Der Bundestag hat die umstrittene Urheberrechtsreform beschlossen. Internet-Plattformen wie Facebook und YouTube sind künftig urheberrechtlich für die Inhalte verantwortlich, die von Nutzern hochgeladen werden. Das bedeutet: Uploadfilter werden kommen. Auch Presseverlage werden künftig gestärkt. Darüber hinaus gab es auf den letzten Metern noch einige Überraschungen.

Verglichen mit den lautstarken Protesten gegen die Einführung des Artikel 17 aus der EU-Richtlinie bei der hunderttausende, meist junge Menschen auf die Straße gingen, erfolgte die Umsetzung in nationales Recht jedoch sicherlich auch aufgrund der Pandemie vergleichsweise still und ohne eine größere gesellschaftliche Debatte. Nun hat der Bundestag am 20. Mai die Urheberrechtsreform samt einiger kurzfristiger Änderungen verabschiedet. Das bedeutet: Uploadfilter werden kommen- und das schon in wenigen Tagen. Denn die neue Urheberrechtsreform gilt bereits ab dem 7. Juni, wenngleich die Online-Plattformen für die Umsetzung von Artikel 17 eine Schonfrist bis zum 1. August erhalten, um ihre technischen Systeme auf die neuen Regeln umzustellen. 

Uploadfilter kommen

Den Kern der Urheberrechtsreform bildet das sog. Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz, kurz UrhDaG. Upload-Plattformen wie Facebook, YouTube, TikTok und Co. werden damit künftig für alle Inhalte, die sie zugänglich machen, grundsätzlich urheberrechtlich verantwortlich sein. Inhalte, die auf den entsprechenden Plattformen hochgeladen und geteilt werden, müssen lizenziert oder gesetzlich erlaubt sein. Sollte das nicht der Fall sein, so muss der Plattformbetreiber vereinfacht gesagt dafür sorgen, dass die Inhalte nicht verfügbar sind, weshalb Plattformen nicht darum herumkommen werden, die umstrittenen Uploadfilter einzusetzen.

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Wir sind bekannt aus

Der kommende § 4 UrhDaG regelt die Anforderungen, die YouTube, TikTok und Co. nun bei der Lizenzierung urheberrechtlich geschützter Inhalte erfüllen müssen, um nicht selbst in die Haftung zu geraten. Die Plattformen müssen künftig grundsätzlich bestmögliche (zumutbare) Anstrengungen unternehmen, um vertragliche Nutzungsrechte für die öffentliche Wiedergabe zu erlangen. Damit Inhalte aber nicht zu Unrecht gesperrt werden, wird es ein durchaus kompliziertes und komplexes System aus Pre-Check, Pre-Flagging, Post-Flagging inklusive rotem Knopf geben.

Uploadfilter jetzt auch für Sportverbände

Wie es gehen kann, wenn Lobbyarbeit erfolgreich ist und die Politik dem großen Geld nachgibt, zeigt die folgende, letztlich zwar nicht überraschende, aber doch plötzliche Änderung. Der Rechtsausschuss hatte erst vor wenigen Tagen noch eine massive Verschlechterung am Gesetzesentwurf ganz im Sinne der Sport- und Filmvermarkter beschlossen.

Während eines Fußballspiels oder einer Kinopremiere, müssen Plattformen alle Uploads sperren, die einen Inhalt daraus verwenden- und zwar selbst dann, wenn es sich nur um 15 Sekunden handelt. Diese Regelung greift allerdings nur dann, wenn der entsprechende Rechteinhaber es verlangt und dann immerhin auch nur für die Dauer der jeweiligen Ausstrahlung. Bis zur Beendigung der Übertragung jedoch dürfen nicht autorisierte Ausschnitte aus Filmen und Fernsehsendungen vollautomatisch per Uploadfilter gesperrt werden.

