In den vergangenen Corona-Lockdowns mussten viele Geschäfte des Einzelhandels über Monate hinweg schließen. Hohe Einnahmen blieben dadurch aus. Es verwundert deshalb nicht, dass sich nun viele Unternehmen weigern, die Mieten für ihren ungenutzten Gewerberaum in dieser Zeit zu bezahlen. Mittlerweile sind am BGH mehrere Verfahren zu dieser Thematik anhängig. Eine pauschale 50/50-Regelung zur Verteilung zwischen Mietern und Vermietern wird es aber vermutlich nicht geben.

Der Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt aktuell über mehrere Mietrechtsfälle von Einzelhändlern. Viele von ihnen mussten während der Covid-19-Pandemie ihre Filialen schließen. Nun wird aber darüber gestritten, ob sie für diese Zeiträume auch die vollständige Miete entrichten müssen. Über einen Fall aus Chemnitz haben die Richter in dieser Woche verhandelt. Auch wenn das Urteil erst im Januar verkündet werden soll, zeichnete sich jetzt schon ab, dass es wohl keine einfache und einheitliche Lösung für die zahlreichen Verfahren geben wird (Az. XII ZR 8/21).

Dass kein allgemeingültiges Urteil für alle Streitigkeiten gefunden werden kann, ist wohl für viele eine Enttäuschung, jedoch auch keine große Überraschung. Schon im Dezember 2020 hatte nämlich der Bundestag klargestellt, dass gewerbliche Mieter, die aufgrund der Pandemie ihre Läden schließen mussten, einen Anspruch auf eine Anpassung des Mietvertrags haben. Daraufhin senkten auch einige Vermieter die Mieten, andere jedoch nicht – die Ausgangssituationen der zahlreichen Kläger unterscheiden sich deshalb teils signifikant.

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Halbe-Halbe-Lösung vom OLG Dresden

Der aktuell verhandelte Fall dreht sich um eine Filiale des Discounters Kik in Chemnitz. Für einen mehrwöchigen Zeitraum im März und April 2020, in dem die Filiale geschlossen war, verlangte der Vermieter die volle Miete in Höhe von circa 7.850 Euro. Die Klage des Textilunternehmens gegen diese Forderung hatte vor dem Oberlandesgericht (OLG) Dresden allerdings Erfolg. Dies war der Meinung, dass der Mieter nur etwas die Hälfte der Miete zahlen müsse, die während der behördlich angeordneten Schließung angefallen wäre (Urteil vom 24.04.2021, Az. 5 U 1782/20).

Der mit dem Urteil befasste Senat am BGH tendiert aber dazu, das Urteil des OLG aufzuheben. Denn die ungefähre Halbierung scheint ihm eine zu pauschale Lösung zu sein. Nach Ansicht der obersten Bundesrichter müssten nämlich zahlreiche individuelle Umstände mitberücksichtigt werden. Unter anderem erhielten manche Gewerbetreibende staatliche Hilfen oder bekamen sogar Geldleistungen von Versicherungen. Diese Anforderungen des BGH deuten darauf hin, dass eine umfassende Prüfung des Einzelfalls in jedem Verfahren stattfinden muss.

Ist der Vermieter überhaupt betroffen?

Die Parteien im Kik-Fall stritten in der Verhandlung auch darüber, ob der Vermieter überhaupt von den Schließungen betroffen ist und daraus folgend auf einen Teil der Miete verzichten muss. Dagegen positionierte sich der Anwalt des Vermieters. Er ist der Ansicht, dass Mieter und Vermieter keine Solidargemeinschaft seien, und der Vermieter somit nicht solidarisch für die fehlenden Einnahmen des Gewerbetreibenden einstehen müsse. Außerdem bestünde im konkreten Fall ein Mietvertrag für insgesamt 120 Monate. Der circa einmonatige Lockdown im Jahr 2020 sei somit nicht einmal ein Bruchteil der vereinbarten Mietzeit und es könne dem Mieter deshalb nicht völlig unzumutbar sein, auch für diesen Zeitraum zu zahlen.

Anders sieht es der Berichterstatter des Verfahrens. Denn auch Vermieter seien vom Lockdown betroffen. Im Falle von Kündigungen von Filialbetreibern hätten die Vermieter ihren gewerblichen Mietraum nämlich wohl kaum anderweitig vermieten können, da der Lockdown für alle Einzelhändler galt. Deshalb seien beide Parteien betroffen und für beide müsse eine angemessene, individuelle Lösung gefunden werden.

Stellungnahme von Kik

Der Kläger des Verfahrens, Kik, zeigt sich indes erfreut über den aktuellen Gang der Verhandlungen. Sie teilten mit, dass sie schon mit über 80% ihrer Vermieter deutschlandweit Einigungen über die Mietzahlungen erzielen konnten. Dass wohl nun auch höchstrichterlich entschieden werde, dass die Mietkosten bei pandemiebedingter Schließung nicht allein vom Mieter getragen werden müssen, halten sie für das richtige Zeichen.

ses