Der BGH muss sich am 8. Mai 2023 mit der Frage beschäftigen, ob Autohersteller auch bei Fahrlässigkeit haften und nicht erst bei nachgewiesenem Vorsatz. Bislang verneinte der BGH dies und vertrat hier eine enorm automobilfreundliche Haltung. Doch der EuGH erteilte dieser Auffassung vor Kurzem eine deutliche Absage. Wird sich der BGH daher nun der EuGH-Ansicht anpassen? Ihm bleibt eigentlich nichts anderes übrig, allerdings ließ er bereits durchblicken, dass es eventuell auf eine Schadensersatzform hinausläuft, die bislang nicht einmal einen rechtlichen Namen hat. Dabei geht es um Milliarden Euro, Millionen manipulierter Autos und die Chance der Autobesitzer, endlich zu ihrem Recht zu kommen und Schadensersatz einfordern zu können.

BGH – Foto von Joe Miletzki

Wird es der Tag, an dem der Diesel-Abgasskandal neu beginnt? Am 8. Mai verhandelt der Bundesgerichtshof (BGH) über drei Dieselklagen. Dabei wird der BGH auch das gerade erst ergangene Urteil des Europäischen Gerichtshof (EuGH) diskutieren und dürfte sich endlich von seiner bisherigen verbraucherunfreundlichen Haltung distanzieren. Der EuGH hatte in einem Mercedes-Verfahren die Hürden für erfolgreiche Diesel-Klagen massiv gesenkt. Denn nach Auffassung des EuGH genügt bereits Fahrlässigkeit genügt zur Durchsetzung von Ansprüchen auf Schadensersatz. Unserer Ansicht nach bleibt dem BGH kaum eine andere Option, als sich dem EuGH und geltendem europäischen Recht anzuschließen, was die Chancen für Millionen betroffene Autofahrer enorm stärken würde.

Insgesamt wird der BGH sich mit gleich drei Verfahren zeitgleich beschäftigen. Alle drei Kläger wollen ihre Kauf- und Finanzierungsverträge rückabwickeln und so gestellt werden, als hätten sie ihr Fahrzeug nie gekauft. In allen drei Fahrzeugen sind Motoren mit sog. Thermofenstern verbaut, die von EuGH als illegale Abschalteinrichtung eingestuft wurden. 

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BGH entscheidet in drei Verfahren

Im ersten geht es um die Klage eines Fahrzeugbesitzers, der einen VW Passat mit dem Diesel-Motor EA288-Motor erworben hatte. Der EA288- Motor ist der Diesel-Nachfolge-Motor des EA189, der 2015 das Abgasbeben ausgelöst hatte. Das spezielle Fahrzeug wurde bislang nicht offiziell zurückgerufen, jedoch wurde in unabhängigen Abgastests bereits festgestellt, dass u.a. der Passat mit dem verbauten EA288-Motor im Normalbetrieb unerlaubt viele Schadstoffe ausstößt. Der Mann fordert im Verfahren daher Schadensersatz von Volkswagen (BGH, Az. VIa ZR 335/21).

In einem der beiden weiteren Verfahren verhandelt der BGH über die Klage eines Audi-Besitzers, der eine Audi SQ5 Allroad 3.0 TDI gekauft hatte, welches mit einem Motor der Baureihe EA 896Gen2BiT ausgerüstet ist. Er hatte den Wagen allerdings erst erworben, nachdem die Manipulation des Fahrzeugs bereits öffentlich bekannt war (BGH, Az. VIa ZR 533/21).

Im dritten Verfahren verhandelt der BGH schließlich über die Klage eine Fahrzeugbesitzers, der einen Mercedes-Benz C-Klasse mit einem OM651-Dieselmotor erworben hatte und ebenfalls Schadensersatz geltend macht (BGH, Az. VIa ZR 1031/22).  

Passt BGH seine automobilfreundliche Haltung an?

Bislang hat der BGH einen Schadensersatzanspruch im Fall der sog. Thermofenster abgelehnt, da im Einbau der Thermofenster lediglich ein fahrlässiger Rechtsverstoß zu sehen sei, für einen Schadensersatzanspruch jedoch bedürfe es einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung, was in diesen Fällen nicht anzunehmen sei. Auch eine Vorlagefrage wollte der BGH dem EuGH partout nicht vorlegen. Ein Irrsinn und eine völlig unverständliche enorm automobilfreundliche Auffassung, denn der Nachweis des Vorsatzes ist für Verbraucher sehr schwierig zu führen. Wie soll ein Verbraucher die Machenschaften und Betrügereien der Autogiganten nachweisen?

Das zeigte sich, als der EuGH am 21. März 2023 per Urteil dem Abgasskandal nochmals eine völlig neue Richtung gab. Der EuGH urteilte, dass Käufer eines Fahrzeugs mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung, wie Thermofenstern, gegen den Fahrzeughersteller einen Anspruch auf Schadensersatz haben, wenn ihnen durch diese Abschalteinrichtung ein Schaden entstanden ist. Autohersteller, die mit Abschalteinrichtungen die Abgasreinigung von Dieselmotoren auf unzulässige Weise manipulieren, können insofern haftbar gemacht werden. Und dabei ging der EuGH sogar so weit, dass Ansprüche auf Schadensersatz auch dann bestehen, wenn Hersteller fahrlässig und nicht nur vorsätzlich gehandelt haben. Damit erteilte er der bisherigen Auffassung des BGH eine klare Absage.

Passt sich der BGH nun dieser Haltung an, eröffnet das Millionen von Betroffenen neue Chancen auf Schadensersatz.

Läuft es auf eine Art Differenzhypothesenvertrauensschadensersatz hinaus?

Die Verhandlung begann am 8. Mai und das Urteil wird am 26. Juni erwartet.

In der Verhandlung am 8. Mai ließ der BGH bereits durchblicken, künftig endlich Käufern von manipulierten Dieselautos einen Schadensersatzanspruch zuzusprechen. Allerdings könnte dieser dann nicht auf die Rückabwicklung des Kaufvertrages gerichtet sein, sondern auf den Ersatz einer Art Vertrauensschaden. Dieser Schaden könnte dann auf den Minderwert des Dieselautos im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abstellen. Das wäre eine Art Differenzhypothesenvertrauensschadensersatz. Einen treffenderen Begriff hat man derzeit noch nicht beim BGH. Ein Anspruch liefe in diesem Fall wohl auf die Wertdifferenz zwischen einem funktionsfähigen Auto ohne unzulässige Abschalteinrichtung und dem tatsächlich erhaltenen Auto mit der Abschalteinrichtung hinaus. ALlerdings muss abgewartwt werden, ob der BGH sich dann hier konkreter äußern wird, denn wie ein solcher Schaden letztlich konkret berechnen werden soll, blieb unklar. 

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Betroffenen Verbrauchern ist daher zu raten, sich anwaltlich beraten zu lassen. Die Chancen für die gerichtliche Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs stehen nach aktueller Rechtsprechung sehr gut. Denn da aus Sicht des EuGH Thermofenster unzulässige Abschalteinrichtungen darstellen, muss nur noch bewiesen werden, ob eine solche Einrichtung in Ihrem Auto verbaut wurde.

Nutzen Sie daher diese neue Entwicklung und lassen sich durch unsere Kanzlei anwaltlich beraten. Wir prüfen Ihren konkreten Fall und geben Ihnen eine Ersteinschätzung, bevor wir uns auf ein gemeinsames Vorgehen einigen.

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