Weil Jan Böhmermann ihn in seiner Sendung – ohne Vorabinformation – des „Greenwashings“ diskreditiert hatte, schlug der Imker zurück: Er verwendete Böhmermanns Foto, um damit satirisch für seinen „Beewashing-Honey“ zu werben. Das durfte er, sagt nun das LG Dresden im Eilverfahren.
Das Landgericht (LG) Dresden hat im einstweiligen Verfügungsverfahren die Unterlassungsansprüche von Jan Böhmermann gegenüber der MyHoney Bio lmkerei GmbH & Co. KG aus Meißen zurückgewiesen. Der Satiriker und Moderator könne sich hier nicht auf seine überwiegenden Persönlichkeitsrechte berufen. (Urteil vom 08.02.2024 – EV 3 O 2529/23t, nicht rechtskräftig).
Vorerst dürfte der Imker also weiterhin seinen „Beewashing“-Honig mit Böhmermanns Konterfei wieder verkaufen und bewerben. Allerdings hat er ihn zuvor schon vom Markt genommen, die Ausgabe war wohl auf 150 Gläser limitiert.
Was ist passiert?
In der Sendung der Late-Night-Sendung „ZDF Magazin Royale“ vom 3. November 2023 mit dem Namen “Image-Kampagnen im Tierreich” thematisierte Böhmermann das Thema „Greenwashing“ bei Honigproduzenten. Gemeint ist der Vorwurf, dass Unternehmen sich durch beispielsweise Werbung ein grüneres Image verschaffen, ohne sich dabei aber besonders für die Umwelt zu engagieren. Böhmermann wies in seiner Show darauf hin, dass die öffentliche Diskussion über das Bienensterben oft nicht so ganz klar sei. Er betonte, dass Honigbienen im Gegensatz zu Wildbienen nicht vom Sterben bedroht seien. Jedoch würden laut Böhmermann einige Honigunternehmen ihre Produkte trotzdem mit vermeintlichen Umweltschutzmaßnahmen bewerben. Dieses Phänomen nannte er dann „Beewashing“. Dazu zeigte er Werbematerial von einigen Imkern und warf ihren Unternehmen später namentlich vor, Beewashing zu betreiben. Einer der gezeigten Imker ist Rico Heinzig. Er betreibt das Bio-Unternehmen „MyHoney Bio Imkerei“, das Böhmermann des Beewashing bezichtigt hat.
Soforthilfe vom Anwalt
Sie brauchen rechtliche Beratung? Rufen Sie uns an für eine kostenlose Ersteinschätzung oder nutzen Sie unser Kontaktformular.
Heinzig wurde allerdings nie gefragt, ob sein Bildmaterial verwendet werden dürfte. Er hatte auch keine Möglichkeit, zu diesen Äußerungen Stellung zu nehmen. Kurz überlegte er, ob er rechtlich dagegen vorgehen sollte, entschied sich jedoch aus finanziellen Gründen dagegen. Stattdessen reagierte er mit einer witzigen Verkaufsaktion und präsentierte einen neuen Honig namens „Beewashing Honey“ mit Plakaten, auf denen Böhmermann als „Werbefigur“ zu sehen war. Diese stellte er im lokalen Edeka-Markt auf.
Jan Böhmermann mahnte Rico Heinzig daraufhin ab, die Abmahnung liegt WBS vor. Zum einen hatte dem Satiriker missfallen, dass überhaupt ein „Böhmermann“-Honig angeboten wurde, also sein Name verwendet wurde (§ 12 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB). Zum anderen wird die Verwendung des Fotos Böhmermanns auf dem Plakat gerügt (§ 22 Kunsturhebergesetz, KUG). Schließlich stört Böhmermann sich noch daran, durch das Foto auf dem Plakat und den Werbespruch „Führender Bienen- und Käferexperte empfiehlt“ zur „Werbefigur“ für das Produkt gemacht zu werden, ohne dass dafür eine Einwilligung vorliege. Böhmermanns Anwälte finden, dass das Persönlichkeitsrecht ihres Mandanten hier überwiege. Insbesondere diene die Veröffentlichung des Fotos nicht zur öffentlichen Meinungsbildung, sondern ausschließlich der Kommerzialisierung von Böhmermann für die Interessen des Imkers. Sein Werbewert werde ausgenutzt. Zudem werde der Eindruck erweckt, Böhmermann „empfehle“ den Honig. Weil der Imker eine beigefügte Unterlassungserklärung nicht unterschrieb, landete der Fall vor dem Landgericht (LG) Dresden im Eilverfahren.
