Das EU-Parlament will bekannte Bezeichnungen wie „Veggie-Wurst“ oder „Soja-Schnitzel“ verbieten. Die Entscheidung sorgt für große Unruhe bei Verbraucherschützern und Herstellern. Rechtsanwalt Michael Beuger, der seit Jahren vegane Lebensmittelproduzenten vertritt, hält das Vorhaben für falsch – und erklärt, warum es trotzdem Hoffnung gibt.

Am 7. Oktober 2025 hat das Europäische Parlament ein umstrittenes Signal gesendet: Eine Mehrheit der Abgeordneten hat sich dafür ausgesprochen, die Verwendung klassischer Fleischbezeichnungen für pflanzliche Ersatzprodukte zu verbieten. 355 Parlamentarier stimmten für eine entsprechende Gesetzesänderung, 247 lehnten sie ab, 30 enthielten sich. Damit könnten Bezeichnungen wie „Veggie-Burger“, „Tofu-Wurst“ oder „pflanzliches Schnitzel“ bald aus den Supermarktregalen verschwinden.

Das geplante Verbot kann jedoch noch abgewendet werden. Es handelt sich bisher lediglich um eine Position des Parlaments. Damit das Verbot tatsächlich wirksam wird, müssen nun auch die 27 EU-Mitgliedstaaten zustimmen. In den anstehenden Verhandlungen mit dem Ministerrat könnte es also noch zu Änderungen kommen. Es besteht also noch Hoffnung, dass die Regelung in dieser Form nicht in Kraft tritt.

Bundeskanzler Merz und Landwirtschaftsminister Rainer hatten das Verbotsvorhaben zwar begrüßt. Doch eine offizielle Position der Bundesregierung gibt es noch nicht. Die Mehrheit der deutschen Unions-Europaabgeordneten stimmten gegen den Antrag, auch die der konservativen EVP-Fraktion.

EU-Parlament will Bezeichnungen wie Veggie-Wurst und Soja-Schnitzel verbieten

Die Debatte über die Bezeichnungen pflanzlicher Fleischalternativen ist nicht neu. Immer wieder fordern konservative Kräfte, unterstützt von der Fleischindustrie, ein „sprachliches Reinheitsgebot“ für Lebensmittel. Diesmal wurde der Antrag von der französischen Abgeordneten Céline Imart eingebracht, die der konservativen EVP-Fraktion angehört. Ihre Argumentation: Verbraucher würden durch Begriffe wie „Soja-Schnitzel“ oder „Veggie-Wurst“ getäuscht, weil die Produkte nicht die gleichen Nährwerte wie tierisches Fleisch enthielten. Es gehe ihr um Transparenz und die Anerkennung der Arbeit von Landwirten.

Aus juristischer Sicht überzeugt diese Argumentation nicht. Schon heute ist im europäischen Lebensmittelrecht eindeutig geregelt, dass pflanzliche Fleischalternativen als solche gekennzeichnet sein müssen. Begriffe wie „vegan“, „vegetarisch“ oder „pflanzlich“ sind verpflichtend. Eine Irreführung der Verbraucher ist daher faktisch ausgeschlossen. Auch der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat zuletzt im Jahr 2024 festgestellt, dass die bestehende Kennzeichnungspflicht ausreicht, um Verbraucher vor Täuschung zu schützen (Urt. v. 4.10.2024, Rs. C-438/23). Die EU-Kommission hat dies mehrfach bestätigt.

Ich selbst habe in meiner anwaltlichen Praxis zahlreiche Hersteller vertreten, die sich gegen solche Verbotspläne gewehrt haben. In keinem einzigen Fall konnten Gegner der Begriffsverwendung nachweisen, dass Verbraucher tatsächlich getäuscht wurden. Im Gegenteil: Die Hersteller bemühen sich geradezu vorbildlich um Transparenz – ihre Produkte sind nicht nur gut sichtbar mit „100 % pflanzlich“ oder „vegan“ beschriftet, sondern auch in Geschmack und Aufmachung auf ein Ziel ausgerichtet: ehrlicher Fleischersatz, der bewusst so genannt wird, wie das Produkt schmeckt und verwendet wird.

