Wann Influencer ihre Postings als Werbung kennzeichnen müssen, wird von den Gerichten derzeit noch völlig unterschiedlich entschieden. Im Fall von Pamela Reif hat nun das OLG Karlsruhe über die Kennzeichnung bei sog. Tap Tags entschieden- und auch gleich Revision zum BGH zugelassen.

Machen Influencer auch dann Werbung, wenn sie für ihre Marken-Verlinkungen kein Geld bekommen?  Diese Frage ist weiterhin höchst umstritten und wird gerade von Obergerichten derzeit noch völlig unterschiedlich gewertet. Eine desaströse Situation für Influencer. Vor Gericht ging es aktuell um den Fall der Influencerin Pamela Reif, die mit 6,4 Millionen Followern zu Deutschlands erfolgreichsten Influencern zählt. Kern des Verfahrens war allerdings nicht die allgemeine Frage nach einer Pflicht zur Kennzeichnung sämtlicher Posts, sondern Vielmehr ging es ausschließlich darum, ob eine solche Kennzeichnung erforderlich ist, wenn sog. „Tap Tags“ verwendet werden, die zu den Seiten anderer Unternehmen führen.

Zur Information: „Tap Tags“ sind anklickbare Bereiche innerhalb eines geposteten Bildes, die Links zu den Anbietern oder Herstellern bestimmter Produkte, insbesondere auf dem Bild zu sehender Kleidungsstücke oder anderer Gegenstände enthalten.

Das OLG Karlsruhe hat zu der weiterhin umstrittenen Frage nun Stellung genommen und entschied, dass Pamela Reif ihre Beiträge auf Instagram als Werbung zu kennzeichnen hat (Urt. v. 09.09.2020, Az. 6 U 38/19).

Als Faustformel gilt grundsätzlich: Wer Werbung betreibt, der muss dies auch als Werbung kennzeichnen. Soweit so gut, wären sich die Gerichte bei der Frage auch einig. Sind sie aber nicht. Ganz im Gegenteil. Und diese bisher uneinheitliche Handhabung sorgt leider weiterhin für enorme Unsicherheit in der Branche. Postings sind zwar grundsätzlich immer dann als unzulässige Schleichwerbung einzustufen, wenn redaktionelle Texte und Werbung nicht hinreichend deutlich voneinander abgegrenzt werden. Das Problem: Da sich Influencerinnen und Influencer zumeist selbst vermarkten, sind kommerzielle und private Interessen oft nur schwer voneinander zu unterscheiden.

Insbesondere bei unentgeltlichen Postings sind sich die Gerichte aktuell noch völlig uneins. Während das OLG Hamburg Anfang Juli entschied, dass Influencer ihre Beiträge nicht ausdrücklich als Werbung kennzeichnen müssen, wenn es für den Verbraucher offensichtlich ist, dass es sich um Werbung handelt, entschied das LG Köln indes ebenfalls im Juli, dass sogar auch Postings als Werbung gekennzeichnet werden müssen, für die es gar kein Geld gibt. Denn auch wenn keine Werbeverträge zwischen Influencern und den Unternehmen bestehen, handele es sich bei den Produktempfehlungen um geschäftliche Handlungen, die entsprechend gekennzeichnet werden müssen, so das LG.

Völlig entgegen der Auffassung der Kölner Richter wiederum entschied das OLG München im Fall von Cathy Hummels im Juni: Hier entschied das Gericht im Sinne des OLG Hamburg, dass Cathy Hummels auf Instagram auf Marken bzw. Unternehmen sehr wohl verlinken dürfe, ohne diese Postings als Werbung zu kennzeichnen. Nicht, weil sie nicht gewerblich handele – sondern weil die Gewerblichkeit ihres Accounts umgekehrt für jedermann offensichtlich sei, so die Begründung.

Das OLG Braunschweig wiederum sah darin, wie das LG Köln, zuletzt auch eine unzulässige Werbung. Durch das Einstellen der Bilder und die Verknüpfung mit den Namen und Accounts der Hersteller würden Influencer zu kommerziellen Zwecken handeln. Sie betrieben den Instagram-Account nicht privat, sondern auch zugunsten der Imagepflege und zum Aufbau ihrer eigenen Marke und ihres Unternehmens.

