Eine Gegendarstellung darf in einem öffentlich zugänglichen Online-Archiv nicht mehr abrufbar sein, wenn die dazugehörige unzulässige Erstmitteilung entfernt wurde. Die Verknüpfung von Erstmeldung und Gegendarstellung ist so eng, dass die Persönlichkeitsrechte des Betroffenen auch allein durch die selbst verfasste Gegendarstellung beeinträchtigt werden, entschied der BGH.

Die BILD veröffentlichte am 15. Januar 2016 in ihrer Online-Ausgabe (bild.de) einen Artikel über einen CDU-Kommunalpolitiker aus dem Odenwald, in dem berichtet wurde, dass die Polizei gegen ihn wegen Zuhälterei ermittle und er bereits einen Großteil dieser Taten gestanden habe. Nachdem am 24. Januar 2016 seine Gegendarstellung, in der er die Behauptungen erst wörtlich wiedergab und sie dann richtigstellte, veröffentlicht wurde, wurde die Erstmeldung später aufgrund einer einstweiligen Verfügung gelöscht und auch aus dem Pressearchiv entfernt. Die Gegendarstellung konnte aber weiterhin über die URL und die Suchfunktion im Online-Archiv abgerufen werden. Der Politiker ging dagegen vor und forderte die Löschung seiner Gegendarstellung.

Das Landgericht (LG) Frankfurt a.M. und das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt gaben seiner Klage statt (Urt. v. 27.08.2020, Az. 16 U 279/19). Nun bestätigte auch der Bundesgerichtshof (BGH) den Anspruch auf Entfernung und entschied, dass eine presserechtliche Gegendarstellung aus dem Archiv gelöscht werden muss, wenn die unzulässige Erstmitteilung dort nicht mehr zum Abruf bereitgehalten wird (Urt. v. 28.09.2021, Az. VI ZR 1228/20).

Eingriff in allgemeines Persönlichkeitsrecht

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Der BGH stützte den Löschungsanspruch des Politikers auf §§ 1004 Abs. 1 Satz 2 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG und betonte, dass die Bereithaltung des Artikels zum öffentlichen Abruf das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen verletze.

Zwar stelle die Gegendarstellung die Erstmitteilung gerade richtig, aber wegen des Zitats der Falschmeldung werde das Recht der persönlichen Ehre und des guten Rufs reflexartig wiederum beschädigt, weil sie die Vorwürfe der Zuhälterei aus der Erstmeldung spiegele. Die Vorwürfe würden damit – wenn auch in verneinter Form – in Erinnerung gerufen. Dadurch geben sie Anlass und eröffnen Raum für Spekulation und beeinträchtigen das Ansehen des Politikers, so die Richter.

Dem stehe auch nicht entgegen, dass der Politiker die Gegendarstellung selbst verfasst und die Veröffentlichung verlangt habe. Er sei rechtlich gezwungen gewesen, bei Formulierung seiner Gegendarstellung an die Erstmitteilung anzuknüpfen und die Behauptungen, die er richtiggestellt haben wollte, konkret wiederzugeben. Er habe die Informationen aus Sicht des BGH gerade nicht freiwillig veröffentlicht. Die Richtigstellung dürfe deshalb nicht gegen den Betroffenen verwendet werden – vor allem nicht gegenüber dem Erstschädiger, der die Ursache der Gegendarstellung erst gesetzt habe. Da das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen weiter beeinträchtigt werde und die BILD demgegenüber keinerlei schützenswertes Veröffentlichungsinteresse mehr habe, sei die weitere Vorhaltung auch rechtswidrig.

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