Einfach drüber fahren selbst schuld wenn man so blöd is und sich auf die Straße klebt“. Dieser Online-Kommentar eines Mannes zieht keine Verurteilung nach sich, so das BayObLG. Doch so richtig überzeugt, ist das Gericht von seiner Entscheidung selbst nicht.

Aktion der Klimakleber in Berlin, Von Stefan Müller,, CC BY 2.0

Ein Mann hatte am 23. Februar 2022 zu einer auf der Internetplattform YouTube veröffentlichten Reportage mit dem Titel „Verkehrschaos auf Frankenschnellweg: Aktivisten kleben sich auf Straße“ den Kommentar „Einfach drüber fahren selbst schuld wenn man so blöd is und sich auf die Straße klebt” (Schreibfehler übernommen) verfasst und veröffentlicht. Vor dem Bayerische Oberste Landesgericht (BayObLG) kam er nun straffrei davon. Doch so ganz will das Gericht sein eigenes Urteil nicht als Signal verstehen, denn es fügt an, dass es in ähnlichen Fällen durchaus zu einer Verurteilung kommen könne.

Hass-Kommentar gegen Klimakleber

Das Amtsgericht (AG) Weißenburg in Bayern sah es in erster Instanz als erwiesen an, dass der angeklagte Mann durch seinen Kommentar zum Ausdruck habe bringen wollen, dass er erhebliche Verletzungen oder gar die Tötung der Aktivisten durch Dritte gutheißen würde.

Sein Kommentar sei auch geeignet gewesen, bei einer nicht unerheblichen Personenanzahl der Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland eine Erschütterung des Vertrauens in die öffentliche Rechtssicherheit hervorzurufen, was der Angeklagte zumindest billigend in Kauf genommen habe. Das AG verurteilte ihn daher wegen der Billigung von Straftaten zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je 50 €. Sowohl der Angeklagte als auch die Generalstaatsanwaltschaft München hatten hiergegen Berufung eingelegt.

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Aufruf kann Straftatbestände erfüllen

In der Berufungsinstanz hat der Angeklagte vor Gericht erklärt, dass er den Kommentar lediglich als Beitrag zur öffentlichen Debatte, die teils heftig geführt werde, gemeint habe. Seine überspitzt formulierte Unmutsäußerung habe er keineswegs ernst gemeint. Er sei zudem davon ausgegangen, dass die Aussage auch nicht wörtlich genommen werde. Das Landgericht hielt diese Angaben für glaubhaft. Es sah in der Äußerung mangels Ernstlichkeit objektiv keine Eignung zur Störung, jedenfalls aber in subjektiver Hinsicht kein strafbares Handeln.

Das Bayerische Oberste Landesgericht bestätigte nun in seinem aufgrund der Hauptverhandlung vom 6. Mai 2024 verkündeten Urteil das Berufungsurteil des Landgerichts. Das Gericht führte in der mündlichen Urteilsbegründung aus, dass bei Gewaltaufrufen oder Äußerungen, die zu Gewalt führen könnten, die Grenze der verfassungsrechtlich geschützten freien Meinungsäußerung überschritten werde. Sie können daher je nach den konkreten Umständen im Einzelfall nicht nur den Straftatbestand des Billigens von Straftaten, sondern auch den Straftatbestand der Volksverhetzung erfüllen.

Das Gericht verwies insoweit auch auf die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts zu den Plakaten mit der Aufschrift „Hängt die Grünen“.

Das Revisionsgericht als Rechtskontrollinstanz sei aber an die Feststellungen des Berufungsgerichts gebunden, insbesondere an die vom Landgericht als glaubhaft angesehene Erklärung des Angeklagten, er sei nicht davon ausgegangen, dass sein Kommentar als Aufruf zu tatsächlichen Angriffen auf Demonstrationsteilnehmer verstanden würde. Die Begründung im angefochtenen Berufungsurteil sei hinsichtlich der Feststellungen, welchen Sachverhalt das Gericht für erwiesen erachtet, zwar sehr knapp, aber noch ausreichend. Es handle sich aber aus Sicht des Senats um einen Grenzfall, in ähnlich gelagerten Fällen sei eine Verurteilung jedoch durchaus denkbar.

Rechtsmittel gegen diese Entscheidung gibt es nicht.

tsp

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