In einem Online-Shop beworbene Produkte müssen vorrätig und lieferbar sein. Ist dies nicht der Fall, muss der Verbraucher umgehend auf den knappen Warenbestand hingewiesen werden. Bleibt ein solcher Hinweis aus, liegt eine unlautere geschäftliche Handlung im Sinne des Gesetzes gegen unlauteren Wettbewerb vor.

Gaming-Fans kennen seit beinahe einem Jahr das Dilemma. Die Playstation 5 ist überall ausverkauft. Auch im August 2021 ist der Bestand knapp. Ein Ärgernis für zig Tausende Kundinnen und Kunden. Dennoch wurde vielfach suggeriert, das die PS5 lieferbar sei. Das Online-Shops jedoch nicht mit Artikeln werben dürfen, die nicht lieferbar sind, hat nun das Landgericht (LG) Ingolstadt in einem Fall klargestellt.

Das LG Ingolstadt hat einer Elektronikmarktkette untersagt, künftig mit einem Verkaufscountdown unter Einblendung einer ablaufenden Uhr zu werben, wenn die dabei angebotenen Waren tatsächlich nicht zum Verkauf bereit stehen (LG Ingolstadt, Urteil vom 15.06.2021, Az.: 1 HK O 701/20).

Elektronikmarktkette warb mit nicht vorrätigen Produkten

Dem Verfahren liegt eine einwöchige Werbeaktion einer Elektronikmarktkette zugrunde. Im Rahmen dieser Aktion wurden unter dem Motto „7 Tage – 7 Kracher“ jeden Tag verschiedene Produkte beworben und zu einem Angebotspreis angeboten. Unter anderem auch ein Smartphone des Modells Samsung Galaxy S10. Das Problem dabei: Die angebotenen Produkte waren nicht vorrätig. Die Kundinnen und Kunden konnten die beworbenen Produkte während der Verkaufsaktion also weder online bestellen noch in den Märkten abholen.

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Wettbewerbszentrale sieht in dem Angebot eine unlautere geschäftliche Handlung  

In der fehlenden Bereitstellung der beworbenen Artikel der Angebotsaktion sah die auf Abmahnungen spezialisierte Wettbewerbszentrale eine unlautere geschäftliche Handlung.

Zur Information: Die Wettbewerbszentrale, die vollständig eigentlich “Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs Frankfurt am Main e. V.” lautet, ist ein Wettbewerbsverband, der schon seit vielen Jahren in großem Stil Unternehmen abmahnt. Wettbewerbsverbände sind ein Zusammenschluss von Interessengruppen oder mehrerer Geschäftszweige, die unter anderem das Ziel verfolgen rechtlich gegen Wettbewerbsverstöße vorzugehen.

Gerade bei solchen Aktionen erwarte der Verbraucher, dass die beworbenen Artikel bis zum Ablauf der Aktion auch tatsächlich zum Kauf zur Verfügung stünden. Nachdem die Elektronikmarktkette eine außergerichtliche Einigung ablehnte, erhob die Wettbewerbszentrale Unterlassungsklage beim LG Ingolstadt.

Doch ab wann ist eine solche Werbung als unlautere geschäftliche Handlung zu qualifizieren? Stets unzulässige Handlungen – also Handlungen, die in jedem Fall unzulässig sind – benennt der Anhang zu § 3 Abs. 3 Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG). Die sogenannte „schwarze Liste“ enthält dreißig Tatbestände, die eine unlautere geschäftliche Handlung darstellen und welche von Wettbewerbern abgemahnt werden können.

Im aktuellen Fall ist die Ziffer 5 anwendbar. Danach liegt eine unzulässige geschäftliche Handlung immer dann vor, wenn es sich um sogenannte „Lockangebote“ handelt. Unzulässig ist die geschäftliche Handlung daher u.a. dann, wenn die zu einem bestimmten Preis angebotenen Waren- oder Dienstleistungsangebote nicht vorrätig sind. In diesen Fällen muss der Unternehmer den Verbraucher darüber aufklären, sobald er hinreichende Gründe für die Annahme hat, dass er die angebotenen oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen nicht innerhalb eines angemessenen Zeitraums in angemessener Menge zum genannten Preis bereitstellen kann.

Bei der Frage nach der Angemessenheit kommt es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls an. Als Maßstab ist dabei auf den durchschnittlichen Verbraucher abzustellen. Es ist also zu fragen, was der durchschnittliche Verbraucher in dem Fall als „angemessen“ erwarten kann. Zu berücksichtigen sind dabei auch weitere konkrete Umstände, wie die Gestaltung der Werbung, der zu erwartende Kundenandrang etc.

Wenn es also Gründe für die Annahme gibt, dass der Warenvorrat die zu erwartende Nachfrage nicht decken wird, muss der jeweilige Betreiber des Shops den Verbraucher bereits in der Werbung darüber aufklären. Ein Hinweis wie „Nur solange der Vorrat reicht“ reicht dafür in der Regel aus.

LG Ingolstadt schließt sich der Wettbewerbszentrale an

Einen solchen Hinweis hatte der Elektronikmarkt gegenüber seinen Kunden jedoch nicht abgegeben. Das LG Ingolstadt schloss sich in seinem Urteil daher der Auffassung der Wettbewerbszentrale an, dass eine solche Werbung irreführend sei.

Entgegen der von der Beklagten vertretenen Auffassung erwarte der Verkehr von der streitgegenständlichen Werbung, dass sämtliche der dort genannten 7 Produkte über den gesamten Aktionszeitraum durchgehend zum Verkauf (und zur sofortigen Lieferung) zur Verfügung stehen. Dies ergebe sich nach Ansicht des Gerichts bereits aus der Tatsache, dass das Angebot im Internet ohne gegenständliche Beschränkung aufrechterhalten blieb, obwohl für das beklagte Unternehmen jederzeit die Möglichkeit einer Aktualisierung bestand. Zudem sprach sich das Gericht für ein hohes Verbraucherschutzniveau aus und betonte, dass den Beklagten eine Aufklärungspflicht treffe, wenn er „hinreichende Gründe für die Annahme“ einer unzureichenden Bevorratung hat. Ein solcher Hinweis an die Kunden stelle auch keine unzumutbare Belastung für den jeweiligen Shop-Betreiber dar.

Aus diesem Grund gab das Gericht den Anträgen der Wettbewerbszentrale statt.

jwi