Der Opernsänger Jeremy Osborne wurde bei einer Kontrolle in einer Berliner U-Bahn rassistisch beleidigt. Das AG Berlin-Mitte sah darin eine Verletzung seines Allgemeinen Persönlichkeitsrechts und verurteilte die Berliner Verkehrsbetriebe zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000 Euro. Ein starkes Signal, dass Diskriminierung, ob rassistisch oder anderweitig motiviert, geahndet werden kann.

Mit Urteil vom 10.07.2023 hat das Amtsgericht (AG) Berlin-Mitte die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000 Euro verurteilt. Anlass war die rassistische Beleidigung des Schwarzen US-amerikanischen Opernsängers Jeremy Osborne bei einer Verkehrskontrolle (Urt. v. 10.07.2023, Az. 10 O 218/22).

Osborne war im Jahr 2020 in der U-Bahnlinie 2 am Bahnhof Alexanderplatz von Mitarbeitern eines Sicherheitsunternehmens rassistisch beleidigt worden. Das Sicherheitsunternehmen war von der BVG mit der Durchführung von Fahrscheinkontrollen in den U-Bahnen beauftragt worden. Osborne besaß ein gültiges Monatsticket. Er wollte jedoch zuerst die Dienstausweise der Kontrolleure sehen, woraufhin die Kontrolleure ihn aufforderten, am Alexanderplatz die Bahn zu verlassen. Die Mitarbeiter sollen den Opernsänger als ,,Schwarzkopf‘‘ bezeichnet und ihn aufgefordert haben, sich ,,in Deutschland zu benehmen‘‘. Der genaue Ablauf des Vorfalls blieb jedoch vor Gericht streitig.

Mit seiner anschließenden Klage hatte Osborne mindestens 2.000 Euro Schmerzensgeld wegen Verstoßes gegen das Berliner Landesantidiskriminierungsgesetz (LADG) gefordert. Daneben schrieb er Beschwerden an die Ombudsstelle des Berliner Senats und das Antidiskriminierungsnetzwerk ADNB. Mit dem LADG ist Berlin das einzige Bundesland, das ein Gesetz zum Schutz vor Diskriminierungen durch Behörden hat. Nach § 2 LADG darf kein Mensch im Rahmen öffentlich-rechtlichen Handelns aufgrund des Geschlechts, der ethnischen Herkunft, einer rassistischen Zuschreibung, der Religion und Weltanschauung, einer Behinderung, einer chronischen Erkrankung, des Lebensalters, der Sprache, der sexuellen und geschlechtlichen Identität sowie des sozialen Status diskriminiert werden. Verstößt eine Behörde gegen das LADG, hat die betroffene Person einen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. Infolge einer Beweiserleichterung muss die Behörde die Diskriminierung widerlegen, selbst wenn ein Verstoß nur „überwiegend wahrscheinlich“ ist.

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Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts

Das AG Mitte stützte sein Urteil hingegen nicht auf eine Verletzung des LADG, sondern auf eine Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Denn die Vorschriften des Antidiskriminierungsgesetzes seien im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Insoweit fehle es an einem ,,öffentlich-rechtlichen Handeln‘‘. Denn die BVG habe nicht selbst gehandelt, sondern die für sie tätigen Mitarbeiter eines privaten Sicherheitsunternehmens.

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist ein absolutes, eigenständiges und umfassendes Recht auf Achtung und Entfaltung der Persönlichkeit. Es ist nicht ausdrücklich im Grundgesetz geregelt, sondern ein von der Rechtsprechung entwickeltes Rechtsinstitut, das sich aus Art. 2 Abs. 1 GG (der freien Entfaltung) und Art. 1 Abs. 1 GG (der Menschenwürde) ableitet.

Beschwerden gegen die BVG häufen sich

Das Urteil des AG Berlin-Mitte lautete nun auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.000 Euro. Obwohl das Urteil nicht die von Osborne geforderten 2.000 Euro erreichte, zeigte er sich zufrieden. Es tue unglaublich gut zu wissen, dass die Richterin anerkannt habe, dass die Kontrolleure seine Menschenwürde verletzt haben, so Osborne. Die BVG teilte bisher lediglich mit, dass Vorwürfe von Diskriminierung in allen Fällen schwer wögen und in ihrem Haus stets sehr ernst genommen würden. Zu dem Urteil hat sich die BVG aber bisher nicht geäußert.

Obwohl es in Berlin immer wieder zu Vorfällen bei Fahrscheinkontrollen kommt, sind tatsächliche Gerichtsverfahren selten. Jeremy Osborne ist nun der Erste, der mit einer Klage gegen die BVG vor Gericht Erfolg hat. Das Urteil ist jedoch noch nicht rechtskräftig.

lyt