Stehen einem Fluggast Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik zu, wenn der Flug verpasst wird, weil die Sicherheitskontrolle am Flughafen zu lange gedauert haben soll? Das Landgericht Köln entschied nun in einem Fall, dass Ansprüche jedenfalls dann ausscheiden, wenn der Fluggast entgegen den Empfehlungen des Flughafenbetreibers nicht rechtzeitig am Check-in beziehungsweise zur Sicherheitskontrolle erscheint.

Verpasst ein Passagier seinen Flug, weil er sich nicht an die Check-in-Empfehlungen des Flughafens gehalten hat und daher zu spät aus der Sicherheitskontrolle kommt, stehen ihm keine Ansprüche gegen die Bundesrepublik zu. Das entschied nun das Landgericht (LG) Köln (LG Köln Urt. v. 25.04.2023, Az. 5 O 250/22).

Ein Fluggast hatte gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin für den 8. September 2021 einen Flug vom Flughafen Köln/Bonn nach Faro gebucht. Geplanter Abflug war 11:40 Uhr. Auf der Internetseite des Flughafens wurde darauf hingewiesen, dass in verkehrsreichen Spitzenzeiten die Sicherheitskontrolle bei höherem Passagieraufkommen länger dauern könne. Fluggäste seien daher angewiesen, rechtzeitig zu erscheinen. Wörtlich hieß es: „In der Regel öffnet der Check-in am Flughafen 2,5 – 3 Stunden vor dem Abflug. Es empfiehlt sich, diese Zeit für Check-in und Sicherheitskontrolle am Flughafen mindestens einzuplanen und nach dem Check-in zügig zur Sicherheitskontrolle zu gehen.“

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Keine Verletzung schützender Amtspflichten

Gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin fand sich der Fluggast erst um 9:20 Uhr am Abflughafen ein. Die Gepäckabgabe für den gebuchten Flug öffnete um 9:30 Uhr. Gegen 9:50 Uhr konnten der Fluggast und seine Partnerin ihr Gepäck aufgeben. Im Anschluss gaben sie noch ein Sperrgepäckstück im dafür vorgesehenen Bereich ab und begaben sich sodann zur Sicherheitskontrolle. Da sich der Fluggast und seine Lebensgefährtin nach Passieren der Sicherheitskontrolle zu spät am Gate einfanden, startete das Flugzeug ohne sie. Die weiteren Einzelheiten zwischen den Parteien sind streitig.

Der Fluggast begehrte von der beklagten Bundesrepublik für sich und seine Lebensgefährtin Erstattung entstandener Mehrkosten in Höhe von insgesamt 968,44 Euro unter anderem für Taxi und Umbuchung und stützte dies auf seiner Ansicht nach mangelhaft organisierte Sicherheitskontrollen durch die Beamten der Bundesrepublik.

Das LG Köln hat diesen Antrag nun als unbegründet zurückgewiesen. Zunächst scheide ein Amtshaftungsanspruch nach § 839 Abs. 1 S. 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG aus. Grund dafür sei, dass die Beamten gegenüber dem Fluggast und seiner Partnerin keine schützende Amtspflicht hatten. Für die öffentlichen Behörden bestehe allgemein die Verpflichtung, Eingriffe in die Rechtssphäre von Privatpersonen in den Grenzen des unumgänglich Notwendigen zu halten. Diese Pflicht gebiete es den Behörden, den Eingriff selbst von vornherein in seinem Umfang und gegebenenfalls in seiner Dauer auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken. Darüber hinaus obliege es ihnen, im Rahmen des Zumutbaren das ihrige zu tun, um dem einzelnen Betroffenen die Wahrung seiner Rechte zu ermöglichen oder zu erleichtern und dazu beizutragen, die nachteiligen Folgen des Eingriffs für den Betroffenen herabzumindern.