Geplantes Zusatzverbot von 29 weiteren Fleischbegriffen

Parallel zum Parlamentsbeschluss plant auch die EU-Kommission, angetrieben von Tschechien, Ungarn, der Slowakei und Italien, ein noch weitreichenderes Verbot. In einem Entwurf vom Juli 2025 schlägt sie vor, insgesamt 29 Begriffe für pflanzliche Produkte zu verbieten. Dazu gehören unter anderem „Rind“, „Huhn“, „Speck“, „Brust“, „Lende“, „Schulter“ und „Kotelett“. Auch beschreibende Formulierungen wie „100 % pflanzliches Filet Huhn-Art“ oder „pflanzlicher Bacon (Speck)“ wären demnach untersagt.

Dieses Vorhaben geht aus meiner Sicht noch weiter an der Realität vorbei als das Parlamentsvotum. Denn die in Rede stehenden Begriffe sind heute zentrale Orientierungshilfen für Verbraucher. Wer im Supermarkt zum „pflanzlichen Schnitzel“ greift, erwartet nicht, ein echtes Stück Schwein zu kaufen. Diese Annahme unterschätzt die Kompetenz der Konsumenten und geht an der Lebensrealität vorbei. Vielmehr ist sofort klar, dass es sich um ein Produkt handelt, das geschmacklich und in der Zubereitung einem klassischen Schnitzel ähnelt – aber eben aus Erbsenprotein, Soja oder Weizeneiweiß besteht. Wer sich bewusst für vegane oder vegetarische Produkte entscheidet, achtet zudem auf die Kennzeichnung und ist in der Regel gut informiert.

Eine vom Europäischen Verbraucherverband (BEUC) durchgeführte Umfrage belegt diese Verbrauchermeinung: Rund 80 % der befragten EU-Bürger sind der Ansicht, dass traditionelle Fleischbegriffe für pflanzliche Alternativen zulässig sein sollten – sofern diese klar als vegan oder vegetarisch gekennzeichnet sind. Das ist derzeit der Fall. Es handelt sich also nicht um eine Frage des Verbraucherschutzes, sondern – so muss man es deutlich sagen – um den Versuch einer Marktabschottung zugunsten der traditionellen Fleischindustrie.

Deutschland ist zudem inzwischen der größte Markt für pflanzliche Fleischalternativen in Europa. Allein im Jahr 2024 wurden hierzulande über 120.000 Tonnen Fleischersatz produziert. Ein wachsender Markt, der durch zusätzliche Verbote ausgebremst würde – ohne erkennbaren Nutzen für Verbraucher oder Umwelt. Statt Innovation und Nachhaltigkeit zu fördern, riskiert die EU mit diesen Verboten eine massive Behinderung zukunftsorientierter Unternehmen. Die Leidtragenden wären neben den Herstellern vor allem die Konsumenten.

Lehren aus der Käse-Entscheidung: Verbot mit Geschichte

Die Diskussion um die Bezeichnungen pflanzlicher Lebensmittel ist nicht neu. Vor allem bei Käse-Alternativen gibt es bereits seit Jahrzehnten gesetzliche Einschränkungen. Schon in den 1930er Jahren wurde in Deutschland der Begriff „Milch“ gesetzlich geschützt. Diese Regelungen wurden später auf europäischer Ebene durch die sogenannte „Milchverordnung“ (konkret: Art. 78 der Verordnung Nummer 1 308/2013) übernommen. Danach dürfen Begriffe wie „Milch“, „Sahne“, „Butter“ oder „Käse“ ausschließlich für Produkte verwendet werden, die aus tierischer Milch stammen. Hintergrund war, dass man Betrüger stoppen wollte, die Kalk und Mehl mit Wasser gemischt als Kuhmilch verkaufen wollten.

