YouTube haftet für fremde Urheberrechtsverletzungen nur, wenn der Rechteinhaber die Online-Plattform klar und eindeutig auf den Rechtsverstoß hingewiesen hat. Ist der Hinweis hingegen unklar oder missverständlich, löst dies keine Prüfungs- und Vorsorgepflicht der Videoplattform aus.

Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hat entschieden, dass YouTube für fremde Urheberrechtsverletzungen nur dann haftet, wenn die Plattform zuvor einen klaren und eindeutigen Hinweis durch den Rechteinhaber erhalten hat. Der alleinige Hinweis, man sei „the sole owner of copyrights“, löse hingegen weder Prüfungs- noch Vorsorgepflichten der Videoplattform aus. Vielmehr bedürfe es ausreichender Angaben, die es dem Betreiber der Plattform ermöglichten, sich ohne eingehende rechtliche Prüfung davon zu überzeugen, dass die Wiedergabe rechtswidrig sei. Der Hinweis müsse so konkret gefasst sein, dass der Adressat den Rechtsverstoß unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Überprüfung feststellen könne (Urt. v. 12.01.2023, Az. 5 U 22/19).

Ein Musikproduzent hatte YouTube zunächst darüber informiert, dass dort gegen seine Urheberrechte an elf Musikaufnahmen des Musikalbums ,,Gregorian – Holy Chants‘‘ verstoßen würde. Zu seiner Rechtsposition teilte der Antragsteller insoweit mit, er sei „the sole owner of the copyrights of all recordings and visual content“. Nachdem YouTube nicht antwortete, folgten daraufhin eine Abmahnung und schließlich ein Antrag auf Einstweilige Verfügung, u.a. mit dem Ziel, dass YouTube das Verletzungsvideo sowie alle weiteren dieselben Rechte verletzenden Videos sperren solle. Bereits in der ersten Instanz vor dem Landgericht (LG) Hamburg scheiterte er letztendlich, weil ein Verfügungsgrund fehle (Urt. v. 08.01.2019, Az. 310 O 23/18). Das OLG hat nun auch seine Berufung zurückgewiesen und darin sowohl Verfügungsgrund als auch Verfügungsanspruch verneint.

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OLG Hamburg: Unklare Mitteilung löst keine Haftung aus

Im Hinblick auf den Verfügungsanspruch führte das Gericht aus: Der auf Wiederholungsgefahr gestützte und in die Zukunft gerichtete Unterlassungsanspruch bestehe nur, wenn YouTube von Beginn an als auch zum Entscheidungszeitpunkt rechtswidrig gehandelt habe. Dafür hätte YouTube aber wissen müssen, dass auf seiner Plattform Rechtsverletzungen begangen wurden bzw. dies fahrlässig verkennen müssen. Erst dann müsse die Plattform agieren, die Inhalte löschen und dafür sorgen, dass in Zukunft keine gleichartigen Rechtsverletzungen mehr geschehen. Hier aber sei der Hinweis des Musikproduzenten zu unklar bzw. missverständlich gewesen, um eine solche täterschaftliche Haftung YouTubes für fremde Urheberrechtsverletzungen auslösen zu können.

Das Problem war nämlich: Der Musikproduzent machte Streamingrechte für ein Musikalbum geltend, dessen Rechte er eigentlich in einem Bandübernahmevertrag 2017 an die Telamo Musik & Unterhaltung GmbH (Telamo) verkauft hatte. Nach Auffassung des Musikproduzenten sollten die die hier in Frage stehenden Rechte davon aber nicht erfasst gewesen sein, sodass er diese weiterhin geltend machen könne. Genau das war aber zwischen dem Produzenten Telamo streitig – möglicherweise könnte auch Telamo Rechteinhaber sein und hätte hinsichtlich der Streamingrechte für YouTube lediglich die Zustimmung des Musikproduzenten einholen müssen. Gegenüber YouTube erklärte der Musikproduzent in der E-Mail jedoch lediglich, dass er alleiniger Inhaber der Urheberrechte an allen Aufnahmen und visuellen Inhalten sei. Den Bandübernahmevertrag erwähnte er in den E-Mails nicht.

YouTube habe deshalb keine offensichtliche Verletzung der Rechte des Antragstellers erkennen können. Zur Begründung stützte sich das OLG auf eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2022 (Urt. v. 02.06.2022, Az. I ZR 140/15 – YouTube II). Dieser hatte entschieden, dass eine Rechtsverletzung nur aufgrund einer eindeutigen und zweifelsfreien Rechtsverletzung ohne Weiteres und ohne nähere Prüfung in rechtlicher oder tatsächlicher Hinsicht festgestellt werden könne. Daraus folgerte das OLG Hamburg, dass YouTube in die Lage hätte versetzt werden müssen, unschwer und ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung zu erkennen, dass die Nutzungsrechte beim Antragsteller liegen.

Unklarheiten zur Rechteinhaberschaft gehen nicht zu Lasten von YouTube

Dies sei hier jedoch nicht der Fall gewesen. Denn die E-Mails des Musikproduzenten vom Dezember 2017 seien hinsichtlich seiner Rechtsposition an den Musikaufnahmen nicht hinreichend deutlich und zweifelsfrei gewesen, um die Verpflichtung auszulösen, unverzüglich die erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, um den Zugang zu den Inhalten zu verhindern.  

Die Formulierung, der Antragsteller sei alleiniger Rechteinhaber, sei im Hinblick auf den Bandübernahmevertrag unzutreffend, jedenfalls insgesamt unspezifisch und damit unklar. Eine klare und eindeutige Rechtsbehauptung, die Verpflichtungen der Antragsgegnerin hätte auslösen können, sei darin nicht zu erkennen. Daher könnten die Behauptungen auch keine täterschaftliche Haftung von YouTube begründen, so das OLG.

Auch die nachfolgenden Schreiben des Anwalts reichten dafür nicht aus. Zwar sei darin von einer „originären Tonträgerhersteller“-Eigenschaft an konkret bezeichneten Musikaufnahmen die Rede. Auch behaupte der Antragsteller darin, die ausschließlichen Nutzungsrechte für die Verwertung dieser Aufnahmen im Rahmen von YouTube im Wege des Streamings zu besitzen. Ob eine klare und eindeutige Rechtsbehauptung vorliege, die eine Verpflichtung auslöse, müsse jedoch objektiv beurteilt werden, so die Richter.

Auch spiele eine Rolle, dass ein Bandübernahmevertrag vorliege, den der Antragsteller in seinen Hinweisschreiben nicht erwähnt habe und der hinsichtlich der inhaltlichen Bedeutung einer der Klauseln zwischen den Parteien streitig sei.

Schließlich war auch relevant, dass die streitgegenständlichen Musikaufnahmen im November 2018 bei bekannten Streamingdiensten wie Amazon music und Spotify jeweils unter Nennung des Vertragspartners Telamo angeboten wurden, wie YouTube unwidersprochen vortrug.  

Nach alledem sah das Gericht nicht, dass der Antragsteller klar und zweifelsfrei die Rechte im eigenen Namen hätte geltend machen und dadurch eine täterschaftliche Haftung von YouTube auslösen können.