Wird ein Flug annulliert, können Reisende selbst bestimmen, wann sie einen kostenlosen Ersatzflug antreten. Hierfür dürfen auch keine Zuzahlungen verlangt werden. Somit können Betroffene – soweit Plätze verfügbar sind – den Ersatzflug auch zu einem deutlich späteren Zeitpunkt antreten.

Pandemiebedingt war es im März und April 2020 zu zahlreichen Flugannullierungen gekommen. Gemäß ihrer Rechte nach der EU-Fluggastrechteverordnung wählten zwei Betroffene eine Ersatzbeförderung und wünschten eine Umbuchung zu einem späteren Zeitpunkt im Verlauf des Jahres beziehungsweise im Folgejahr. Einen kostenlosen Ersatzflug ohne unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang zur ursprünglichen Reiseplanung wollte die Lufthansa aber nicht kostenlos, sondern nur gegen Aufpreis ermöglichen. Nachdem die dagegen gerichteten Unterlassungsklagen der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen in den Vorinstanzen erfolglos waren, legte sie Revision ein. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Revisionen nunmehr stattgegeben und untersagte der Fluggesellschaft ein solches Vorgehen. Soweit Plätze verfügbar seien, könnten Betroffene einen Ersatzflug auf Wunsch auch zu einem deutlich späteren Zeitpunkt antreten (Urt. v. 27.06.2023, Az. X ZR 50/22).

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Langwieriger Prozess

Zunächst hatte das Landgericht (LG) Köln Lufthansa im Eilverfahren ihr bisheriges Vorgehen untersagt und stützte sich auf den Wortlaut der EU-Fluggastrechteverordnung, der bestimme, dass der Verbraucher die neuen Reisedaten vollkommen frei wählen dürfe. Das Oberlandesgericht (OLG) Köln war anderer Meinung und hob die einstweilige Verfügung mit der Begründung auf, ein zeitlicher Zusammenhang sei erforderlich. Verwiesen wurde unter anderem auf das deutsche Werkvertragsrecht.

In der Verhandlung des BGH positionierte sich der Senat sodann eindeutig: eine Ersatzbeförderung müsse auch zum Wunschtermin erfolgen können. Die Fluggastrechte müssten auch bei einem außergewöhnlichen Ereignis wie der Corona-Pandemie gelten. Die EU-Fluggastrechteverordnung hält für Verbraucher einige wichtige Rechte im Fall einer Annullierung parat. Danach dürfen Reisende bei einer Annullierung wählen zwischen der Erstattung des Flugpreises und einer Ersatzbeförderung. Entscheiden sie sich für eine Ersatzbeförderung, muss die Fluggesellschaft die Umbuchung entgeltfrei und unter vergleichbaren Reisebedingungen erbringen.

Kein zeitlicher Zusammenhang erforderlich

Die Beantwortung der Frage, ob ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Ersatzbeförderung und dem ursprünglichen Reisedatum gegeben sein müsse, sei laut der Verbraucherzentrale NRW besonders für die Reisenden von hoher Bedeutung gewesen. Es sei entscheidend, dass es einen Anspruch auf zeitliche Flexibilität bei der Umbuchung des Fluges gebe, da mit dem Zeitpunkt des Fluges häufig die gesamte Urlaubsplanung stehe oder falle. Die neue Entscheidung des BGH hat für Verbraucher nun den Vorteil, dass sie auch besonders beliebte und somit teure Reisedaten für ihren Ersatzflug wählen können. Ein zeitlicher Zusammenhang sei zumindest dann nicht erforderlich, wenn Passagiere nach einer Annullierung ein anderes Reisedatum mit der gleichen Airline wählen wollen. 

jvo/ezo