Der grundlegende Sachverhalt war klar: Ein LKW touchierte einen Porsche in einem zweispurigen Baustellenbereich – die Schuldfrage in diesem Fall war hingegen nicht so leicht zu klären. Wie sich herausstellte, fuhr der LKW zu weit links. Der Porsche Cayenne war jedoch eigentlich zu breit, um auf der linken Spur des Baustellenbereichs zu fahren. Das LG Hagen musste klären, wer in einem solchen Fall für den Schaden aufzukommen hat.

Ist ein Auto zu breit für die linke Spur und fährt das andere zu weit links, sind beide gleichermaßen für die Kollision verantwortlich. Das urteilte nun das Landgericht (LG) Hagen, nachdem der Fahrer eines Porsche-Cayenne alle angefallenen Kosten von der Versicherung des beteiligten LKW-Fahrers erstattet haben wollte. Das LG Hagen lehnte eine volle Inanspruchnahme der Versicherung unter anderem mit der Begründung ab, der Fahrer des Porsche habe seine Sorgfaltspflicht dadurch verletzt, dass er mit einem zu breiten Auto auf der linken Spur fuhr (Urt. v. 22.03.2022, Az. 4 O 101/20).

In einem zweispurigen Baustellenbereich wurde ein Porsche Cayenne, der sich auf dem linken Fahrstreifen befand und einen rechts fahrenden Lastwagen überholte, im Januar 2020 beim Überholvorgang von dem rechts fahrenden LKW touchiert. Der LKW geriet mehrere Zentimeter auf den linken Fahrstreifen, was zu einer Streifkollision führte. Bei der Kollision erlitt der Porsche erhebliche Schäden.

Die Netto-Reparaturkosten für die Kollision betrugen knapp über 4.000 Euro. Hinzu kamen für die Wertminderung 800 Euro, die Kosten für den Sachverständigen (knapp 750 Euro) sowie eine Kostenpauschale. Insgesamt forderte die Halterin des Wagens von der Versicherung des LKW-Fahrers also 5.598,02 Euro. Die Versicherung des LKW-Fahrers war nicht bereit, die volle Summe zahlen. Begründet wurde die Haltung damit, dass der Porsche Cayenne zu breit gewesen sei, um die linke Spur des Baustellenbereichs zu befahren. Folglich hätte der Porsche den LKW nie überholen dürfen. Dem Fahrer des Porsches sollte dieses Verbot auch bewusst gewesen sein. Schließlich habe ein Verkehrsschild im Baustellenbereich darauf hingewiesen, dass für die linke Spur ein Verbot für Fahrzeuge gelte, die breiter als 2,10 Meter sind. Der Cayenne-Fahrer war jedoch, wie sich herausstellte, davon ausgegangen, dass sein Fahrzeug mit 2,12 Meter nur geringfügig breiter gewesen sei.

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Porsche war mehrere Zentimeter zu breit

Wie später ein Sachverständiger feststellte, war das Auto tatsächlich sogar neun Zentimeter zu breit für die linke Spur. Im Gutachten wurde ausgeführt, dass sich eben diese Breite erheblich auf das Unfallgeschehen ausgewirkt haben könnte. Laut dem Sachverständigen wäre der Schaden bei einem schmaleren Auto möglicherweise deutlich geringer ausgefallen oder sogar ganz ausgeblieben.

Das LG Hagen schloss sich dieser Ansicht an. Das Gericht sah beim Porsche-Fahrer einen Verstoß gegen die Sorgfaltspflicht, der sich auf den Unfall ausgewirkt habe. Der LKW-Fahrer hingegen sei ebenfalls nicht frei von Schuld, wie das LG feststellte. Schließlich sei er etwa zehn Zentimeter in den linken Fahrstreifen eingefahren, obwohl rechts von ihm immer noch etwa 70 Zentimeter bis zur rechten Fahrstreifenbegrenzung Platz gewesen sei – so die Beurteilung des Sachverständigen. Dem LKW-Fahrer wurde daher ein Verstoß gegen §§ 1 und 7 der Straßenverkehrsordnung (StVO) zur Last gelegt.

Kosten wurden geteilt

Nach dem Gutachten des Sachverständigen stand also fest: Sowohl der LKW- als auch der Porsche-Fahrer trugen eine Schuld am Unfall. Der Porsche fuhr auf der linken Spur, obwohl das Auto die zulässige Breite überstieg. Der LKW hingegen fuhr zu weit links, obwohl rechts noch Platz gewesen war. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Pflichtverletzungen und Verursachungsbeiträge teilte das LG Hagen die Haftungsquote der beiden Unfallbeteiligten. Am Ende hatten beide Parteien jeweils 50 Prozent zu tragen. Dabei ging das Gericht von einer gleichen Betriebsgefahr beider Fahrzeuge aus, da sich eine gegebenenfalls höhere Betriebsgefahr des LKW nicht ausgewirkt habe.

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agr

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