Nicht autorisierte Ausschnitte aus Filmen und Fernsehsendungen sollen so lange vollautomatisch gesperrt werden dürfen, bis die erstmalige Übertragung beendet ist.

15-Sekunden-Regel bleibt

Nach der neuen Reform dürfen in allen anderen Fällen sog. mutmaßlich erlaubte Nutzungen nicht gesperrt werden und müssen (!) bis zu einer Überprüfung durch einen menschlichen Mitarbeiter online bleiben. Die Rede ist hierbei von Inhalten, die zum einen weniger als die Hälfte eines fremden Werks enthalten sowie zum anderen dieses Werk mit anderen Inhalten kombinieren. Zudem müssen diese als legale Nutzung (Zitat, Parodie etc.) gekennzeichnet oder geringfügig sein. Die Grenze für eine geringfügige Nutzung: 15 Sekunden für Video- und Audioausschnitte, 160 Zeichen Text oder 125 Kilobyte. Diese Inhalte dürfen nicht durch Uploadfilter blockiert werden. Wichtig hierbei: Die Nutzung darf nicht zu kommerziellen Zwecken erfolgen.

Insbesondere die Regelung für Texte wird in der Praxis zu erheblichen Problemen führen, denn- als kurioses Beispiel einmal aufgezeigt- ist selbst der Name der EU-Urheberrechtsrichtlinie länger als eben jene 160 Zeichen.

Zugeständnis an die Nutzer: Rechtssicherheit für Memes, Remix und Co.

Ohne Einschränkungen erlaubt werden Karikaturen, Parodien und sog. Pastiches. Darunter fallen auch u.a. Memes, Remix, Mashup, Fan Fiction und Fankunst. Zunächst sah es lange so aus, als würden diese Nutzungen nur erlaubt, „sofern die Nutzung in ihrem Umfang durch den besonderen Zweck gerechtfertigt ist“. Dieser Gesetzeswortlaut aber erzeugte einen massiven Aufschrei in Teilen der Netz-Community. Immerhin hier hat man die Nutzer erhört, denn diese Einschränkung wurde auf den letzten Metern doch noch komplett gestrichen. Das heißt: Künftig gibt es endlich eine sichere rechtliche Basis für Fankunst und Remixe.

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Verbandsklage kommt: Nutzer sind Sperrungen nicht schutzlos ausgeliefert

Zwar ist davon auszugehen, dass es nach in Kraft treten des UrhDaG sicher zu unberechtigten Sperrungen kommen wird, doch Nutzer der Plattformen werden den Uploadfiltern nicht schutzlos ausgeliefert sein. Denn Uploadfilter dürfen nicht dazu führen, dass „hochgeladene Inhalte, deren Nutzung gesetzlich erlaubt ist oder bei denen kein Verstoß gegen das Urheberrecht vorliegt, nicht verfügbar sind“. Hierfür müssen Nutzer aber unberechtigte Sperrungen entsprechend melden. Die ersten Klagen dürften nicht lange auf sich warten lassen, denn für nichtkommerzielle Vereine wird es die Möglichkeit einer Verbandsklage geben, um die Meinungs- und Kunstfreiheit gegen außer Rand und Band geratene Uploadfilter durchzusetzen. Vereine können künftig gegen Plattformen klagen, die wiederholt fälschlicherweise legale Inhalte gesperrt haben. Plattformen, die es hier mit vorauseilendem Sperr-Gehorsam übertreiben, wird es zudem unter Umständen teuer zu stehen kommen, denn Nutzer erhalten einen Schadensersatzanspruch gegen falsche Copyright Claims. 

Das Leistungsschutzrecht

Bestandteil des Pakets ist zudem ein Leistungsschutzrecht für Presseverleger, die finanziell angemessen beteiligt werden müssen, wenn etwa Ausschnitte aus Artikeln auf kommerziellen Digitalplattformen wie Google News angezeigt werden. Hierzu werden demnächst ausführlicher in einem eigenen Artikel berichten.

tsp