Wer einen Kreditvertrag über den Kauf eines Autos schließt und nicht ordnungsgemäß über sein Widerrufsrecht belehrt wurde, dem steht ein „ewiges Widerrufsrecht“ zu. Dieses auch nach Jahren auszuüben, ist nicht rechtsmissbräuchlich, so der EuGH.

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat ein erneutes Urteil zum sog. ewigen Widerrufsrecht gefällt: Dieses stehe Verbrauchern zu, die ihren Autokauf mit einem Kreditvertrag finanziert haben, aber nicht ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt wurden. Allerdings nur, solange der Vertrag noch nicht vollständig erfüllt wurde – in der Regel bis zur Fälligkeit der letzten Rückzahlungsrate. Leasingverträge ohne Kaufverpflichtung seien hingegen nicht widerrufbar (Urt. v. 21.12.2023, Rs. C-38/21, C-47/21 und C-232/21).

Bereits 2021 hatte der EuGH entschieden, dass ein solches ewiges Widerrufsrecht bei Kreditverträgen bestehen kann. Neu ist aber insbesondere die Tatsache, dass Verbraucher definitiv nicht rechtsmissbräuchlich handeln, wenn sie später davon Gebrauch machen.

Vorlage des LG Ravensburg

Mehrere Verbraucher machen vor dem Landgericht (LG) Ravensburg geltend, sie hätten Leasing- oder Kreditverträge mit Banken von Autoherstellern (BMW Bank, Volkswagen Bank und Audi Bank) wirksam widerrufen. Zum einen ging es um das Leasing eines Fahrzeugs ohne Kaufverpflichtung. Der dazugehörige Vertrag mit der Bank wurde fernmündlich geschlossen. Bei dem anderen Vertrag ging es um die Finanzierung eines Gebrauchtwagens. Einer von ihnen machte jedoch erst von seinem Widerrufsrecht Gebrauch, nachdem der Kredit vollständig zurückgezahlt worden war.

Die Verbraucher sind der Ansicht, die Widerrufsfrist von 14 Tagen habe nicht zu laufen begonnen, weil sie bei Vertragsschluss nicht hinreichend über ihre Rechte und Pflichten informiert worden seien. Die Banken machen geltend, ein Widerruf nach so langer Zeit sei jedenfalls als missbräuchlich zu qualifizieren. Das LG Ravensburg hat hierzu den EuGH befragt.

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EuGH präzisiert ewiges Widerrufsrecht

Dieser entschied, dass bei Leasingverträgen überhaupt kein Widerrufsrecht bestehe, wenn man nach dem Vertrag nicht verpflichtet ist, das Fahrzeug am Ende der Leasingperiode zu kaufen. Dies gelte auch dann, wenn der Vertrag im Fernabsatz oder außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde.

In Bezug auf die Kreditverträge könne ein solches Widerrufsrecht hingegen bestehen. Voraussetzung sei, dass die Informationen, die der Unternehmer bei Vertragsschluss erteilen muss, unvollständig oder fehlerhaft waren. Zudem müsse sich dies auf die Befähigung des Verbrauchers ausgewirkt haben, den Umfang seiner Rechte und Pflichten einzuschätzen, und auf seine Entscheidung, den Vertrag zu schließen. In einem solchen Fall könne die Ausübung Widerrufsrechts nach Ablauf der 14-Tages-Frist keinesfalls als missbräuchlich angesehen werden – auch wenn dies lange nach Vertragsschluss geschieht. Sobald der Kreditvertrag vollständig erfüllt wurde, könne der Verbraucher hingegen nicht mehr von seinem Widerrufsrecht Gebrauch machen.

Was bedeutet das in der Praxis?

In der Praxis führt die Ausübung des Widerrufsrechts zu folgender Konsequenz: Das Fahrzeug ist – im Zweifel an die Bank – zurückzugeben und man erhält dafür die bisher gezahlten Raten und Anzahlungen zurück. Für die zwischenzeitliche Nutzung wird jedoch – je nach Vertrag – eine Nutzungsentschädigung vom Verbraucher fällig. Daher muss in jedem Fall individuell geprüft werden, ob sie ein Widerruf im konkreten Fall finanziell lohnt.