30 Jahre muss ein Auto alt sein, um als Oldtimer gelten zu können. Wer ein solch altes Auto kauft, der wird (je nach Zustand) damit rechnen müssen, dass nicht mehr alles intakt ist und einwandfrei funktioniert. Muss bei einem Oldtimer-Kauf, vor dem aber ein einwandfreier Zustand der Klimaanlage zugesagt wurde, jedoch ebenfalls damit gerechnet werden, dass Mängel auftreten oder bedeutet einwandfrei selbst bei alten Autos wirklich einwandfrei? Diese Frage musste nun der BGH beantworten.

Wenn der Verkäufer bei einem Oldtimer angibt, dass die Klimaanlage einwandfrei funktioniert, dann darf der Käufer dies auch trotz des hohen Alters des Autos erwarten. Das entschied nun der Bundesgerichtshof (BGH), nachdem ein Käufer vom Verkäufer die Reparaturkosten für die angeblich einwandfreie Klimaanlage verlangte. Der Anspruch ist auch dann nicht ausgeschlossen, wenn der Verkauf unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung erfolgte, so der BGH (Urt. v. 10.04.2024, Az. VIII ZR 161/23).

Diesen Oldtimer-Kauf hat sich der Käufer sicherlich weniger kompliziert vorgestellt: Vor gut drei Jahren, im März 2021, erwarb bei einem Privatkauf der Käufer und spätere Kläger einen Mercedes-Benz 380 SL, erstmals im Juli 1981 zugelassenen. Das Auto wies zu dem Zeitpunkt eine Laufleistung von rund 150.000 km auf und kostete den Käufer 25.000 Euro. Der Mercedes wurde über eine Onlineplattform angeboten. In der Verkaufsanzeige hieß es dem BGH nach, die Klimaanlage funktioniere einwandfrei. Der Verkauf des Oldtimers sollte laut Anzeige außerdem unter Ausschluss jeglicher Sachmängelhaftung erfolgen.

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Klimaanlage erwies sich zwei Monate nach Kauf als defekt

Zwei Monate nach dem Kauf folgte eine böse Überraschung für den neuen Halter des 380 SL: Die Klimaanlage des Wagens erwies sich als defekt. Und diese Überraschung sollte auch etwas kosten: Für die Reparatur des Kompressors wurden nämlich 1.750 Euro fällig. Die angefallenen Kosten wollte der neue Halter des Wagens nicht tragen, also verlangte er die Reparaturkosten vom Verkäufer zurück.

Zunächst sahen sich die beiden Parteien vor dem Amtsgericht Wetzlar und dann vor Landgericht Limburg an der Lahn wieder. Vor beiden Gerichten musste der Käufer eine Schlappe hinnehmen, denn beide Instanzen entschieden zugunsten des Verkäufers. Das LG argumentierte noch, der Gewährleistungsausschluss erstrecke sich durchaus auf Mängel an der Klimaanlage. Jedoch sei bei einem Oldtimer, der rund 40 Jahre alt ist, trotz Beschaffenheitsvereinbarung stets mit einem gewissen Instandsetzungsbedarf zu rechnen. Laut den Limburger Richtern hätte der Käufer daher nicht erwarten dürfen, dass die schon lange Zeit über ihre technische Lebensdauer hinaus betriebene Klimaanlage auch weiterhin funktionieren werde. Allerdings wurde die Revision zum BGH zugelassen, weshalb es zu einem erneuten Aufeinandertreffen der beiden Parteien in Karlsruhe kommen sollte.

Haftungsausschluss kann sich nicht auf Beschaffenheitsvereinbarung beziehen

Die Karlsruher Richter vertraten eine andere Meinung als die Kollegen aus den Vorinstanzen. Bei einer (ausdrücklich oder stillschweigend getroffenen) Beschaffenheitsvereinbarung nach § 434 Abs. 1 S. 1 BGB alte Fassung (§ 434 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 Nr. 1 BGB neue Fassung) sei nach gefestigter höchstrichterlicher Rechtsprechung ein daneben vereinbarter allgemeiner Haftungsausschluss für Sachmängel so auszulegen, dass er nicht für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit gelten solle, sondern lediglich für sonstige Mängel – nämlich die nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB alte Fassung.

An dieser Einschätzung würde nach dem VIII. Zivilsenat auch nichts ändern, dass der Verkäufer bereits in seiner Verkaufsanzeige die beiden widersprüchlichen Angaben gemacht hatte. Laut BGH würde gerade das – aus Sicht eines verständigen Käufers – gleichrangige Nebeneinanderstehen einer Beschaffenheitsvereinbarung einerseits und eines Ausschlusses der Sachmängelhaftung andererseits gebieten, den Gewährleistungsausschluss als beschränkt auf etwaige, hier nicht in Rede stehende Sachmängel nach § 434 Abs. 1 S. 2 BGB alte Fassung aufzufassen.  Sollte sich der Gewährleistungsausschluss auch auf vereinbarte Beschaffenheiten erstrecken, wäre eine entsprechende vorherige Vereinbarung zwischen den Parteien laut dem Senat „ohne Sinn und Wert“ – außer im Fall der Arglist des Verkäufers (§ 444 Alt. 1 BGB), der hier jedoch nicht vorliegt.

Im Urteil äußerte der BGH sich auch noch zu den Besonderheiten im Erwerb älterer Gegenstände. Laut dem Gerichtshof würde besonders in Fällen, in denen die Funktionsfähigkeit eines bestimmten Fahrzeugteils Gegenstand einer Beschaffenheitsvereinbarung ist, das hohe Alter des Fahrzeugs oder des betreffenden Bauteils nicht die Annahme rechtfertigen, ein vereinbarter allgemeiner Gewährleistungsausschluss gelte auch für das Fehlen der vereinbarten Beschaffenheit. Auch gelte dies für den Umstand, dass das entsprechende Bauteil typischerweise einem Verschleiß unterliege. Der Senat betonte, dass das Alter des Fahrzeugs sowie die Verschleißanfälligkeit eines Bauteils zwar durchaus für die übliche Beschaffenheit eines Gebrauchtwagens von Bedeutung sein könne. Allerdings seien diese Umstände weder für die Frage einer konkret vereinbarten Beschaffenheit noch für die maßgebliche Frage relevant, welche Reichweite ein allgemeiner Gewährleistungsausschluss im Fall einer vereinbarten Beschaffenheit habe. Das Limburger LG wird daher den Fall erneut prüfen müssen.

agr