Der EuGH entschied heute darüber, ob einem Verbraucher neben seinem regulären Widerrufsrecht auch ein zweites Widerrufsrecht zusteht, sofern er ein Testabonnement im Fernabsatz abgeschlossen hat, welches sich nach dessen Ablauf automatisch und kostenpflichtig verlängert. Maßgeblich ist der Umstand, ob der Verbraucher ausreichend darüber informiert wurde, dass das Abonnement bei nicht erfolgter Kündigung kostenpflichtig wird.

Ein Verbraucher hat ein einziges Mal das Recht, ein im Fernabsatz abgeschlossenes Abonnement, das anfangs kostenlos ist und sich automatisch verlängert, zu widerrufen. Anderes gilt, wenn der Verbraucher nicht hinreichend über die Gesamtkosten des Abonnements informiert wurde (Europäischer Gerichtshof (EuGH), Urt. v. 05.10.2023, Rs. C-565/22).

Das Unternehmen Sofatutor betreibt Internet-Lernplattformen für Schüler. Das Unternehmen bietet seine Leistungen über das Internet im gesamten österreichischen Bundesgebiet an und tritt dabei laufend mit Verbrauchern aus Österreich in rechtsgeschäftlichen Kontakt. Beim erstmaligen Abschluss eines Abonnements auf der Plattform kann dieses 30 Tage lang kostenlos getestet und während dieser Zeit jederzeit fristlos gekündigt werden. Das Abonnement wird erst nach Ablauf dieser 30 Tage kostenpflichtig. Wenn der kostenpflichtige Abonnementzeitraum abläuft, ohne dass eine Kündigung erfolgt ist, verlängert sich das Abonnement automatisch um einen bestimmten Zeitraum. Bei einem Vertragsschluss im Fernabsatz informiert Sofatutor die Verbraucher über das ihnen zustehende Rücktrittsrecht (Widerrufsrecht).

Keine Information über zweites Widerrufsrecht

Über ein zweites Widerrufsrecht bei Überleitung des Testabonnements in ein reguläres kostenpflichtiges Abonnement und auch bei der Verlängerung eines regulären Abonnements informierte das Unternehmen die Verbraucher jedoch nicht. Hiergegen klagte sodann der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Er war der Ansicht, dass dem Verbraucher ein solches zweites Widerrufsrecht zustehe.

Während das Erstgericht noch zugunsten des VKI entschied, änderte das Berufungsgericht das Urteil und wies die Klage ab. Gegen diese Entscheidung richtete sich sodann die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des VKI an den Obersten Gerichtshof. Dieser legte die streitige Rechtsfrage dem EuGH vor.

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Zweites Widerrufsrecht nur bei unklarer oder fehlender Information

Der Gerichtshof entschied nun – in Bezug auf einen Abonnementvertrag, der anfangs einen kostenlosen Zeitraum vorsieht und sich, wenn dieser Vertrag nicht gekündigt wird, automatisch verlängert – dass dem Verbraucher das Recht, einen Fernabsatzvertrag zu widerrufen grundsätzlich nur ein einziges Mal zukommt. Anderes gelte jedoch dann, wenn der Verbraucher bei Abschluss des Abonnements nicht klar, verständlich und ausdrücklich darüber informiert wurde, dass dieses Abonnement nach einem kostenlosen Anfangszeitraum kostenpflichtig wird. In einem solchen Fall müsse dieser über ein erneutes Widerrufsrecht verfügen.

Der Gerichtshof entscheidet jedoch nicht über den nationalen Rechtsstreit. Es ist Sache des nationalen Gerichts, über die Rechtssache im Einklang mit der Entscheidung des Gerichtshofs zu entscheiden. Diese Entscheidung des Gerichtshofs bindet in gleicher Weise andere nationale Gerichte, die mit einem ähnlichen Problem befasst werden.

ezo