Presseberichte über den Gesundheitszustand von Michael Schumacher sind ohne Zustimmung unzulässig. Die Aussage, er habe „warme Hände“, ermögliche einen Rückschluss auf seinen Gesundheitszustand und verletze daher Schumachers Persönlichkeitsrecht. Das entschied nun der BGH.

Von Aécio Neves – Wellington Pedro/Imprensa MG, CC BY 2.0

Der ehemalige Formel 1-Rennfahrer Michael Schumacher verunglückte im Jahr 2013 bei einem Skiunfall schwer und befindet sich seither in medizinischer Betreuung. Auch wenn die Angehörigen von Michael Schumacher sich in der Öffentlichkeit kaum über seinen Gesundheitszustand äußern, ist das Thema regelmäßig in der Presselandschaft zu finden.

Im Jahr 2018 besuchte der Erzbischof Georg Gänswein die Schumacher-Familie. Über diesen Besuch gab der Erzbischof Details gegenüber der “Bild” und der Zeitschrift “Bunte” preis. Weiterhin berichteten die zwei von der Bauer Media Group betriebene Internet-Portale maennersache.de und intouch.wunderweib.de darüber. Dort zitierten sie Gänswein unter anderem wie folgt:

„[…] dann brachte ein Therapeut Michael Schumacher ins Wohnzimmer.

Ich begrüßte Michael Schumacher und hielt seine Hände, die warm waren.

„[…] Sein Gesicht ist so, wie wir alle es kennen, das typische Michael Schumacher Gesicht; nur ein wenig fülliger ist er geworden.

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Gegen diese Passagen wandte sich Schumacher und nahm den Verlag auf Unterlassung in Anspruch.

OLG: Das öffentliche Interesse und die Pressefreiheit überwiegen

Nachdem das Landgericht (LG) Frankfurt einen Unterlassungsanspruch weitestgehend anerkannte hatte, wies das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt die Klage auf Berufung der Bauer Media Verlagsgruppe hin vollständig ab. Nach Überzeugung des OLGs habe das öffentliche Interesse sowie die Pressefreiheit Vorrang gegenüber dem Persönlichkeitsrecht. Das begründete das Gericht damit, dass zitierte Aussagen wie ein „fülligeres Gesicht“ oder „warme Hände“ kaum einen gewichtigen Aussageinhalt über Schumachers Gesundheitszustand beinhalten würden. Zudem sei nur bekannt, dass ein Therapeut Michael Schumacher ins Wohnzimmer brachte, nicht jedoch, ob er dabei gestützt wurde, sich im Rollstuhl befand oder sonst wie transportiert wurde.

BGH: Angaben über den Gesundheitszustand verletzen Persönlichkeitsrecht

Gegen diese Entscheidung legte der Rekordweltmeister Revision ein und hatte nun vor dem Bundesgerichtshof (BGH) teilweise Erfolg. Manche von den Online-Portalen zitierten Äußerungen des katholischen Erzbischofes seien Beobachtungen zu gesundheitlichen Aspekten, so der BGH. Diese Angaben sowie die Umstände von Schumachers Genesung, würden vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht umfasst, sodass eine Berichterstattung – ohne Schumachers Einwilligung – dieses erheblich beeinträchtige. Die Angabe, dass der ehemalige Formel 1-Fahrer von einem Therapeuten ins Wohnzimmer gebracht worden sei, suggeriere, dass bei ihm motorische Einschränkungen vorlägen. So entstehe der Eindruck, dass sich Schumacher in einem pflegebedürftigen Zustand befinde. Bei einem gesunden Menschen seien Aussagen über “warme Hände” oder die “Mimik” zwar nebensächlich, bei einem Prominenten, der seit einem Unfall nicht mehr öffentlich gesehen wurde, läge der Fall jedoch anders. Solche Aussagen hätten nichts in der Öffentlichkeit zu suchen.

Recht auf Privatsphäre

Jeder habe laut BGH das Recht „in Ruhe gelassen zu werden“. Zu dem Schutz der Privatsphäre gehöre auch das Recht, den Einblick durch andere auszuschließen. Davon umfasst sei auch der Gesundheitszustand eines Menschen. Zwar gebe es ein hohes öffentliches Interesse an Schumachers Gesundheitszustand, dieses rechtfertige aber nicht die Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts – zumindest ohne Einwilligung nicht.

jsc