Eine Polizistin war für eine Demo eingeteilt und fand sich später im YouTube-Video einer umstrittenen rechten Rockband wieder, gegen deren Auftritt demonstriert wurde. Das OLG Frankfurt sprach ihr nun eine Geldentschädigung zu.

Die zu reinen werbe- bzw. kommerziellen Zwecken nicht anlassbedingte, kurze ungerechtfertigte Bildaufnahme einer Polizeibeamtin im Dienst verletzt ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat daher einer Polizistin insbesondere unter Berücksichtigung der Reichweite der Verbreitung des Musikvideos einerseits und der Kürze der Darstellung andererseits eine Geldentschädigung in Höhe von 2.000,00 € zugesprochen (OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 19.5.2021, Az. 13 U 318/19).

Polizistin bei Einsatz für YouTube-Video gefilmt

Die Klägerin ist Polizeibeamtin. Sie war zu einer Demo vor der Bremer ÖVB-Arena gegen den Auftritt einer Rockband eingeteilt, welche dem sog. Identitätsrock zugeordnet wird. Diese Musikrichtung ist in der Neonaziszene verbreitet. Doch diese Demo nutzte die Band ihrerseits für eigene Video-Aufnahmen. Dabei wurde die Polizistin ohne ihr Wissen und ohne ihre Einwilligung gefilmt. Diese Filmaufnahmen wurden später in einem Musikvideo zu Werbezwecken verwendet, dass auf YouTube veröffentlicht und über 150.000-mal aufgerufen wurde. Die Polizistin war dort – in Zeitlupe – für einen Zeitraum von ca. 2 Sekunden zu sehen. Nach einer Abmahnung ist sie in dem Musikvideo nur noch verpixelt zu sehen.

Sie verlangte die Erstattung ihrer für die Abmahnung entstandenen Rechtsanwaltskosten sowie eine Geldentschädigung in Höhe von 5.000,00 €. Das Landgericht (LG) Darmstadt hatte der Klage umfassend stattgegeben (LG Darmstadt, Urteil vom 4.9.2019, Az. 23 O 159/18). Die hiergegen eingelegte Berufung hatte lediglich hinsichtlich der Höhe der Geldentschädigung Erfolg.

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Aufnahmen dienten nicht der Meinungsbildung

Das OLG Frankfurt a.M. bestätigte, dass die Polizistin wegen einer schwerwiegenden Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts einen Anspruch auf eine Geldentschädigung habe.

Die Verbreitung bzw. Zurschaustellung ihrer Bilder sei rechtswidrig erfolgt. Insbesondere sei sie durch ihren Einsatz als Polizeibeamtin nicht Teil eines zeitgeschichtlichen Ereignisses geworden, hinsichtlich dessen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit ihr Schutzinteresse überwiegen würde.

Es sei vielmehr, so die Richter, „vorliegend kein Gesichtspunkt erkennbar, der im Rahmen einer öffentlichen Meinungsbildung im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Polizeieinsatz auch nur ansatzweise die persönliche Identifizierbarkeit der Polizistin erforderlich machen könnte“.

Eine Meinungsbildung über den Polizeieinsatz im Bereich der ÖVB-Arena sei vielmehr völlig unabhängig von der Teilnahme der Polizistin möglich gewesen. Die durch die Zeitlupeneinstellung besonders hervorgehobene Darstellung habe damit nicht der Information der Öffentlichkeit im Rahmen der Kontrolle des staatlichen Machtmonopols gedient, sondern sei allein „von dem kommerziellen Verwertungsinteresse der Beklagten bei Erstellung und Verbreitung des streitgegenständlichen Musikvideos getragen“ gewesen. „Derartige wirtschaftliche- bzw. Werbeinteressen treten regelmäßig hinter das Interesse des Abgebildeten“, betonte das OLG.  

Geldentschädigung auch wegen YouTube-Veröffentlichung

Darüber hinaus würden für die Verbreitung von Bildern von Polizeibeamten im Einsatz im Prinzip die gleichen Regeln wie für Privatpersonen gelten: Sie dürften einzeln nur dann aufgenommen werden, wenn ihr Verhalten Anlass dazu gebe, stellte das OLG fest. Eine solche anlassbedingte Situation habe hier jedoch nicht vorgelegen.

Die Höhe der Geldentschädigung sei auf Basis der Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls festzusetzen. Angemessen, aber auch ausreichend seien hier 2.000,00 €. Zu berücksichtigen sei einerseits, dass das Musikvideo auf der Plattform YouTube mehr als 150.000-mal aufgerufen worden sei. Der Beweggrund zur Veröffentlichung sei zudem ausschließlich kommerziell begründet gewesen. Zu beachten sei andererseits, dass die Bildsequenz, in der die Polizistin zu sehen sei, nur gut 2 Sekunden andauerte und mit ihrer Bilddarstellung keine ehrenrührige oder gar verächtlichmachende Darstellung verbunden gewesen sei.