Lärm ist nicht gleich Lärm: Im Regelfall ist Lärm, der von Spielplätzen ausgeht, immissionsschutzrechtlich privilegiert. Das bestätigte das VG Trier nun auch für Geräusche, die von der Benutzung einer Tischtennisplatte auf einem Spielplatz ausgehen. Der Lärm sei sozialadäquat und von den Nachbarn zu dulden.

Die Eigentümerin eines Wohnhauses hatte sich vom Lärm, der von einem benachbarten Spielplatz ausging, gestört gefühlt. Auf diesem war eine Tischtennisplatte aufgestellt worden. Die Eigentümerin vertrat die Ansicht, die Benutzung der Tischtennisplatte überschreite die Lärmrichtwerte der Freizeitlärmrichtlinie deutlich, vor allem während der Ruhezeiten. Regelmäßig werde die Tischtennisplatte außerdem nicht von Kindern, sondern von älteren Jugendlichen und jungen Erwachsenen bespielt. Vor diesem Hintergrund klagte sie auf Entfernung der Tischtennisplatte. Das Verwaltungsgericht (VG) Trier entschied, dass der von den tischtennisspielenden Menschen ausgehende Lärm keine wesentliche Störung darstelle. Die Geräusche seien sozialadäquat und somit zu dulden (Urt. v. 24.07.2023, Az. 9 K 1721/23).

Immissionsschutzrechtliche Privilegierung

Nach Auffassung des VG Trier stelle der Lärm, der von den spielenden Menschen ausginge, keine schädliche Umwelteinwirkung im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) dar. Das Gesetz definiert schädliche Umwelteinwirkungen als Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Das Gericht wies jedoch auf die Privilegierung von Spielplätzen hin. Laut BImSchG seien Geräuscheinwirkungen von Kinderspielplätzen im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung dürften Immissionsgrenz- und Richtwerte nicht herangezogen werden.

Tischtennisplatte als Teil eines Spielplatzes

Der Spielplatz sei im vorliegenden Fall auf spielerische und körperlich spielerische Aktivitäten von Kindern bis 14 Jahren zugeschnitten. Das Gericht bewertete die Aufstellung einer kleinräumigen Anlage wie einer Tischtennisplatte als Teil der Gesamtkonzeption des Spielplatzes. Es liege zudem kein von der Privilegierung abweichender Sonderfall vor. Ebenso wenig sei die Tischtennisplatte eine Sportanlage im Sinne der Sportanlagenlärmschutzverordnung. Danach sind Sportanlagen Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen, die zur Sportausübung bestimmt sind. Für solche Anlagen gelten klare Immissionsrichtwerte je nach Gebietscharakter. Das Angebot des Spielplatzes würde laut Gericht durch die Tischtennisplatte jedoch lediglich ergänzt und sei daher nicht als Sportanlage zu qualifizieren.

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Verwaltungsgericht betonte Sozialadäquanz des Lärms

Laut Gericht sei eine deutlich wahrnehmbare Geräuschkulisse für den Spielbetrieb typisch. Die unregelmäßigen und impulsartigen Spielgeräusche beim Tischtennis würden sich von den üblichen Geräuschen nicht übermäßig abheben. Darunter fielen auch die Anfeuerungsrufe. Somit stellten die Lärmimmissionen keine wesentliche Störung dar und seien von der Nachbarin als sozialadäquat zu dulden. Es sei auch nicht davon auszugehen, dass der konkrete Spielplatz einen Sonderfall aufgrund des Standortes in einem Dorfgebiet darstelle. Die Nachbarschaft sei aufgrund des Gebietscharakters vielmehr weniger sensibel und schutzbedürftig als in anderen Gebieten.  Es bestünden daher höhere Anforderungen an eine Ausnahme von der Privilegierung aus dem BImSchG. Die Nachbarin hatte sich auch dagegen gerichtet, dass Jugendliche und Erwachsene außerhalb der Öffnungszeiten den Spielplatz lautstark benutzen würden. Das Gericht urteilte, dass die Benutzung in diesem Fall wohl missbräuchlich, der Kommune jedoch nicht zuzurechnen sei. Störungen dieser Art seien polizei- und ordnungsrechtlich zu beseitigen.

Ähnliche Gerichtsentscheidungen

Gerichte befassten sich bereits mit einigen solcher Fälle. Sowohl das VG Trier als auch das Oberverwaltungsgericht (OVG) Rheinland-Pfalz urteilten bereits im Jahr 2012, dass auch die von einer Seilbahn auf einem Spielplatz ausgehenden Lärmbelästigungen von einer Nachbarin geduldet werden müssten (OVG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 24.10.2012, Az. 8 A 10301/12.OVG). An der Beurteilung ändere auch die Gegebenheit nichts, dass zwischen der Seilbahn und dem Grundstück der klagenden Nachbarin nur ein Abstand von 10 Metern gegeben sei. Eine andere Beurteilung ist möglicherweise bei Abenteuerspielplätzen oder Bauspielplätzen vorzunehmen. Auf Bauspielplätzen werden in außergewöhnlichem Maße geräuschintensive handwerkliche Tätigkeiten ausgeübt. Solche Spielplätze müssten in der Regel gewisse Immissionsgrenzwerte einhalten. In jedem Fall müssen jedoch die Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden.

jvo/ezo