Wegen des Vertriebs spezieller „Front-Kits“ hatte der Hersteller des limitierten Ferrari-Modells „Ferrari FXX-K“ vor einiger Zeit gegen einen Hersteller von „Tuning-Bausätzen“ geklagt. Seiner Ansicht nach verletzen die sehr „ähnlichen“ Bausätze ein zu seinen Gunsten bestehendes, nicht eingetragenes Gemeinschaftsgeschmacksmuster. In der ersten Instanz war die Klägerin gescheitert. Auch das OLG Düsseldorf wies nun die Berufung zurück.

Der Rechtsstreit drehte sich um einen Spitzenmodell des italienischen Herstellers Ferrari – konkret ein limitiertes Modell „Ferrari FXX-K“ – zum Stückpreis von 2,2 Millionen Euro. Dieses ist in zwei Varianten verfügbar. Einmal ist die Spitze eines „V“ auf der Fronthaube in der Grundfarbe des Fahrzeugs lackiert, einmal schwarz. Der Öffentlichkeit wurde der „Ferrari FXX-K“ erstmals in einer bebilderten Pressemitteilung am 02.12.‌2014 vorgestellt. In der ausgedruckten Version der Pressemitteilung, waren Ablichtungen des Modells enthalten. Beklagter war ein Unternehmen, welches „Tuning-Bausätze“ („Body-Kits“) für einen Pkw vertreibt – unter anderem ein sogenanntes „Front kit“ mit einem einheitlich dunklen „V“ auf der Fronthaube und mit einem nur teilweise ausgefüllten „V“. Wegen des Vertriebs dieser „Front Kits“ erhob der Ferrari-Hersteller bisher erfolglos Klage vor dem Landgericht (LG) Düsseldorf (Urt. v. 20.07.2017, Az. 14c O 137/16). Auch die Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf blieb nun ohne Erfolg (Urt. v. 02.02.2023, Az. 20 U 124/17).  

Seine Ansprüche begründete der Ferrari-Hersteller mit ihm zustehenden nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster (GGM) an dem Teilbereich seines Fahrzeugs, der aus dem nach vorne unten gekrümmten, V-förmigen Element der Fronthaube des „Ferrari FXX-K“, dem mittig aus diesem Element herausragenden, in Längsrichtung angeordneten, flossenartigen Element („Strake“) und dem in die Stoßstange integrierten, zweischichtigen Frontspoiler bestehe. Dieser Teilbereich werde als Einheit verstanden, die die individuellen „Gesichtszüge“ des „Ferrari FXX-K“ bestimme und gleichzeitig die Assoziation mit einem Flugzeug, aber auch mit einem Formel-1-Wagen wecke. Des Weiteren machte der Hersteller Ansprüche aus lauterkeitsrechtlichem Nachahmungsschutz geltend. Das GGM ist ein gewerbliches Schutzrecht der Europäischen Union und ähnelt dem eingetragenen Design in Deutschland.

Der bisherige Rechtstreit

Der Rechtsstreit zieht sich nun schon jahrelang hin. Das vorinstanzliche LG Düsseldorf verneinte das Entstehen eines GGM. Die Klägerin habe das Fahrzeug als Ganzes zwar per Pressemitteilung in der Gemeinschaft den Fachkreisen zugänglich gemacht. Daraus entstehe aber kein abgeleiteter Teilschutz für seine Elemente. Die Klägerin habe auch nicht den als nicht eingetragenes GGM beanspruchten Teilbereich in schutzbegründender Weise offenbart. Es liege daher auch kein Unterlassungsanspruch aus Art. 19 Abs. 2, Abs. 1, 89 Abs. 1 lit. a und Abs. 2 GGV vor.

Gegen dieses Urteil legte der Ferrari-Hersteller Berufung ein. Konkret wurde gefordert, dass der beklagte Tuning-Bausatzhersteller verurteilt wird, es zu unterlassen „Front kits“ als Anbauteile für Automobile im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland anzubieten, die – unabhängig von der Farbe – im mittleren Bereich rot gestrichelt hervorgehoben gestaltet sind oder bestimmte Gestaltungsmerkmale wie einen zweischichtigen Frontspoiler enthalten.

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Wir sind bekannt aus

Die Berufung blieb erfolglos. Auf Vorlage des Bundesgerichtshofes vom 30. Januar 2020 entschied bereits der Europäische Gerichtshof (EuGH) in einem Vorabentscheidungsverfahren (Urt. v. 28.10.2021, Az. C-123/20) über die Kriterien der Schutzentstehung eines nicht eingetragenen GGM. Danach sei Art. 11 Abs. 2 GGV dahin auszulegen, dass, wenn Abbildungen eines Erzeugnisses der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (wie hier geschehen), auch ein Geschmacksmuster an einem Teil dieses Erzeugnisses der Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird, sofern die Erscheinungsform dieses Teils bei dieser Offenbarung eindeutig erkennbar ist. 

OLG konkretisiert die Schutzkriterien des EuGH

In seiner Entscheidung konkretisierte das Gericht nochmals die vom EuGH im Vorabentscheidungsverfahren aufgestellten Kriterien für die erforderliche Abgrenzung eines als nicht eingetragenes GGM geschützten Teilbereichs. Danach könnten Unstimmigkeiten innerhalb eines durch Konturen, Linien oder Farben abgegrenzten Bereichs einer klar erkennbaren Abgrenzung entgegenstehen. Auch Konturen, die eine Zusammengehörigkeit bestimmter Bereiche andeuten, seien nicht ausreichend, um diese gegenüber dem Erzeugnis im Übrigen klar abzugrenzen. Die in der Pressemitteilung veröffentlichten Bilder zeigten das Fahrzeug lediglich aus der Distanz mit mehreren Metern Abstand auf fünf unterschiedlichen Blickrichtungen, einschließlich einer Innenraumaufnahme.

Im vorliegenden Fall rufe die beanspruchte Erscheinungsform des Teilbereichs für sich genommen insgesamt keinen sichtbaren Gesamteindruck hervor, sondern gehe in dem Gesamterzeugnis vielmehr vollständig unter. Neben der Erkennbarkeit des Teilerzeugnisses sei jedoch dessen präzise Abgrenzung eine wesentliche Voraussetzung für dessen Schutz.  Die Anforderungen an eine klare und präzise Abgrenzung eines Teilerzeugnisses seien eng zu verstehen, so das OLG. Das OLG Düsseldorf ist damit der Ansicht, das in dem Hauptantrag beanspruchte GGM sei nicht wirksam entstanden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

ezo