Das bekannteste Verfahren in diesem Zusammenhang war das Tofutown-Verfahren, das wir zusammen mit im Jahr 2017 vor dem Europäischen Gerichtshof für unsere Mandantin „Tofutown“ geführt haben (EuGH, Urteil vom 14.06.2017, Az. C-422/16). Damals wurde dem Hersteller untersagt, Produkte unter Bezeichnungen wie „Tofu-Butter“ oder „Rice Spray Cream“ zu vertreiben, obwohl diese mit dem Zusatz „vegan“ versehen waren. Der EuGH urteilte, dass selbst solche Zusätze nicht ausreichen, um die Verwendung geschützter Begriffe zu rechtfertigen. Dabei berief der Gerichtshof sich auf die insoweit eindeutige EU-Verordnung.

Doch wir konnten auch zwei wegweisende Entscheidungen im Hinblick auf die Möglichkeiten der Bezeichnung für pflanzliche Käse-Alternativen erstreiten: So wurde eine unserer Mandantinnen, die einen pflanzlichen Käse aus Cashewkernen unter dem Namen „Käse-Alternative“ verkaufte, zunächst abgemahnt und verklagt. Das Landgericht (LG) Stade wies die Klage jedoch mit der Begründung ab, dass durch die Formulierung „Alternative“ ausreichend klargestellt sei, dass es sich nicht um echten Käse handle (Urt. v. 28.03.2019, Az. 8 O 64/18). Das Oberlandesgericht (OLG) Celle bestätigte diese Auffassung in zweiter Instanz (Beschl. v. 06.08.2019, Az. 13 U 35/19).

Diese Urteile zeigen, dass eine juristisch tragfähige Lösung durchaus möglich ist – wenn man den Verbraucher ernst nimmt. Eine Bezeichnung wie „vegane Käse-Alternative“ schafft Klarheit und Orientierung, ohne zu täuschen. Sie erklärt, wie ein Produkt verwendet werden kann und welchen Geschmack man erwarten darf. Genau diese Transparenz ist entscheidend für eine informierte Kaufentscheidung. Gerade deshalb ist es aus Sicht des Verbraucherschutzes kontraproduktiv, auf alltagsnahe Begriffe zu verzichten. Ein Verbot würde nicht zu mehr, sondern zu weniger Klarheit führen. Im Sprachgebrauch wird außerdem sowieso selbstverständlich von „Hafermilch“ und „Sojajoghurt“ gesprochen.

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Ernährungsempfehlungen nun klar für pflanzliche Ernährung

Schon die EU-Milchverordnung läuft hier der gesellschaftlichen Realität hinterher und gehört dringend reformiert. Jetzt eine weitere gesetzliche Sprachzensur im EU-Recht zu verankern, wäre innovationsfeindlich und rückschrittlich. Ein modernes Lebensmittelrecht sollte Entwicklungen wie Nachhaltigkeit, Gesundheitsbewusstsein und neue Ernährungsformen nicht behindern, sondern unterstützen.

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung hat jüngst ihre allgemeinen Ernährungsempfehlungen für die Bevölkerung in Deutschland und die von ihr herausgegebene Ernährungspyramide geändert. Sie folgt nun der allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnis, dass eine überwiegend pflanzliche Ernährung aus gesundheitlichen Gründen empfehlenswert ist. Eine pflanzliche Ernährung ist nicht nur aus gesundheitlichen Gründen sinnvoll, sondern sie spart gegenüber tierischen Produkten in der Herstellung und Verarbeitung dringend benötigte Umweltressourcen. Die Massentierhaltung ist verantwortlich für die Überdüngung der Böden mit Gülle und belastet durch den Einsatz von Antibiotika das Trinkwasser. Zudem ist sie in erheblichem Umfang verantwortlich für die Erzeugung von schädlichen Klimagasen.

Es gibt also viele gute Gründe, den Zugang zu einer überwiegend pflanzlichen Ernährung zu vereinfachen und nicht zu erschweren, um die positiven Effekte für die Gesundheit, das Klima, die Böden und unser Trinkwasser zu erreichen. Der Zugang zu einer pflanzlichen Ernährung wird für den Verbraucher einfacher, wenn er pflanzliche Alternativen zu Fleisch- und Milchprodukten einfach erkennt und so leichter in seinen Ernährungsplan einbauen kann.

Unsere Expertise für Hersteller pflanzlicher Lebensmittel

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