Kein Zugang zu brisanten Informationen: Der BND muss keine Auskünfte über den Ursprung des Corona-Virus geben, entschied jetzt das BVerwG. Die Pressefreiheit habe Grenzen, vor allem dann, wenn nationale Interessen auf dem Spiel stehen.
Die Frage nach dem Ursprung der Corona-Pandemie bewegt bis heute viele Menschen. Auch die Presse versucht seit Jahren, neue Erkenntnisse dazu zu gewinnen. Der Axel Springer Verlag wollte deshalb vom Bundesnachrichtendienst (BND) Auskünfte zu angeblichen Erkenntnissen einholen. Doch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) entschied, dass der Geheimdienst keine Informationen herausgeben muss. Das BVerwG begründete dies damit, dass die Offenlegung der Informationen die Arbeitsweise und die Quellen des BND gefährden und zudem die diplomatischen Beziehungen zu China erheblich beeinträchtigen könnte (Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14. April 2025, Az. 10 VR 3.25).
Corona-Auskunft vom BND
Die Axel Springer SE, die unter anderem die Zeitungen „Die Welt“ und „Die Welt am Sonntag“ herausgibt, hatte den BND im März 2025 aufgefordert, verschiedene Fragen im Zusammenhang mit dem Ursprung des Coronavirus zu beantworten. Der Verlag trug vor, der BND habe bereits seit dem Jahr 2020 Informationen darüber gesammelt, dass das Virus möglicherweise in einem Labor in China entstanden sei. Die Bundesregierung sei über diese Erkenntnisse informiert gewesen.
Konkret wollte die Axel Springer SE unter anderem wissen, wann der BND das Kanzleramt über seine Erkenntnisse informiert habe. Sie fragte auch, ob der BND Einwände dagegen gehabt habe, das Parlamentarische Kontrollgremium über diese Erkenntnisse zu unterrichten. Außerdem sollte der BND erklären, ob seine Erkenntnisse als Verschlusssache eingestuft worden seien. Die Axel Springer SE wollte darüber hinaus erfahren, ob ein bekannter Virologe, der die Bundesregierung beraten hat, einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden war und ob dieser Virologe BND-Erkenntnisse überprüfen sollte.
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Der BND lehnte eine Auskunft ab. Er begründete dies damit, dass er grundsätzlich nicht über nachrichtendienstliche Erkenntnisse öffentlich Stellung nehme. Die Axel Springer SE stellte daraufhin beim BVerwG einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung. Sie wollte so erreichen, dass der BND verpflichtet wird, ihr die gewünschten Auskünfte zu erteilen.
Die Entscheidung des Gerichts
Das BVerwG hat den Antrag des Verlages nun jedoch abgelehnt. Zur Begründung stellte das BVerwG zunächst klar, dass Verlage zwar grundsätzlich einen Auskunftsanspruch gegen Bundesbehörden haben. Dieser Anspruch ergebe sich unmittelbar aus der Pressefreiheit. Dennoch könne der Auskunftsanspruch durch wichtige gegenläufige Interessen eingeschränkt sein.
Solche konkreten überwiegenden Interessen seien hier gegeben. Der BND habe plausibel erklärt, dass die Erteilung der verlangten Auskünfte seine Funktionsfähigkeit ernsthaft beeinträchtigen könne. Die Offenlegung der Informationen könne es möglich machen, auf Arbeitsmethoden und Erkenntnisquellen des BND zu schließen. Solche Rückschlüsse würden die Aufklärungsarbeit des Dienstes gefährden. Sie könnten auch die Zusammenarbeit mit ausländischen Nachrichtendiensten erschweren.
Hinzu komme, dass die Informationen zu erheblichen diplomatischen Problemen mit China führen könnten. Die Pflege guter Beziehungen zu anderen Staaten ist eine Aufgabe der Bundesregierung. Das BVerwG betonte, dass der Regierung dabei ein weiter Gestaltungsspielraum zustehe. Eine Auskunft des BND könne diese Beziehungen ernsthaft belasten und so auswärtige Interessen Deutschlands beeinträchtigen.
Ein weiterer Aspekt betraf den Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts des namentlich nicht genannten Virologen. Informationen darüber, ob dieser Virologe sicherheitsüberprüft wurde oder ob er BND-Erkenntnisse überprüfen sollte, betreffen seine Sozialsphäre. In Anbetracht der starken öffentlichen Aufmerksamkeit und teils heftigen Kritik wäre eine Preisgabe dieser Informationen geeignet, seine Persönlichkeit zu beeinträchtigen. Nach Überzeugung des BverwG habe daher sein allgemeines Persönlichkeitsrecht in diesem Fall Vorrang vor dem Informationsinteresse der Presse.
Besondere Aktualität reicht nicht aus
Zwar sei die Frage nach dem Ursprung der Corona-Pandemie weiterhin von großer Aktualität und öffentlichem Interesse. Auch sei der Antrag der Presse auf eine schnelle Entscheidung im Eilverfahren grundsätzlich zulässig gewesen. Dennoch könne das Informationsinteresse der Presse die gravierenden Risiken für die Funktionsweise des BND und die diplomatischen Beziehungen nicht überwiegen.
Auch wenn sich Vorgänge bereits im Jahr 2020 abgespielt haben sollten, so könne noch heute eine Gefährdung bestehen. Der Zeitablauf schließe die Schutzwürdigkeit der Informationen also nicht aus. Auch könne schon eine Bestätigung oder ein einfaches Dementi durch den BND erhebliche Auswirkungen haben. Eine neutrale Haltung des Dienstes sei daher unverzichtbar.
Das BVerwG machte deutlich, dass sein Beschluss nur die Frage der einstweiligen Anordnung betreffe. Eine Entscheidung im Hauptsacheverfahren wäre unabhängig davon erneut möglich. Allerdings wurde klar, dass die Erfolgsaussichten in der Hauptsache nach Auffassung des BVerwG gering sein dürften.
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