Wer als Journalist im Rahmen seiner Berichterstattung einen Link auf eine Seite mit rechtswidrigen Inhalten setzt, darf dafür normalerweise nicht in Haftung genommen werden. Dies gilt vor allem dann, wenn ein Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit besteht. Anders ist die Sache nur, wenn man sich den Inhalt dieser Webseite zu Eigen gemacht hat. Dies ergibt sich aus einem Urteil des Landgerichtes Braunschweig.

Mit Urteil vom 05.10.2011 hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen Spiegel Online zurückgewiesen. Der Antrag des Verfügungsklägers, Mitglied der Burschenschaft Tuiskonia Karlsruhe, war auf Untersagung des Setzens eines Links, der sich in einem Artikel vom 15.07.2011 befand, gerichtet. Unter http://www.spiegel.de/unispiegel/studium hatte die Verfügungsbeklagte am 15.07.2011 einen Artikel publiziert, in dem es um ein Datenleck und den Inhalt interner Papiere von Burschenschaften ging.

Der Artikel enthielt einen Link auf die Website http://linksunten.indymedia.ork/de/node/42899. Auf dieser Internetseite befanden sich neben mehreren internen Dokumenten betreffend die Deutsche Burschenschaft auch die E-Mails des Klägers in vollständiger Version abrufbar. Nach Ansicht des Verfügungsklägers stelle die Verlinkung auf die Seite mit den E-Mails eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte dar, weil die Publikation der E-Mails auf dieser Seite – ohne seine Zustimmung – auf rechtswidrige Weise (durch Abfischen der E-Mails) erfolgt sei.

Die Kammer hat die Zurückweisung des Antrags damit begründet, dass die Veröffentlichung der E-Mails nicht widerrechtlich gewesen sei, da im Rahmen des vorzunehmenden Abwägungsprozesses dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber dem Persönlichkeitsrecht des Klägers der Vorrang einzuräumen sei. Unter Bezugnahme auf das Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.10.2010 (I ZR 191/08 – Any-DVD) führt das Gericht unter anderem aus, dass das gemäß Artikel 5 Grundgesetz geschützte Recht der freien Berichterstattung grundsätzlich auch das Setzen von Hyperlinks erfasse. Unabhängig von der Frage, ob es dem Verfügungskläger gelungen sei, die illegale Beschaffung der E-Mails glaubhaft zu machen, sei die Verlinkung bereits deshalb nicht zu beanstanden, weil die Verfügungsbeklagte sich den Inhalt der verlinkten Seiten nicht zu Eigen gemacht habe und ein überwiegendes Informationsinteresse bestehe. Denn in dem Artikel sei weder von dem Kläger selbst noch von dem Inhalt der E-Mails des Klägers die Rede. Im Hinblick auf die breite Diskussion in der Öffentlichkeit und in den Medien über die Diskussion innerhalb der Deutschen Burschenschaft über eventuelle Zugangsverschärfungen zu den einzelnen Vereinen der Deutschen Burschenschaft hat die Kammer das Informationsinteresse der Öffentlichkeit an einer Berichterstattung als vorrangig angesehen. Gegen das Urteil des Landgerichtes Braunschweig Az. 9 O 1956/11, ist das Rechtsmittel der Berufung zulässig.

Quelle: Pressemitteilung des LG Braunschweig vom 06.10.2011

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