Imker siegt vor dem LG Dresden – vorerst
Das LG Dresden gab nun dem Imker Recht. Der Antrag sei in der Sache unbegründet. Böhmermann könne keine Unterlassungsansprüche wegen Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte im Hinblick auf seinen Namen und seine Abbildung geltend machen. Im Rahmen der vorzunehmenden Interessenabwägung seien die Interessen des Moderators nicht höher zu bewerten als die des Imkers. Dieser könne sich umgekehrt auf das Recht der freien Meinungsäußerung berufen. Zudem bediene er das lnformationsinteresse der Allgemeinheit.
Insbesondere im Hinblick auf die Veröffentlichung von Bildern greife hier § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG, weil Böhmermann in diesem Kontext als Person der Zeitgeschichte zu werten sei und seine berechtigten Interessen nicht verletzt würden. Das Bild stamme aus dem öffentlichen Bereich, denn es zeige Böhmermann im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Teil einer Sendung mit Millionenpublikum (und nicht als Privatperson). Zudem sei die Aktion zeitlich, räumlich und auf nur 150 Gläser limitiert gewesen.
Des Weiteren habe auch Böhmermann den Imker ohne diesen vorher zu fragen in einem satirischen Beitrag gezeigt, eine entsprechende Erwiderung sei also zulässig. Dass es sich bei der Aktion des Imkers um Satire handele, sei dem Publikum auch erkennbar, schließlich kenne man Böhmermann und seine Sendung. Die Stilmittel der Satire, also Übertreibung, Verzerrungen, Verfremdung und Spott, seien ebenfalls klar erkennbar – etwa, Böhmermann als „führenden Bienen- und Käferexperten” darzustellen.
Dass die Werbung u.a. kommerzielle Zwecke verfolge, trete hinter der Tatsache zurück, dass es daneben darum gehe, auf humorvolle Art satirisch seine Meinung zu äußern. Böhmermann müsse solche Reaktionen derer, die er ins Rampenlicht ziehe, in Kauf nehmen.
Wie geht es weiter?
Allerdings haben Böhmermanns Anwälte bereits angekündigt, vor dem Dresdner Oberlandesgericht (OLG) in Berufung zu gehen. Hierzu schreibt der Imker auf seiner Seite: “Schon kurz nach der Urteilsverkündung positioniert sich sein Anwalt Dr. Torben Düsing mit den Worten: “In der Sache ‘Satire gegen Wirtschaft’, geht die Satire natürlich in Berufung” und so ist die nächste Runde vorm OLG auch bereits ausgemachte Sache. Zum Glück stecken unsere Bienen quasi noch im Winterschlaf, so dass wir aktuell auch genügend Zeit haben, uns auch auf diese Verhandlung gut vorzubereiten.”
Zudem dürfte das Verfahren auch noch die Gerichte in der Hauptsache beschäftigen – möglicherweise bis hin zum Bundesverfassungsgericht (BVerfG). Das könnte spannend werden, denn die Vermischung von journalistischer Aufklärungsarbeit mit Satire ist ebenso ungewöhnlich wie die Reaktion darauf, kommerzielle Aspekte mit Satire zu verpacken. Und die Idee, mit Satire auf Satire zu reagieren. Obwohl solche Abwägungen schon häufig von der Rechtsprechung thematisiert wurden, hat der Bundesgerichtshof (BGH) so einen Fall tatsächlich noch nicht entschieden.
Eine rechtliche Kernfrage ist weiterhin die, ob die Werbung den Eindruck erweckt, dass Böhmermann den Honig wirklich empfiehlt oder ob sie als Satire erkennbar ist. Hier würde ich allerdings dem LG Dresden Recht geben und das bejahen. Selbst Kunden, die Böhmermanns Sendung nicht kennen, könnten sich die Ironie denken, wenn man allein den Begriff „Beewashing“, das grimmige Gesicht Böhmermanns und die Betitelung des bekannten Moderators als Bienen- und Käferexperten sieht. Außerdem war auf den Gläsern des beworbenen Beewashing-Honig ein QR Code abgedruckt, dessen Scan zur Imkerei-Homepage führte, wo die Böhmermann-Sendung verlinkt ist.
Übrigens: Jetzt startet der Imker mit einer neuen Aktion, dem “Cancel Culture” Honig (siehe Bild). Das dürfte wohl als Seitenhieb auf Böhmermanns Interpretation dieses umstrittenen “Kampfbegriffs” zu sehen sein. Seine Sendung vom 24.11.2023 hieß nämlich “Mit Klagen canceln: Angriff auf die Pressefreiheit”. Es ging darum, wie manche, die häufig lautstark vermeintliche Cancel Culture “politisch korrekter Gutmenschen” beklagen, selbst Medienanwälte beschäftigen, um andere juristisch mundtot zu machen. Nun ist es aber Böhmermann, der hier mit seinen Anwälten gegen einen Imker vor Gericht zieht. Das entbehrt wohl nicht einer gewissen Ironie…
In jedem Fall ein rechtlich spannender Fall! Wir werden über dessen Fortgang berichten.