Höchstrichterliche Rechtsprechung fehlt bislang, weshalb man aktuell sagen muss, dass sich Influencer dringend rechtlich absichern sollten, um nicht Gefahr zu laufen, kostenpflichtig abgemahnt zu werden. Der Fall Pamela Reif könnte künftig aber den BGH beschäftigen.

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Pamela Reif muss sog. Tap Tags kennzeichnen

Dabei hat das OLG ein vorangegangenes Urteil des Landgerichts (LG) Karlsruhe bestätigt, das eine wettbewerbsrechtliche Pflicht zu einer solchen Kennzeichnung gesehen hatte.

Zunächst war von den Richtern zu klären, ob Postings von Pamela Reif mit solchen „Tap Tags“ überhaupt geschäftliche Handlungen sind. Die Influencerin hatte die Ansicht vertreten, es handele sich lediglich um private Meinungsäußerungen und die „Tap Tags“ seien nur eingefügt, um Anfragen ihrer Follower zuvorzukommen. Dieser Auffassung ist das OLG im Ergebnis jedoch nicht gefolgt, sondern hat dieses Vorgehen bei einem Instagram-Business-Account, wie ihn Pamela Reif unterhält, als geschäftliche Handlung angesehen. Der erforderliche Unternehmensbezug sei sowohl im Hinblick auf den eigenen Gewerbebetrieb Reifs als Influencerin als auch im Hinblick auf die „getaggten“ Unternehmen gegeben. Der daneben erforderliche Marktbezug liege ebenfalls vor, denn die Posts dienten sowohl der Aufwertung des Images Reifs und damit der Steigerung des Werts der von ihr angebotenen Dienstleistungen als auch der Förderung des fremden Absatzes, also den „getaggten“ Unternehmen.

OLG Karlsruhe bejaht Wettbewerbsverstoß

In einem weiteren Schritt hatte sich das OLG Karlsruhe damit zu befassen, ob Reif durch das Setzen von „Tap Tags“ in mehreren Posts ohne Kennzeichnung des kommerziellen Zwecks gegen das Verbot der unzulässigen getarnten Werbung aus § 5a Abs. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) verstoßen habe. Das OLG Karlsruhe hat diese Frage bejaht und einen entsprechenden Wettbewerbsverstoß angenommen.

Der kommerzielle Zweck der „Tap Tags“ ergebe sich in der Wahrnehmung der Verbraucher nicht bereits unmittelbar aus den Umständen. Zwar sei den Followern klar, dass die Influencerin poste, um eigene wirtschaftliche Interessen zu verfolgen. Anderes gelte jedoch für den weiteren kommerziellen Zweck, zugunsten anderer Unternehmen tätig zu sein und den Absatz derer Produkte zu fördern. Pamela Reif werde von den Mitgliedern der „Community“ bis zu einem bestimmten Punkt als „authentisch“ und „eine von ihnen“ wahrgenommen, so die Karlsruher Richter. Die wettbewerbliche Gefährdungslage resultiere gerade aus der Gemengelage von diesem privaten Erscheinungsbild einerseits und von Drittinteressen beeinflussten Kommunikationselementen andererseits. Diese Intransparenz begründe eine Pflicht zur Klarstellung, an welchen Stellen objektiv fremder Wettbewerb gefördert werde, und zwar unabhängig davon, ob die Influencerin für den Einsatz von „Tap Tags“ Zahlungen erhalte.

Revision zum BGH zugelassen

Das OLG hat die Revision zum Bundesgerichtshof (BGH) zugelassen. Die Frage, inwiefern das Setzen von „Tap Tags“, die nicht als Werbung gekennzeichnet sind, in Instagram-Posts von Influencern unlauter sein kann, sei im Hinblick auf divergierende Rechtsprechung mehrerer Oberlandesgerichte zur Werbekennzeichnung von Instagram-Postings allgemein eine höchstrichterlich klärungsbedürftige Rechtsfrage.

tsp