Empfehlungen der Flughäfen als Orientierungshilfe

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 und 2 LuftSiG sei die Luftsicherheitsbehörde – hier die Bundesrepublik – befugt, bei Passagieren, die den Abfertigungsbereich eines Flughafens betreten wollen, das von diesen mitgeführten Handgepäck zu durchsuchen. Dabei müssten die Maßnahmen nach § 5 LuftSiG dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (§ 4 LuftSiG), und die Sicherheitsbehörden hätten die Kontrollen zweckmäßig zu organisieren und Personal in ausreichender Zahl einzusetzen. Passagiere müssten mit einer Dauer vom Check-in bis zum Ende der Kontrolle nur in angemessener Zeit rechnen, die Länge dieser Zeitspanne hänge dabei vom jeweiligen Einzelfall ab. Eine wichtige Orientierungshilfe für die Passagiere seien hierbei allerdings die von den Flughäfen veröffentlichten Empfehlungen, wie lange man sich vor Abflug am Check-in einfinden solle.

Schon Aufgrund des eigenen Vorbringens des klagenden Fluggasts, konnte das Gericht eine schuldhafte Organisationsverletzung, die für das verspätete Eintreffen des Gasts am Gate ursächlich geworden sei, nicht feststellen. Auch wenn davon ausgegangen werde, dass er sich gegen 10:00 Uhr am Eingang zum Sicherheitsbereich eingefunden und diesen gegen 10:30 Uhr betreten habe, so sei es nicht zu beanstanden, dass die Kontrolle um 11:15 Uhr noch nicht durchgeführt gewesen sei, sondern der Kläger den Sicherheitsbereich erst um 11:35 Uhr verlassen habe können. Diese Verweildauer belege noch keine unzureichende Besetzung im Sinne eines Organisationsverschuldens.

Sperrgepäck erfordert mithin zusätzliche Zeit

Weiter gebe es auch keine erkennbaren Gründe, dass der Fluggast seinen Flug nicht rechtzeitig hätte erreichen können, wenn er den Empfehlungen des Flughafens gefolgt wäre und sich 2,5 bis 3 Stunden vor Abflug eingefunden hätte, so das Gericht. Insbesondere lege er nicht dar, warum es ihm nicht möglich gewesen sein soll, schon früher einzuchecken. Erst recht hätte hierzu Veranlassung bestanden, da der Fluggast neben seinem normalen Gepäck noch Sportgeräte als Sperrgepäck aufzugeben beabsichtigte. Dass hierfür zusätzliche Zeit erforderlich sein würde, hätte der Kläger wissen müssen. Mithin hätte ihm noch genügend Zeit für die Sicherheitskontrolle zur Verfügung gestanden, wenn er den Check-in um 9:30 Uhr oder kurz danach beendet hätte. So hätte er seinen Flug noch rechtzeitig erreichen können.

Selbst wenn man aber zugunsten des Fluggasts unterstellt, dass ein Check-in vor 9:50 Uhr nicht möglich gewesen wäre, so läge dies nicht im Verantwortungsbereich der Bundesrepublik, sondern der Fluggesellschaft, die den Schalter nicht – wie vom Flughafen angegeben – mindestens 2,5 Stunden vor Abflug geöffnet hätte. Warum dem Gast in diesem Fall kein durchsetzbarer Schadenersatzanspruch gegen die Fluggesellschaft zugestanden haben solle, habe er nicht dargetan, was dem gegen die Bundesrepublik geltend gemachten Anspruch entgegenstehe. Auch schieden polizeirechtliche Ansprüche sowie Ansprüche aus einem sogenannten enteignenden Eingriff aus. Das für den letzteren Anspruch notwendige Sonderopfer könne nicht angenommen werden, wenn der Fluggast seinen Flug lediglich deshalb versäume, weil er entgegen den Empfehlungen des Flughafenbetreibers nicht rechtzeitig am Check-in beziehungsweise zur Sicherheitskontrolle erscheint.

Die Entscheidung des LG Köln ist nicht rechtskräftig.

szi