Der Interessenverband für das Rechts- und Finanzconsulting deutscher Online-Unternehmen e.V. (IDO) mahnte in der Vergangenheit zahlreiche Unternehmen ab und forderte Vertragsstrafzahlungen. Die Frage danach, ob der Verband überhaupt abmahnen durfte, entschied am 26.01.2023 der BGH. Was bedeutet das für laufende, aber auch neue Verfahren?

Der IDO-Verband mahnte bereits in den letzten Jahren mehrere Unternehmen ab und nahm sie auf Unterlassung und Vertragsstrafzahlungen in Anspruch. Es ist jedoch seit längerem umstritten, ob der Interessenverband überhaupt legitimiert war und ist, Abmahnungen auszusprechen. Nachdem ein Verfahren über eine Abmahnung durch drei Instanzen ging, hatte der Bundesgerichtshof (BGH) nun vorerst das letzte Wort in dieser Sache. Dieser urteilte, dass der IDO-Verband legitimiert sei und hob damit das vorinstanzliche Urteil auf (Urt. v. 26.01.2023, Az.: I ZR 111/22).

Fehlende Berechtigung für Abmahnungen

Ob der IDO-Verband überhaupt abmahnen durfte, war lange unklar. Viele Betroffene wehrten sich dagegen und teilweise auch mit Erfolg. Auch WBS.LEGAL übernahm erfolgreich eine Vielzahl von Fällen gegen den Verband.

Im März 2019 wurde eine Online-Händlerin für Katzenfutter von dem Interessenverbund abgemahnt und auf Unterlassung in Anspruch genommen. Sie soll auf ihren Verpackungen neben dem Gesamtpreis nicht auch noch den Grundpreis angegeben haben. Dies verstoße gegen die Preisangabenverordnung (PAngV), so der IDO-Verband.

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Die Händlerin ging gerichtlich dagegen vor, denn sie war der Meinung, dass der Verband nicht berechtigt sei, überhaupt Abmahnungen auszusprechen. Nach der bis zum 30. November 2021 geltenden Fassung des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) sind Verbände abmahnberechtigt, wenn ihnen eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehört, die in derselben Branche wie die abgemahnte Person tätig sind und wenn sie ihrer finanziellen und sachlichen Ausstattung nach, die Möglichkeit haben, die gesetzten Interessen der Mitglieder wahrzunehmen.

Zum Zeitpunkt der Abmahnung hatte der IDO-Verband 2.750 Mitglieder. Davon waren jedoch nur 43 tatsächlich aktiv und stimmberechtig und sogar 13 von ihnen waren Rechtsanwälte, also keine Unternehmen oder Vereine. Die übrigen Unternehmen waren zum Großteil auch nicht in der Branche der abgemahnten Person, der Tierfutterindustrie, tätig. Nur zwei Unternehmen waren letztlich aktiv und in der gleichen Branche tätig – aber auch selbst von diesen beiden Unternehmen zählte nur einer zu der Gruppe der „Online-Unternehmen“, wie die Klägerin.

Das Landgericht (LG) Krefeld, welches als erste Instanz entscheiden musste, wies die Klage der Händlerin ab. Das Gericht war überzeugt, dass dem Verband eine erhebliche Anzahl von Unternehmen angehöre, die auf einem gleichen oder ähnlichen Markt tätig seien. Es sei unerheblich, ob einzelne Unternehmen auch noch andere Produkte, neben dem Tierfutterbedarf, anböten. Ein rechtsmissbräuchliches Verhalten durch die Vielzahl der Abmahnungen gäbe es ebenfalls nicht, so die Richter.

Die von der Händlerin eingereichte Berufung zum Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf hatte wiederum Erfolg. Zwar läge tatsächlich ein Verstoß gegen die PAngV vor, dies sei aber hier irrelevant, da der IDO-Verband keine Prozessführungsbefugnis habe, so die Auffassung der entscheidenden OLG-Richter.

Es sei zwar egal, ob die Mitglieder aktiv oder passive Rechte hätten, also ob sie stimmberechtigt seien oder nicht. Vorliegend bestünden jedoch Anhaltspunkte dafür, dass die Mitgliedschaft in dem Verband nur dazu dienen sollte, künstlich eine Abmahnbefugnis zu schaffen. Daher würden die Interessen der Mitglieder nicht so wahrgenommen werden, dass dies tatsächlich eine Klagebefugnis nach dem UWG rechtfertigen würde.

Aktivlegitimation des IDO-Verbandes

Hiergegen legte der IDO-Verband Revision ein und der BGH entschied am 26.01.2023 schlussendlich zugunsten des Verbands: die Entscheidung des OLG wurde aufgehoben.

Die Mitgliederanzahl stünde der Befugnis für Abmahnungen nicht entgegen, da es nicht darauf ankommen soll, wie die mitgliedschaftlichen Rechte ausgestaltet seien, so das Urteil des BGH. Auch eine Vielzahl von Abmahnung würde nicht auf einen Rechtsmissbrauch hinweisen. Das Gericht folgte damit im Wesentlichen den Entscheidungsgründen des Landgerichts.

Der IDO-Verband durfte die betroffene Händlerin also abmahnen.

Darf IDO-Verband ab sofort ungehindert abmahnen?

Das Verfahren und die Frage nach der Befugnis begannen, bevor die Änderung des UWG in Kraft getreten ist. Die alte Fassung galt bis zum 30.11.2021. In allen Verfahren, die zu diesem Zeitpunkt schon vor Gericht waren, muss das Problem um die Abmahnbefugnis also gelöst werden.

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Zu beachten ist aber, dass es mittlerweile neue Anhaltspunkte für ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen des Verbandes gibt, die dem BGH bei seiner Entscheidung noch nicht vorlagen. Außerdem bezieht sich das Urteil auch nur auf Unterlassungsansprüche. Verfahren über Vertragsstrafen bleiben insoweit unabhängig von dem Urteil, wie es um die Anfechtbarkeit von Unterlassungserklärungen geht.

Die Frage, ob der IDO-Verband in den laufenden Verfahren abmahnen durfte und es weiterhin darf, ist also selbst durch das BGH-Urteil noch immer nicht geklärt.

Mit der neuen Fassung des UWG die seit dem 1.12.2021 in Kraft ist, braucht es für eine Legitimation des Verbandes übrigens eine Eintragung in Listen des Bundesjustizamts. Der IDO-Verband ist allerdings nach wie vor nicht in der Liste der qualifizierten Wirtschaftsverbände zu finden (hier aufrufbar), es fehlt ihm also nach neuer Gesetzesänderung die Abmahnbefugnis. Dies gilt für Abmahnungen ab dem 01.12.2021.

Wenn Sie eine Abmahnung oder Vertragsstrafenforderung des IDO-Verbandes erhalten haben, sollten Sie diese auf keinen Fall ignorieren. Wir raten Ihnen dazu, sich anwaltlich beraten zu lassen und keine voreiligen Entscheidungen zu treffen Unser erfahrenes Team von Anwälten hat schon viele solcher Fälle gegen den IDO-Verband erfolgreich übernommen und steht Ihnen bei einer Abmahnung und Forderung des IDO-Verbandes tatkräftig zur Seite.

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