Das OLG Frankfurt hat entschieden, dass trotz identischem Markennamen keine Markenverletzung vorliegt, wenn sich die betroffenen Produkte deutlich unterscheiden und typischerweise „auf Sicht“ gekauft werden. Der Begriff „TERRA GRECA“ wurde in diesem Fall als beschreibend gewertet, eine Verwechslungsgefahr habe nicht bestanden.

Ein identisches Markenzeichen auf einer Nudelverpackung kann rechtlich unbedenklich sein, auch wenn eine andere Firma dasselbe Zeichen bereits für andere Lebensmittel geschützt hat. Entscheidend ist, ob eine Verwechslungsgefahr besteht. In einem aktuellen Fall hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt entschieden, dass bei Produkten wie Nudeln, die in der Regel direkt im Regal betrachtet und ausgesucht werden, eine solche Verwechslungsgefahr trotz Namensgleichheit ausgeschlossen sein kann. Dies gilt auch dann, wenn der Markenname auf beiden Produkten identisch ist. Das Gericht sah keine Markenverletzung, weil sich die Produkte und die Gestaltung der Verpackungen zu sehr unterschieden (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 6. Februar 2025, Az. 6 U 277/21).
Markenverletzung bei Lebensmitteln
Der Streit entbrannte zwischen einem griechischen Teigwarenhersteller und einem deutschenLebensmittelunternehmen. Der griechische Hersteller produziert unter anderem Nudeln und verkauft sie weltweit. In Deutschland erfolgt der Vertrieb über eine Großhändlerin, die die Produkte an Supermärkte weiterliefert. Auf den Nudelverpackungen ist die Aufschrift „TERRA GRECA“ zu sehen. So auch bei einem Penne-Produkt, das in einem deutschen Supermarktregal angeboten wurde.
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Jetzt Beratungstermin anfragenDas deutsche Unternehmen hatte sich den Namen „TERRA GRECA“ bereits vorab beim EUIPO als Wort-Bildmarke schützen lassen – allerdings nicht für Nudeln, sondern für andere Lebensmittel wie Speiseöle, Fette, Suppen und Brühen. Für Teigwaren bestand kein Markenschutz. Das Unternehmen stellt selbst keine Nudeln her, vertreibt aber unter seiner Marke verschiedene andere Lebensmittel.
Als das deutsche Unternehmen von den griechischen Nudelprodukten im Handel erfuhr, sprach es in der Folge eine Abmahnung aus. Die Abmahnung richtete sich an die deutsche Großhändlerin, die die Nudeln vertreibt. Ihr wurde vorgeworfen, mit der Nutzung des Zeichens „TERRA GRECA“ die Markenrechte des deutschen Unternehmens zu verletzen. Die Großhändlerin sollte sich verpflichten, den Begriff künftig nicht mehr zu verwenden. Es wurde mit rechtlichen Konsequenzen gedroht.
Daraufhin sah sich der griechische Hersteller in seiner Geschäftstätigkeit gestört. Er war der Ansicht, dass keine Verwechslungsgefahr vorliege und dass es dem deutschen Unternehmen nicht zustehe, seine Handelspartner in Deutschland abzumahnen. Der Hersteller klagte daher vor dem Landgericht Frankfurt auf Unterlassung und auf Erstattung der angefallenen Rechtsverfolgungskosten. Das Landgericht gab dem Hersteller recht. Das deutsche Unternehmenlegte gegen das Urteil Berufung ein – ohne Erfolg.
Keine Verwechslungsgefahr bei auf Sicht gekauften Produkten
Das OLG Frankfurt stellte klar, dass keine Markenverletzung vorliegt. Zwar sei der Begriff „TERRA GRECA“ identisch, doch das allein reiche nicht aus. Maßgeblich sei der Gesamteindruck, den die jeweilige Produktverpackung beim Käufer hinterlässt. Die Marke des deutschen Unternehmens zeigt eine stilisierte Sonne mit grünen Blättern auf orangefarbenem Hintergrund. Die Nudelverpackung des griechischen Herstellers zeigt dagegen eine Landschaftsszene mit Feld und Strohballen unter Abendlicht. Auch die Schriftart und Farbgestaltung unterscheiden sich deutlich.
