TikTok hat mit dem neuen Shop eine große E-Commerce-Funktion geschaffen. Händler verkaufen nun direkt im Video und erreichen damit Millionen Nutzer. Doch die Plattform erfüllt viele Vorgaben des deutschen Rechts nicht.

Frauen shoppen am handy

Der TikTok Shop ist seit dem Frühjahr 2025 offiziell in Deutschland verfügbar. Händler können Produkte direkt in ihren Videos verlinken und damit den Kaufprozess stark verkürzen. Die Plattform eignet sich ideal für kurze Produktvorstellungen und spontane Kaufimpulse. Die E-Commerce-Branche hatte auf diese Funktion lange gewartet. Allerdings zeigt sich, dass TikTok zentrale Vorgaben des deutschen Verbraucherschutzrechts nicht erfüllt. Händler müssen Pflichtangaben einbinden, bekommen dafür aber nicht die nötigen Funktionen. Das führt zu erheblichen Haftungsrisiken. So bleiben Händler für alle Verstöße verantwortlich, selbst wenn sie die Darstellung im Shop nicht beeinflussen können. TikTok haftet nicht, weil die Plattform nur den Rahmen vorgibt und die Händler die Inhalte selbst einstellen.

Rechtliche Anforderungen an Händler im TikTok Shop

Nach dieser Einordnung lohnt es sich, den Ablauf des Verkaufs genauer anzusehen. Händler präsentieren Produkte in Videos und verlinken sie direkt mit dem Shop. Das System wirkt modern und effizient. Viele Händler nutzen die Chance und starten ohne lange Vorbereitung. Doch jeder gewerbliche Auftritt im Internet braucht klare Pflichtangaben. Die Plattform bietet dafür keine ausreichenden Möglichkeiten.

Die Impressumspflicht

Die Anbieterkennzeichnung muss leicht erkennbar und erreichbar sein. TikTok erlaubt zwar einen Impressumslink, platziert diesen aber tief im Menü. Nutzer müssen mehrere Ebenen öffnen, um den Link zu finden. Die deutsche Rechtsprechung verlangt dagegen einen direkten Zugriff innerhalb von zwei Klicks. Die aktuelle Lösung reicht dafür nicht aus.

Die Grundpreisangabe (PAngV)

Die Preisangaben bereiten ebenfalls Probleme. Händler müssen bei Waren wie Kosmetik oder Stoffen einen Grundpreis angeben. Der TikTok Shop stellt dafür kein geeignetes Feld bereit. Händler können den Grundpreis zwar in die Beschreibung schreiben, doch die Darstellung ist nicht einheitlich. Außerdem zeigt die Plattform zusätzliche Versandkosten oft erst spät im Bestellprozess an. Der erste Preis muss jedoch klar erkennen lassen, dass noch Kosten hinzukommen. Das Fehlen eines entsprechenden Hinweises verstößt gegen die Preisangabenverordnung.

Die Widerrufsbelehrung

Auch bei den Verbraucherrechten zeigt der Shop erhebliche Schwächen. Händler müssen Kunden über das gesetzliche Widerrufsrecht informieren. TikTok verweist zwar auf ein eigenes Rückgaberecht von dreißig Tagen. Dieses ersetzt aber nicht die gesetzliche Belehrung. Händler müssen das Widerrufsrecht selbst bereitstellen. Die Plattform bietet dafür keine sichere Lösung.

Die Button-Lösung

Das Gesetz verlangt zudem einen eindeutig benannten Bestellbutton. Käufer müssen erkennen, dass sie mit einem Klick einen zahlungspflichtigen Vertrag schließen. TikTok nutzt die Formulierung “Jetzt bezahlen”. Die juristische Literatur bewertet diese Angabe als nicht eindeutig genug. Das kann dazu führen, dass ein Vertrag nicht wirksam zustande kommt. Gleichzeitig drohen Abmahnungen, wenn Mitbewerber den Button als Verstoß werten.

Die Produktsicherheit (CE-Kennzeichnung & Co.)

Wer Produkte wie Elektronik, Spielzeug oder Kosmetik verkauft, muss auch auf die Produktsicherheit achten. Warnhinweise, CE-Kennzeichen und deutschsprachige Anleitungen sind verpflichtend. Diese Angaben müssen vor dem Kauf abrufbar sein. Die Plattform zeigt solche Informationen nicht immer klar an. Händler müssen damit rechnen, für fehlende Sicherheitshinweise in Anspruch genommen zu werden.

Die zentrale Aussage lautet, dass TikTok selbst nicht haftet. Deutsche Gerichte nehmen Händler in die Pflicht, auch wenn sie die Darstellung nicht frei gestalten können. Der Einwand, man könne die Plattformfunktionen nicht steuern, schützt nicht vor Haftung.

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Musiknutzung, Marken und mögliche Einschränkungen

Ein weiterer Bereich betrifft die Musik. TikTok lebt von trendenden Sounds, doch diese gehören meist zu einer Bibliothek, die nur für private Nutzung lizenziert ist. Wer ein Produkt bewirbt, handelt kommerziell und darf diese Musik nicht nutzen. Händler müssen auf die eingeschränkte kommerzielle Musikbibliothek zurückgreifen oder lizenzfreie Musik verwenden. Verstöße können zu kostspieligen Abmahnungen durch Musiklabels führen.

Auch die Nutzung fremder Marken birgt Risiken. Händler, die kompatible Produkte verkaufen, wollen potenzielle Käufer oft durch Markennamen erreichen. Das ist zulässig, wenn die Nennung beschreibend bleibt. Die Formulierung darf aber nicht den Eindruck einer Verbindung zum Markeninhaber erzeugen. Wenn zum Beispiel ein Hersteller von Handyhüllen seine Produkte als “iPhone Hülle” bezeichnet, wirkt das wie ein Originalprodukt. Die Angabe “kompatibel mit iPhone 15” bleibt dagegen erlaubt, solange keine Irreführung entsteht. Die Grenzen sind jedoch eng. Gerichte bewerten die Gesamtwirkung des Angebots.

Zusätzlich gibt es Berichte über mögliche Änderungen der Nutzungsbedingungen. Einige Händler berichten, dass TikTok externe Links wie zu Amazon oder Shopify einschränken könnte. Die Plattform soll Händler dazu auffordern, ihre Produkte ausschließlich über den hauseigenen Shop zu verkaufen. Klar ist jedoch, dass die derzeit geltenden Bedingungen eine solche Verpflichtung nicht ausdrücklich enthalten. Dennoch bleibt das Risiko bestehen, dass TikTok strengere Regeln einführt. Das kann zu einem Konflikt führen. Händler müssten sich dann entscheiden, ob sie den Shop nutzen oder ihre anderen Vertriebskanäle gefährden.

Am Ende steht die Erkenntnis, dass der TikTok Shop große Chancen bietet. Gleichzeitig bleibt er rechtlich unsicher. Händler müssen alle Anforderungen prüfen und dürfen sich nicht auf die Plattform verlassen. Wer die Risiken unterschätzt, gerät schnell in Konflikt mit Wettbewerbern oder Behörden.

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