Der Streit zwischen dem DFB und einem führenden Spielervermittler geht vor den EuGH. Dieser muss nun Fragen klären, ob die DFB-Reglements von 2015, welche erhebliche Einschränkungen für Spielervermittler mit sich bringen, möglicherweise gegen das Kartellverbot verstoßen.

Im Fußball gehören sie wie selbstverständlich dazu: Spielervermittler. Die Klubs geben Millionen für deren Dienste aus. Doch was dürfen sie wirklich? Und was darf der Deutschen-Fußball-Bund (DFB)?

Der einflussreiche Spielerberater Roger Wittmann, dessen Firma Rogon Kunden wie die Fußballprofis Thilo Kehrer oder Julian Draxler unter Vertrag hat, klagte gegen den DFB mit der Begründung, dass verschiedene Regelungen des DFB-Reglements zur Arbeit mit Vermittlern gegen das Kartellverbot verstoßen würden. Das Vorgehen wird von der Deutschen Fußballspieler-Vermittler Vereinigung unterstützt.

Im Verfahren geht es vor allem darum, inwieweit sich der DFB in das lukrative Geschäft der Spielerberater einmischen darf. Die Fußballverbände des Fußballweltverbands FIFA und des DFB wollen mit ihren eigenen Regelwerken auf dem millionenschweren Vermittlungsmarkt für mehr Transparenz und Kontrolle sorgen und damit mehr Gleichheit zwischen den mehr und weniger erfolgreichen Vereinen erreichen. Die Kläger rund um Roger Wittmann sind der Auffassung, dass diese Regelungen gegen das Kartellverbot verstoßen. Sie fordern daher Unterlassung.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat das Verfahren ausgesetzt und will zunächst vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entscheiden lassen, inwiefern das europäische Kartellverbot für das DFB-Reglement zur Spielervermittlung gilt (BGH, Beschluss vom 13. Juni 2023, Az. KZR 71/21).

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DFB-Regeln beeinflussen Spielervermittler

Der Fall birgt Sprengkraft, schließlich geht es um die umfassende und gleichzeitig millionenschwere Tätigkeit der oft eher öffentlichkeitsscheuen Spielervermittler, die im Bereich des DFB tätig sind. Sie werden von Vereinen oder Fußballern beim Abschluss eines Profivertrags oder bei Transfers engagiert. Die Zahlen belegen, wie lukrativ dieses Geschäft ist: Bundesliga Teams gaben allein 2021 zwischen 878.000 Euro (VfL Bochum) und 32,78 Millionen (Borussia Dortmund) für die Dienste der Spielervermittler aus. Auf internationalem Level waren es nach Angaben FIFA im Jahr 2022 rund 586 Millionen Euro.

Als Mitglied der FIFA ist der DFB den Regelungen der FIFA unterworfen und zur Umsetzung der Entscheidungen der FIFA verpflichtet. Im Zuge des von der FIFA verabschiedeten Reglements zur Arbeit mit Vermittlern erließ der DFB seinerseits das am 1. April 2015 in Kraft getretene eigene nationale Reglement für Spielervermittlung (RfSV). Dieses richtet sich nicht direkt an Spielervermittler, sondern an Vereine und Spieler, welche gegenüber dem DFB verpflichtet sind, die Regelungen einzuhalten. Verstöße gegen das Reglement können als unsportliches Verhalten sanktioniert werden. Vorgeschrieben ist unter anderem 

  • eine Registrierungspflicht für Vermittler;
  • die Abgabe einer Vermittlererklärung, die die Unterwerfung des Vermittlers unter diverse Statuten der FIFA, des Beklagten und der DFL, einschließlich der Unterwerfung unter die Verbandsgerichtsbarkeit, vorsieht;
  • die zusätzliche Verpflichtung einer natürlichen Person bei der Registrierung juristischer Personen;
  • ein Provisionsverbot für bestimmte Folgetransfers;
  • ein Provisionsverbot bei der Vermittlung Minderjähriger;
  • eine Pflicht zur Offenlegung von Vergütungen und Zahlungen an Vermittler.

