Widerrufsjoker zum Ausstieg aus der Baufinanzierung
Wurden Verbraucher nicht klar genug darüber informiert, wann die Frist für einen eventuellen Widerruf ihrer Baufinanzierung beginnt, können sie zum sogenannten “Widerrufsjoker” greifen. Auch Jahre nach dem Vertragsschluss ist der Widerruf so immer noch möglich. Welche Verträge betroffen sind und was als Verbraucher zu tun ist – hier gibt es die Übersicht.
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Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) stellt mit seinem sensationellen Urteil vom 26.03.2020 das gesamte deutsche Verbraucherkreditrecht auf den Kopf. Für Verbraucher, die bislang noch gezögert haben, von ihrem Recht zum Widerruf Gebrauch zu machen, ist jetzt der Moment gekommen, um zu handeln!
Widerrufsfristen von Baukrediten
Gemäß §355 Abs. 2 BGB besteht im Rahmen der Vertragsschließung mit einem Verbraucher die Pflicht zur Einräumung einer Widerrufsfrist von 14 Tagen.
„ Sie beginnt mit Vertragsschluss, soweit nichts anderes bestimmt ist.“
Bei aufwändigen Verträgen – unter anderem auch Baufinanzierungen – beginnt die Frist jedoch nicht mit Vertragsschluss, sondern in der Regel erst dann, wenn dem Darlehensnehmer alle sogenannten Pflichtangaben zugegangen sind.
Welche das konkret sind bestimmt §492 Abs. 2 BGB. Jedoch – und hier liegt nun das Problem, auf welches der Europäische Gerichtshof in einem Urteil aus April 2020 hinweist. Denn die meisten Baufinanzierer wiesen in ihren Darlehensverträgen nur auf den Paragraphen hin; lieferten die entsprechenden Pflichtangaben aber nicht direkt.
Der Europäische Gerichtshof wertet dieses Vorgehen als nicht zulässigen „Kaskadenverweis“. Dem Verbraucher sei nicht zumutbar, dass er sich selbst von Gesetzesnorm zu Gesetzesnorm hangeln müsse.
„Verbraucherkreditverträge müssen in klarer und prägnanter Form die Modalitäten für die Berechnung der Widerrufsfrist angeben.“
EuGH (Aktenzeichen C-66/19)
Welche Verträge sind betroffen?
Festgestellt wurde der Verstoß gegen die Bestimmungen der Pflichtangaben in einem Verfahren gegen die Sparkasse Saarlouis, die mit einem Verbraucher (dem Kläger) einen Darlehensvertrag zur Baufinanzierung abgeschlossen hatte. Genau dort wurde die Problematik des Kaskadenverweises identifiziert. Verbraucher, die ihren Widerrufsjoker für Baufinanzierungen nutzen möchten, haben aufgrund des Ausgangsfalls also gute Chancen, dass dies zulässig ist.
Betroffen sind vor allem Verträge, die zwischen dem 10. Juni 2010 und dem 20.03.2016 geschlossen wurden. In diesem Zeitraum wurde von den meisten Kreditgebern ein Mustervertrag verwendet, der eben diesen problematischen Verweis, statt direkter Angaben zum Beginn der Widerrufsfrist enthält. Jedoch gilt: Lassen Sie ihren jeweiligen Darlehensvertrag individuell prüfen! Pauschal und anhand des lediglichen Datums lässt sich nicht feststellen, welcher Vertrag betroffen ist. Ein erfahrener Rechtsanwalt wird die entsprechenden Passagen jedoch schnell analysieren können.
Was bringt der Widerrufsjoker?
Ist die Widerrufsbelehrung im Darlehen zur Baufinanzierung fehlerhaft, lässt sich der Vertrag nach wie vor widerrufen. Rechtlich bedeutet das: der Vertrag wird so rückabgewickelt, als hätte er nie bestanden.
In der Praxis wurde dazu übergegangen, dass die Banken bei einem Widerruf folgendes Vorgehen akzeptieren:
- Der Verbraucher reicht den Widerruf ein.
- Die Bank akzeptiert den Widerruf. (Achtung! Viele Banken lassen es auf rechtliche Schritte ankommen und akzeptieren zunächst nicht.)
- Der Verbraucher muss innerhalb von 30 Tagen den Restbetrag zurückzahlen, der nach Aufrechnung der gegenseitigen Forderungen verbleibt.
- Für diese Restzahlung (Anschlussfinanzierung) besorgt sich der Verbraucher einen neuen Kredit – zu deutlich besseren Konditionen.
Somit dürfte der Verbraucher in den meisten Fällen wirtschaftlich deutlich besser gestellt sein als ohne Widerrufsjoker. Denn ein neues Darlehen zur Baufinanzierung dürfte es mittlerweile zu sehr viel günstigeren Konditionen geben.
Rechenbeispiel: Verbraucher V nimmt im Juli 2013 einen Kredit bei seiner Hausbank B auf, um den Hausbau zu finanzieren. Der Darlehensvertrag bestimmt eine Darlehenssumme von 250.000 Euro und wird mit 2,8 Prozent verzinst. Im Juli 2014 beginnt V mit der Abbezahlung der Kredits durch monatliche Raten in Höhe von 2000 Euro. Seine Restschuld beträgt (Stand April 2020) somit knapp 150.000 Euro. Widerruft V jedoch seinen Darlehensvertrag und handelt für eine Anschlussfinanzierung einen Zinssatz von 1,2 Prozent aus, beträgt die Restschuld nur noch knapp 110.000 Euro. V würde durch den Widerruf also gut 40.000 Euro sparen.
Widerruf mit Rechtsanwalt – warum?
Einige Banken sind dazu übergegangen, Widerrufe ihrer Kunden zunächst einmal zu ignorieren. Oft wird erst dann reagiert, wenn der Kunde versucht, mithilfe eines Rechtsanwalts sein Widerrufsrecht geltend zu machen. Oft übernimmt eine Rechtsschutzversicherung jedoch nach dem ersten erfolglosen Versuch die Kosten für das Tätigwerden eines Anwalts.
Aber auch aus Gründen der Rechtssicherheit sollten Sie vorab Kontakt zu einem Anwalt aufnehmen. Denn dieser muss Ihren Vertrag zunächst einmal auf mögliche Rechtsfehler in der Widerrufsbelehrung prüfen. Liegen diese vor, muss der Widerruf schriftlich gegenüber dem Kreditgeber erfolgen. Hier verfügen anwaltliche Schreiben meist über eine deutlich höhere Wirkungskraft und führen dazu, dass die Bank tätig wird und von sich auf eine Lösung vorschlägt – beispielsweise eine Anschlussfinanzierung zu einem deutlich besseren Zinssatz.
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