Muss ein Unternehmen eine Gegendarstellung veröffentlichen, so muss diese die gleiche Aufmerksamkeit finden können, wie die Erstmitteilung. Es muss sichergestellt sein, dass der gleiche Interessentenkreis erreicht und der gleiche Grad an Aufmerksamkeit gewährleistet ist. Bei einem gesprochenen Text in einem Video verlangt dies eine Gegendarstellung, die ebenfalls gesprochen wird.
Bei einem gesprochenen Text in einem Video muss auch die Gegendarstellung eingesprochen werden. Das Kammergericht (KG) Berlin entschied, dass keine gestaltungsidentische Darstellung vorliege, wenn an entsprechender Stelle Musik eingespielt und der Schriftzug “ENTFERNTES BILD” gezeigt werde (KG Berlin, Beschluss vom 08.05.2024, Az. 10 W 38/24).
Damit hat das KG Berlin die sofortige Beschwerde eines Unternehmens gegen einen Beschluss des Landgerichts (LG) Berlin zurückgewiesen. Das LG hatte die Pflicht zur Veröffentlichung einer Gegendarstellung in gleicher Aufmachung wie die ursprüngliche Tatsachenbehauptung bestätigte.
Unternehmen zur Gegendarstellung verpflichtet
In einem Unternehmensvideo, das im Oktober 2023 veröffentlicht wurde, kam eine eingesprochene Textpassage mit einer Tatsachenbehauptung vor, die eine Person als falsche Darstellung wertete. Das LG Berlin ordnete daraufhin an, dass das Unternehmen eine Gegendarstellung in gleicher Aufmachung wie die ursprüngliche Behauptung veröffentlichen müsse (LG Berlin II, Beschluss vom 21.02.2024, Az. 27 O 452/23).
Soforthilfe vom Anwalt
Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.
Gegendarstellung muss gleiche Aufmerksamkeit erzielen
Das KG bestätigte die Entscheidung des LGs und wies die Beschwerde des Unternehmens zurück. Es stellte klar, dass die Gegendarstellung genauso wie die ursprüngliche Tatsachenbehauptung eingesprochen werden müsse. Eine Veränderung des Videos, bei der die ursprüngliche Behauptung lediglich durch Musik und den Text „ENTFERNTES BILD“ ersetzt wurde, sei nicht ausreichend.
Das KG Berlin führte aus, dass eine „gleiche Aufmachung“ gemäß § 20 Abs. 1 Satz 2 Medienstaatsvertrag (MStV) notwendig sei, um den Aufmerksamkeitswert der Gegendarstellung sicherzustellen. Dies bedeute, dass eine im Video gesprochene Tatsachenbehauptung auch durch eine gesprochene Gegendarstellung korrigiert werden müsse. So solle sichergestellt werden, dass die Gegendarstellung die gleiche Aufmerksamkeit erhalte wie die ursprüngliche Berichterstattung. Zudem verlange der Grundsatz der Waffengleichheit, dass die betroffene Person im gleichen Forum und mit derselben Reichweite zu Wort kommen müsse. Ein schriftlicher Abdruck erziele bei einem flüchtigen Betrachter jedenfalls nicht die gleiche Aufmerksamkeit wie ein gesprochener Text.
Eine Gegendarstellung nach § 20 Absatz 1 Satz 3 MStV verlange außerdem, wie vom LG auch beschlossen, dass die Gegendarstellung „in unmittelbarer Verknüpfung“ mit der Tatsachenbehauptung anzubieten sei. Es reiche nicht aus, die ursprüngliche Behauptung einfach zu löschen und an ihrer Stelle die Gegendarstellung zu veröffentlichen. Ein Hinweis (Link) auf die ursprüngliche Behauptung sei erforderlich, um sicherzustellen, dass die Gegendarstellung denselben Interessentenkreis erreiche.
Die Kosten des Verfahrens hat das Unternehmen zu tragen. Das KG sah keinen Anlass, die Rechtsbeschwerde zuzulassen.
Fazit
Diese Entscheidung unterstreicht die strengen Anforderungen an die Veröffentlichung von Gegendarstellungen in Videos. Unternehmen müssen sicherstellen, dass Gegendarstellungen in der gleichen Art und Weise präsentiert werden wie die ursprünglichen Behauptungen, um die gleiche Aufmerksamkeit zu gewährleisten.
Wir von WBS sind Ihnen gerne behilflich
Unser erfahrenes Expertenteam im Medienrecht steht Ihnen jederzeit zur Verfügung und berät Sie individuell mit maßgeschneiderten Lösungen. Rufen Sie uns unter 0221 / 951 563 0 (Beratung bundesweit) an.
tsp