Eine Streitigkeit zwischen mehreren TikTok-Nutzern ist so eskaliert, dass nun die Gerichte zu entscheiden hatten. Ein Nutzer verlangte Unterlassung einer Aussage, obwohl er dabei nicht namentlich genannt wurde. Das OLG Dresden gab ihm Recht und bejahte eine Erkennbarkeit trotzdem.

Wer gegen eine Äußerung auf Social Media gerichtlich vorgehen will, muss nicht beim Namen genannt worden sein. Ein Nutzer kann auch ohne Namensnennung hinreichend erkennbar im Sinne des Äußerungsrechts sein – auch wenn er ein Pseudonym nutzt. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Dresden (Beschl. v. 23.04.2024, Az. 4 W 213/24).

Hintergrund des Verfahrens war ein Streit auf der Kurzvideoplattform TikTok. Es ist nicht selten, dass Streitigkeiten zwischen Community-Mitgliedern dort in Livestreams ausgetragen werden. So auch in diesem Fall, in dem eine TikTokerin per Livestream einem anderen TikToker (Pesudonym: „Mr. K…“) persönliche Rachepläne unterstellt hatte. Nach den Behauptungen der Streamerin hätten gewisse Personen seit 2022 gemeinschaftlich geplant, sie „von Tschetschenen“ verschleppen und vergewaltigen und sonst wie angreifen zu lassen. Sie benannte „Mr. K…“, der Teil der angesprochenen Gruppe war, dabei nicht beim Namen. Die Beteiligten bekämen dafür ihr zufolge Bezahlung in Form von TikTok-Livestream-Geschenken („Sei es ein Stuhl, sei es ein Universum, sei es ein Löwe, sei es eine Galaxy“).

Der TikToker verlangte in der Folge zunächst vor dem Landgericht (LG) Chemnitz Unterlassung, was dort ohne Anhörung zurückgewiesen wurde. In den „verwirrenden Statements“ der TikTokerin sei keine Persönlichkeitsverletzung von gewisser Erheblichkeit zu sehen gewesen. Das OLG Dresden entschied nun aber anders.

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Die Identifizierbarkeit auf Social Media

Da er nicht beim Namen genannt wurde, war umstritten, ob er in den Ausführungen im Livestream überhaupt erkennbar dargestellt und somit betroffen war.

Das Gericht stellte aber klar, dass es für eine Identifizierbarkeit nicht darauf ankomme, ob alle Zuschauer, ein erheblicher Teil von ihnen oder ein „Durchschnittszuschauer“ den Betroffenen direkt identifizieren könne. Es reiche aus, dass die Informationen an Personen geraten, die aufgrund sonstiger Kenntnisse den Bezug herstellen könnten. Da der TikToker dies begründet befürchten durfte, sei er hinreichend erkennbar gewesen.

In diesem Fall ließ sich der Bezug herstellen, da die Livestreamerin eine Person erwähnte, die sie „vor Gericht gezogen hatte“ – was auf den TikToker zutraf. In der Vergangenheit habe die Streamerin den TikToker außerdem bereits identifizierbar beim Namen genannt und private Dinge über ihn behauptet. Für einen interessierten Personenkreis – etwa regelmäßige Zuschauer der Streams und Videos der Streamerin – ließe sich deshalb ein ausreichender Bezug herstellen. Das habe auch der Kommentar einer Nutzerin bestätigt, die den TikToker offenbar erkannt habe.

Ehrverletzung von erheblichem Gewicht

Das OLG stellte eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts fest (Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. § 823 BGB) und stellte außerdem klar, worauf es bei der Beurteilung von verletzenden Äußerungen im Internet ankomme. Die gerichtliche Perspektive sei damit nicht die des Betroffenen, sondern eines unvoreingenommenen Publikums.

Es räumte ein, dass die „Beiträge zwar sprachlich missglückt, schwer verständlich und verworren“ gewesen seien, aber dennoch sei klar erkennbar gewesen, dass die Streamerin von Racheplänen sprach. Sie könne sich auch nicht darauf berufen, die Aussagen „nicht ernst gemeint“ zu haben – auch nicht unter Verweis darauf, dass sie inhaltlich abwegig seien.

Das Gesetz schütze vor ehrverletzenden Äußerungen in jeder Form. Ob es sich dabei um Meinungsäußerungen oder um falsche Tatsachenbehauptungen handele, sei dafür nicht erheblich, so das Gericht.

Im Ergebnis wurde die Beschwerde des TikTokers jedoch als unbegründet abgewiesen, da sich die beiden Beteiligten bereits vor der Vorinstanz verglichen hatten. Die Streamerin war daher längst zur Unterlassung verpflichtet.

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