Laut Gericht sei es unwahrscheinlich, dass Verbraucher diese beiden Marken verwechseln. Der optische Eindruck sei verschieden genug, um trotz Namensgleichheit eine Zuordnung zu unterschiedlichen Herstellern zu ermöglichen.
Hinzu komme, dass der Markenschutz des deutschen Unternehmens ausdrücklich nicht für Nudeln gilt. Er umfasst lediglich andere Lebensmittel wie Speiseöle und Brühen. Zwar fallen diese ebenfalls unter die übergeordnete Kategorie „Lebensmittel“, doch das sei rechtlich nicht ausreichend. Eine rechtserhebliche Ähnlichkeit der Produkte liege nicht vor. Die Kunden erwarteten nicht, dass ein Hersteller von Öl oder Suppen auch Teigwaren produziert – selbst wenn diese gemeinsam in einem Gericht verwendet werden können.
Ein weiterer wichtiger Punkt war das Kaufverhalten. Nudeln gehören zu den Produkten des täglichen Bedarfs, die im Supermarkt typischerweise „auf Sicht“ gekauft werden. Der Kunde nimmt die Verpackung wahr, liest die Aufschrift, sieht das Design. In solchen Fällen tritt eine klangliche Ähnlichkeit des Markennamens in den Hintergrund. Entscheidend ist der optische Gesamteindruck.
Das Gericht stellte zudem fest, dass der Begriff „TERRA GRECA“ von vielen Verbrauchern ohnehin nicht als Marke, sondern als geografischer Hinweis verstanden wird – sinngemäß „griechisches Land“ oder „griechische Erde“. In diesem Zusammenhang erscheine der Begriff als Beschreibung und nicht als Hinweis auf einen bestimmten Anbieter. Im Lebensmittelbereich sei die Verwendung solcher geografischen Begriffe weit verbreitet. Auch das spreche gegen eine Markenverletzung.
Die Abmahnung des deutschen Unternehmens an die Großhändlerin wurde daher als unzulässig bewertet. Das OLG sah darin einen Eingriff in den Geschäftsbetrieb des griechischen Herstellers. Es sei nicht gerechtfertigt gewesen, ohne eindeutige Rechtslage Abnehmer in Deutschland abzumahnen. Denn eine Verwechslungsgefahr habe objektiv nicht bestanden.
Das Gericht verbot dem deutschen Unternehmen, weitere Abmahnungen wegen der Verwendung von „TERRA GRECA“ auf Nudelverpackungen zu verschicken. Zudem musste das Unternehmen Auskunft darüber erteilen, ob noch weitere Abmahnungen gegen Kunden des griechischen Herstellers ausgesprochen wurden. Schließlich wurde das Unternehmen verurteilt, die Anwaltskosten für ein sogenanntes Abschlussschreiben zu erstatten.
Diese Entscheidung macht deutlich, dass im Markenrecht nicht allein die Übereinstimmung eines Namens entscheidend ist. Vielmehr kommt es auf das Gesamtbild an. Entscheidend sind die konkrete Gestaltung der Verpackung, die Produktart und das typische Kaufverhalten der Verbraucher. Gerade bei Produkten des täglichen Bedarfs, die im Supermarkt direkt betrachtet und ausgewählt werden, wiegt der visuelle Eindruck schwer. Ist die Verpackung deutlich unterschiedlich und ist der Markenbegriff nur beschreibend, liegt oftmals keine Verwechslungsgefahr vor. Das gilt auch bei identischem Namen. Dennoch sollte man darauf nicht vertrauen. Hier ist größte Vorsicht geboten und eine rechtliche Beratung unabdinglich.
Dennoch: Das Urteil stärkt Unternehmen, die beschreibende Begriffe zur Herkunftskennzeichnung nutzen, und schiebt pauschalen Abmahnungen einen Riegel vor. Es unterstreicht zugleich, dass Markeninhaber ihre Rechte nicht unbegrenzt ausdehnen können, Dies vor allem dann nicht, wenn sie Produkte außerhalb ihres eigenen Schutzbereichs erfassen wollen.
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