin entschied am 23. Juni 2021, dass Airbnb bei einem Anfangsverdacht auf Verstöße gegen das Zweckentfremdungsverbot verpflichtet sein kann, den zuständigen Behörden die Daten der Unterkünfte-Anbieter zu übermitteln. Die Verpflichtung kann auch nicht dadurch umgangen werden, dass das Online-Portal seinen Sitz im irischen Dublin hat (Urteil vom 23.06.2021, Az. 6 K 90/20).

Online-Plattformen wie Airbnb sind seit einigen Jahren angesagter denn je. Viele Urlaubswillige werden wohl auch dieses Jahr nach den Pandemie-Monaten auf der Seite nach einer günstigen, privaten Unterkunft suchen. Das ist für viele auch ein Anreiz, die eigene Wohnung vorrübergehend als Ferienwohnung anzubieten – das kann mancherorts sicherlich lukrativer sein als eine gewöhnliche Wohnraumvermietung oder kann die eigene Miete bei längerer Abwesenheit wieder ausgleichen. Das ist allerdings nicht ohne Weiteres erlaubt. Zuletzt bestätigte auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Grundsatzurteil, dass Regelungen zum Schutz von Wohnraum, wie die Genehmigungspflichtigkeit von kurzzeitigen Vermietungen, zulässig ist (Urteil vom 22.09.2020, Az. C-724/18 und C-727/18).

Behörden verlangen Vermieter-Auskunft von Airbnb

Wenn gegen Regelungen zum Kampf gegen den Wohnraummangel, kurzgesagt gegen Zweckentfremdungsverbote, verstoßen wird, werden in der Regel Bußgelder fällig. Um diese auch vollstrecken zu können, verpflichtete das Bezirksamt Tempelhof-Schöneberg von Berlin im Dezember 2019 Airbnb, unter anderem Namen und Anschriften zahlreicher Anbieter, deren Inserate in online veröffentlichten Listen aufgezählt waren, und die genaue Lage der von ihnen angebotenen Ferienwohnungen zu übermitteln. Viele Inserate wiesen keine oder falsche Registernummern auf und ließen keine Geschäftsdaten gewerblicher Vermieter erkennen. Der Landesgesetzgeber hatte eine Pflicht zur Anzeige einer Registriernummer gerade wegen des zunehmenden anonymen Angebots von Ferienwohnungen auf Internet-Plattformen im „Gesetzes über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum“ (ZwVbG) eingeführt. Sie gilt in der Regel für Vermieter, die ihre Wohnung kurzzeitig als Ferienwohnung zur Verfügung stellen.

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Airbnb erhob Klage gegen den behördlichen Bescheid

Der Anbieter für Ferienwohnungen Airbnb wollte der Auskunftspflicht gegenüber den Behörden nicht nachkommen und erhob deshalb Klage vor dem VG Berlin. Zum einen sei der Bescheid rechtswidrig, da er eine Sammelabfrage betreffe und keinen Einzelfall. Dadurch könne keine konkrete Gefahr einer Zweckentfremdung vorliegen. Zum anderen sei die Norm § 5 Abs. 2 S. 2 u. 3 ZwZbG a.F., auf die sich das Auskunftsersuchen der Behörde stützt, verfassungswidrig. Des Weiteren würden unionsrechtliche Vorgaben missachtet, weil Airbnb bei Befolgung des Bescheids gegen irisches Datenschutzrecht verstoßen würde, dem allein es verpflichtet sei.

VG Berlin: Airbnb muss der Auskunftspflicht nachkommen

Das VG Berlin hat die Klage Airbnbs nun überwiegend abgewiesen. Die vom Bezirksamt herangezogene Rechtsgrundlage des § 5 Abs. 2 S. 2 u. 3 ZwVbG in der damals geltenden Fassung unterliegt im Ergebnis keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Sie greift zwar in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, ist jedoch insbesondere verhältnismäßig, hinreichend bestimmt und normenklar. Auch mit Unionsrecht ist die Bestimmung vereinbar.

Das Auskunftsverlangen des Bezirksamts ist zudem keine Sammelabfrage, sondern lediglich eine Bündelung vieler Einzelfälle in einem Bescheid. Die Unterkünfte und Vermieter, zu denen die Datenvermittlung verlangt wurde, waren jeweils genau bezeichnet. Wegen der Anonymität der Angebote auf der Internet-Plattform Airbnb sind an den hinreichenden Anlass für ein Auskunftsersuchen nur geringe Anforderungen zu stellen. Ein solcher kann schon angenommen werden, wenn Anbieter ganzer Unterkünfte in ihren Inseraten keine oder eine ersichtlich falsche Registriernummer anzeigen oder sich eine gewerbliche Vermietung nicht bereits aus dem jeweiligen Angebot selbst, insbesondere durch die Angabe von Geschäftsdaten ergibt. Auch das irische Datenschutzrecht kann Airbnb dem behördlichen Ersuchen nicht entgegenhalten. Das sogenannte Herkunftslandprinzip, auf das sie sich in der Sache beruft, finde hier keine Anwendung.

Die zuständige Kammer der VG Berlin hat die grundsätzliche Bedeutung des Urteils erkannt und deshalb die Berufung zum Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zugelassen. Wir werden an dieser Stelle über den weiteren Verfahrenslauf berichten.

ses