Wenn Unionsmarken eingetragen wurden, ohne dass ein legitimer wirtschaftlicher Zweck verfolgt wurde, kann die Unionsmarke gelöscht werden. Was aber, wenn eine Unionsmarke nur eingetragen wurde, um Druck auf andere Unternehmen auszuüben und möglicherweise Ausgleichszahlungen zu erhalten? Dieser Frage ging nun der EuG nach.

Foto: Gerichtshof der Europäischen Union

Wurde eine Unionsmarke lediglich eingetragen, um Druck auf andere Unternehmen auszuüben, so ist die Anmeldung unzulässig. Das entschied nun das Gericht der Europäischen Union (EuG). So sollen böswillige Markenanmeldungen verhindert werden (EuG, Urt. v. 17.01.2024 – T 650/22).

Hintergrund des Falles ist die Löschung einer Marke durch das EUIPO (Amt für Geistiges Eigentum der EU). Die Löschung basierte auf dem Antrag eines Großhändlers, der einen geschützten Namen für den Vertrieb von Fahrzeugfelgen nutzte. Mit der nun gelöschten Unionsmarke, die ihren Rang aus einer vorangegangenen Anmeldung vom 4. Januar 2010 in Österreich ableitete, gab es eine ältere Eintragung. Bei der angemeldeten Marke handelte es sich um das Wortzeichen ATHLET. Normalerweise hätte die ältere Eintragung Priorität gehabt und die Abwehr von Markenverletzungen ermöglicht. Jedoch war das Geschäftsmodell hinter der Anmeldung zweifelhaft.

Denn die österreichische Anmeldung von 2010 stellte die letzte einer Kette von Eintragungen dar. Besagte Anträge wurden seit 2007 halbjährig erneuert, ehe sie vom österreichischen Patentamt zurückgewiesen wurden, weil die Gebühren nicht bezahlt worden sind. Die Behörden und Gerichte konnten keine Nutzung des Namens im normalen Geschäftsverkehr erkennen. Auffallend war außerdem, dass alle beteiligten Unternehmen, zwischen denen die Markenrechte mehrfach übertragen wurden, letztlich auf eine Person zurückzuführen waren – und zwar auf einen unter Markenrechtlern durch sein Verhalten nicht Unbekannten.

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Anmeldung ist nichtig, wenn Antragsteller bösgläubig ist

Schon vor fast acht Jahren entschied das Landgericht (LG) Köln, dass gegenüber den gewerblichen Kunden des Großhändlers nicht mehr behauptet werden durfte, dass dieser eine Markenverletzung begehe. Ein Unternehmen aus dem Netzwerk hatte zuvor den Händler kontaktiert und verlangt, die Verwendung zu unterlassen und seine Schadensersatzpflicht anzuerkennen. Das LG argumentierte, dass die Berufung auf das ältere Schutzrecht rechtsmissbräuchlich sei. Eine ähnliche Begründung führte auch das EUIPO im Jahr 2019 für die Löschung an. Das EuG erklärte, warum es die Entscheidung der EU-Behörde unterstützte. Gemäß Artikel 59 Absatz 1 Buchstabe B der Unionsmarken-Verordnung nF ist eine Anmeldung nichtig, wenn der Antragsteller bösgläubig ist – also wenn im Geschäftsverkehr unredliche Ziele verfolgt werden, wie das EuG ausführt.

In diesem Fall wurde angenommen, dass die aufeinanderfolgenden Markenanmeldungen durchgeführt wurden, um eine Sperrposition gegenüber anderen Nutzern zu erreichen. Daher stellte das Gericht fest, dass der Anmeldende (oder mit ihm verbundene Gesellschaften) durch wiederholte nationale Markenanmeldungen vor Ablauf der Prioritätsfrist diese künstlich um sechs Monate verlängert haben. Während dieser Zeitspanne konnten die Anmeldenden auch die Priorität der Unionsmarke geltend machen, so das EuG.

Strategie Rechtsmissbräuchlich

Diese Gangart weise außerdem durchaus gewisse Ähnlichkeiten mit der Rechtsfigur des Rechtsmissbrauchs auf. Charakterisiert werde die Strategie laut EuG dadurch, dass trotz formaler Einhaltung der unionsrechtlichen Bedingungen das Ziel der Unionsregelung nicht erreicht werde. Außerdem bestehe die Absicht, sich durch diese Methode einen unionsrechtlich vorgesehenen Vorteil zu verschaffen, indem die entsprechenden Voraussetzungen willkürlich geschaffen werden würden.

Die Richter halten fest, dass durch diese Vorgehensweise Druck auf den Großhändler ausgeübt werden solle. Gemäß den Unterlagen des EUIPO und insbesondere basierend auf den wesentlichen Feststellungen der von der Beschwerdekammer bestätigten Entscheidung der Nichtigkeitsabteilung, habe das Ziel der mit dem Geschäftsführer der Klägerin verbundenen Gesellschaften lediglich darin bestanden, Druck auf die Streithelferin auszuüben. Laut EuG sollte diese Strategien dazu führen, dass diese Gesellschaften die Marken nicht weiter verwenden und möglicherweise einen finanziellen Ausgleich leistet.

agr