Wer um 1 Uhr nachts an einer Tankstelle und in einem Imbiss einen Lamborghini von einem Verkäufer erwirbt, der verschiedene Schreibweisen der Personalien des vermeintlichen Eigentümers vorlegt und zudem keine Vollmacht vorweisen kann, sollte laut OLG Oldenburg zumindest ein klein wenig Skepsis an Tag legen. Ein gutgläubiger Erwerb jedenfalls scheide aus.

Kann man einen Lamborghini nachts um 1 Uhr auf einem Imbiss-Parkplatz erwerben? Oder muss man Zweifel haben, ob es in so einer Situation mit rechten Dingen zugeht? Über einen solchen Fall hat jetzt das Oberlandesgerichts (OLG) Oldenburg entschieden (OLG Oldenburg, Urteil vom 27.03.2023, Az. 9 U 52/22).

Der Kläger aus Spanien hatte seinen Lamborghini an eine Agentur vermietet, die den Wagen weitervermietete. Nach der Mietzeit war das Fahrzeug weg. Es wurde zur Fahndung ausgeschrieben.

Der im Emsland ansässige beklagte Mann meldete sich auf eine Anzeige bei „mobile.de“, wo das Fahrzeug angeboten wurde. Er kam in Kontakt mit zwei Brüdern, die Vorgaben, das Auto für einen in Spanien lebenden Eigentümer verkaufen zu wollen. Man traf sich auf dem Parkplatz einer Spielothek in Wiesbaden, wo der Mann das Fahrzeug besichtigte, und verabredete die Übergabe wenige Tage später. Zuvor, so die Brüder, bräuchten sie das Fahrzeug noch für eine Hochzeitsfahrt.

Man traf sich einige Tage später auf dem Gelände einer Tankstelle in Essen. Die Brüder trafen mit mehreren Stunden Verspätung gegen 23 Uhr am verabredeten Treffpunkt ein und gaben u.a. an, in eine Polizeikontrolle geraten zu sein. Dort habe es Verzögerungen gegeben, weil noch „eine Rechnung beim Amt“ offen gewesen sei.

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Der Kaufvertrag wurde in dieser Nacht gegen 1 Uhr in einem Schnellrestaurant unterschrieben. Dem beklagten Mann wurde die Vorderseite einer Kopie des Personalausweises des angeblichen Eigentümers vorgelegt. Es ergaben sich auffällige Abweichungen der Schreibweise des Namens und der Adresse in dem Kaufvertrag und den Zulassungsbescheinigungen. Der Mann gab dennoch seinen alten Lamborghini für 60.000 Euro in Zahlung und zahlte an die Brüder weitere 70.000 Euro in bar. Er erhielt neben dem Auto die Zulassungsbescheinigungen sowie die Schlüssel. Als der Mann das Fahrzeug auf sich anmelden wollte, stellte sich heraus, dass dieses unterschlagen worden war.

Der spanische Kläger verlangte nun als Eigentümer die Herausgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht Osnabrück wies die Klage zunächst ab. Der Mann, so das LG, habe „gutgläubig“ Eigentum erworben (§ 932 BGB). Denn er habe nicht gewusst, dass der im Kaufvertrag benannte Veräußerer in Wahrheit nicht Eigentümer sei, und habe auch nicht grob fahrlässig gehandelt.

Zum rechtlichen Hintergrund: Normalerweise kauft man eine Sache vom Eigentümer dieser Sache. Manchmal scheint es aber auch nur so, als sei der Verkäufer der Eigentümer, etwa wenn er eine Sache tatsächlich nur geliehen oder gemietet hat und die Sache verkauft. Dann kann der Erwerber trotzdem Eigentum erwerben. Juristen nennen das „gutgläubigen Erwerb“. Voraussetzung ist immer, dass der Käufer in gutem Glauben an die Berechtigung des Verkäufers war. Dann kann es sein, dass der wahre Eigentümer sein Eigentum verliert, obwohl er von dem Verkauf gar nichts wusste.

Das OLG sah dies allerdings anders und bewertete das Verhalten des Mannes als grob fahrlässig. Trotz Vorlage von Original-Zulassungsbescheinigungen seien die Gesamtumstände so auffällig, dass er hätte stutzig werden müssen. Er habe allein mit den als Vermittler auftretenden Brüdern verhandelt, ohne in Kontakt mit dem von den Brüdern benannten angeblichen Eigentümer zu treten oder sich eine Vollmacht der Brüder vorlegen zu lassen.

Auch Ort und Zeit des Kaufvertrages, die Nutzung des Fahrzeuges durch die Vermittler für eine Hochzeitsfeier, die fraglose Inzahlungnahme des alten Lamborghinis, die unterschiedlichen Schreibweisen der Personalien des angeblichen Eigentümers – all dies hätte ihn zu weiteren Nachforschungen veranlassen müssen. Besondere Vorsicht sei auch deshalb geboten gewesen, weil es sich um ein Luxusfahrzeug handelte, das erst wenige Tage zuvor in Deutschland zugelassen worden war. Er könne sich daher nicht auf einen gutgläubigen Erwerb berufen. Der Mann müsse das Auto daher nun an den spanischen Kläger herausgeben.

tsp

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