In der Auseinandersetzung mit dem DFB stand vor allem die Vorgabe, sich als Spielerberater beim DFB registrieren zu lassen und damit dem Verband zu unterwerfen im Mittelpunkt.  

OLG Frankfurt erklärte DFB-Regeln für unwirksam

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hatte so per Urteil 2021 bereits teile des DFB-Reglements für unwirksam erklärt. Zwar seien laut OLG auf Grundlage der sogenannten Meca-Medina-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urt. v. 18.07.2006, Az. C-519/04) die Registrierungspflicht der Vermittler, die Verpflichtung der Bekanntgabe von Vergütungen und Zahlungen und das Verbot einer Honorarzahlung bei der Vermittlung von Minderjährigen gerechtfertigt.

Allerdings sei aus es kartellrechtlicher Sicht nicht hinnehmbar, dass der DFB-Spielervermittlern auferlege, alle Bestimmungen der FIFA und des DFB anzuerkennen und sich der Verbandsgerichtsbarkeit zu unterwerfen. Etliche Bestimmungen seien für die Spielervermittler weder inhaltlich noch vom Umfang her hinreichend bestimmbar und auch eine Unterwerfung unter die Verbandsgerichtsbarkeit sei nicht erforderlich.

Zudem könne das Verbot einer prozentualen Beteiligung des Spielervermittlers an einem Weitertransfer eines Spielers, der günstig verpflichtet wurde, beim neuen Verein voll einschlägt und teuer weiterverkauft wird, bei bestimmten Vertragskonstellationen aus kartellrechtlicher Sicht nicht gebilligt werden.

Auch die Vergütung bei der Vermittlung von Minderjährigen Spielern ist ein Streitpunkt. Vermittler und Scouts dürfen inzwischen überall auf der Welt nach Talenten fahnden, die wesentlich jünger als 18 sind und welche theoretisch mit vollendetem 16. Lebensjahr bereits in der Bundesliga spielen dürfen. Diese Talente müssen laut Vermittlern bei Verhandlungen auch vor den Vereinen und möglichen Knebelverträgen geschützt werden. Das OLG urteilte her jedoch zu Gunsten des DFB.

EuGH muss nun Kartellverbot prüfen

Gegen das Urteil gingen beide Seiten vor, sodass nun der BGH entscheiden musste. Der Streit zwischen DFB und Wittmann geht nun aber zunächst vor den EuGH. Der BGH will dort entscheiden lassen, inwiefern das europäische Kartellverbot für das DFB-Reglement zur Spielervermittlung gilt.

Die angegriffenen Regelungen des RfSV führen laut BGH zu einer spürbaren Wettbewerbsbeschränkung auf dem Markt der Spielervermittlung. Die Regelungen bewirken, dass die Spielervermittler ihr Verhalten an dem Regelwerk ausrichten müssen, um auf dem Vermittlungsmarkt tätig werden zu können. 

Die Entscheidung des Falls hänge nach Überzeugung der BGH-Richter maßgeblich davon ab, ob eine Einschränkung des Verbots des Art. 101 Abs. 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) in Betracht kommt. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind in bestimmten Fallkonstellationen bei der Anwendung des Kartellverbots der Gesamtzusammenhang, in dem der fragliche Beschluss zu Stande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen. Es ist weiter zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhängen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind.

Der EuGH hat bereits entschieden, dass diese Grundsätze auch im Bereich der Regelsetzung von Sportverbänden angewandt werden können, wenn diese – wie Regeln zur Dopingkontrolle – untrennbar mit der Organisation und dem ordnungsgemäßen Ablauf eines sportlichen Wettkampfs verbunden ist und gerade dazu dient, einen fairen Wettstreit zwischen den Sportlern zu gewährleisten (EuGH, WuW/E EU-R 1493Rn. 43, 45 – Meca-Medina). Ob das auch für ein Reglement wie das RfSV gilt, das die wirtschaftliche Handlungsfreiheit nicht vereinsgebundener Marktteilnehmer wie die Spielervermittler spürbar beschränkt, ist indes noch ungeklärt und muss nun vom EuGH beleuchtet werden.

Das BGH-Verfahren wird ausgesetzt, bis eine Entscheidung des EuGH ergeht. 

tsp