Das Informationsfreiheitsgesetz verschafft Bürgern keinen Anspruch auf Einsicht in Twitter-Direktnachrichten, die das Bundesinnenministerium erhalten und versandt hat. Das hat das Bundesverwaltungsgericht auf eine Klage des Betreibers der Internetseite „FragDenStaat“ entschieden.

Im Gegensatz zu anderen sozialen Netzwerken ist der Kurznachrichtendienst Twitter im Normalfall öffentlich: Anders als beispielsweise bei Facebook machen es dort nur wenige Nutzer generell von ihrer Zustimmung abhängig, dass andere ihre Posts sehen können. Wer dennoch diskret kommunizieren möchte, kann stattdessen eine sogenannte Direktnachricht verschicken. Diese ermöglichen es zu kommunizieren, ohne dass andere Nutzer die Nachrichten lesen können. In den Jahren 2016 bis 2018 hat das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) die Direktnachrichten für informelle Kommunikation genutzt. Diese umfasste unter anderem Terminabsprachen, Danknachrichten für Bürgeranfragen etwa betreffend Tipp- und Verlinkungsfehler oder Fragen von Journalisten nach zuständigen Personen. Die Direktnachrichten werden beim BMI selbst nicht gespeichert, sie sind für das BMI aber bei der Twitter Inc. abrufbar.

Die Initiative „FragDenStaat“ wollte unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz (IFG) sämtliche dieser Nachrichten an das BMI sowie dessen Antworten sehen. „FragDenStaat“ ist eine Internetplattform, über die Anfragen auf Basis des IFG sowie anderer Gesetze an Behörden gestellt werden können. Gemäß § 1 Abs. 1 IFG hat jeder Bürger gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Das BMI verwehrte aber die Einsicht und entgegnete, die Direktnachrichten hätten nicht in Akten aufgenommen werden müssen, da ihnen keine Aktenrelevanz zukomme. Insofern handele es sich nicht um amtliche Informationen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) verneinte nun ebenfalls das Vorliegen von amtlichen Informationen und wies die Klage des Betreibers von „FragDenStaat“ ab (Urt. v. 28.10.2021, Az. 10 C 3.20).

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Vorinstanz legte „amtliche Informationen“ weit aus

Das Verwaltungsgericht (VG) Berlin hatte der Klage zunächst stattgegeben (Urt. v. 26.08.2020, Az. 2 K 163.18). Der Begriff der amtlichen Informationen sei weit auszulegen und erfasse allein solche Informationen nicht, die ausschließlich und eindeutig privaten (persönlichen) Zwecken dienten. Das Gericht betonte außerdem die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger. Daher verpflichtete es das Ministerium, Einsicht in sämtliche Direktnachrichten zu gewähren, die dort binnen zwei Jahren eingegangen sind und versandt wurden – mit Ausnahme der Namen, Usernamen und Telekommunikationsnummern von natürlichen Personen.

BVerwG: „Kein amtlicher Vorgang“

Auf die Sprungrevision des BMI hat das BVerwG die Klage aber abgewiesen. Amtliche Informationen setzen voraus, dass ihre Aufzeichnung amtlichen Zwecken dient, so das Gericht. Der Gesetzgeber verlange mit dieser Definition eine bestimmte Finalität der Aufzeichnung. Nicht nur die Information selbst müsse amtlichen Zwecken dienen, sondern gerade ihre Aufzeichnung. Dies sei bei Twitter-Direktnachrichten nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Bei Nachrichten, die wie hier aufgrund ihrer geringfügigen inhaltlichen Relevanz keinen Anlass geben, einen Verwaltungsvorgang anzulegen, sei dies jedoch nicht der Fall. Die Speicherung erfolge bei der Twitter Inc. nach deren Geschäftsmodell. Das BMI habe der Speicherung durch die Twitter Inc. keinen amtlichen Zweck beigegeben. Ein solcher sei auch vor dem Hintergrund der Registraturrichtlinie der Bundesministerien und den Grundsätzen einer ordnungsgemäßen Aktenführung nicht ersichtlich. Ein Anspruch auf Einsicht in die Twitter-Direktnachrichten wurde deshalb abgelehnt.

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