Ein Problem, das wahrscheinlich alle kennen: Der Pfandautomat nimmt die Dosen nicht zurück. Wenn die Rückgabe nach mehreren Versuchen nicht klappt, kann das Personal um Hilfe gebeten werden. Aber was, wenn das Personal sich weigert, weil die Dose zu plattgedrückt ist? Warum muss man Pfanddosen überhaupt in Form bringen, wenn sie sowieso wieder zerdrückt werden? Diese oder ähnliche Frage stellte sich ein Lidl-Kunde, als er seine plattgedrückten Dosen nicht zurückgeben durfte. Also beschwerte er sich bei der Verbraucherzentrale, die seinen Ärger teilte. Der Supermarkt musste sich für seine Rückgabepolitik vor den Stuttgarter Gerichten verantworten.

Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg ging gegen Lidl vor, nachdem eine Filiale der Supermarktkette die Rücknahme von Pfanddosen verweigerte, weil diese plattgedrückt waren. Das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart gab der Verbraucherzentrale Recht. Pfanddosen seien unabhängig von ihrem Zustand zurückzunehmen, sonst würde der abfallbezogene Sinn von § 31 Verpackungsgesetz (VerpackG) konterkariert werden (Urt. v. 15.06.2023, Az. 2 U 32/22).

Obwohl die Dosen am Pfand-Logo eindeutig als pfandpflichtig erkennbar waren, lehnte eine Lidl-Filiale die Pfanddosen ab, weil sie plattgedrückt waren. Ein zuständiger Mitarbeiter warf dem Kunden dabei vor, die Dosen seien entweder mutwillig beschädigt oder aus einem Pfandautomaten entwendet worden, also doppelt zurückgegeben worden. Der Lebensmitteldiscounter vertrat die Auffassung, es müssten nur Verpackungen zurückgenommen werden, die die gleiche Form aufwiesen, wie die in Verkehr gebrachten Verpackungen. Daraufhin legte der Kunde eine Beschwerde bei der Verbraucherzentrale ein. Nachdem sich Lidl weigerte, eine Unterlassungserklärung abzugeben, zog die Verbraucherzentrale vor Gericht – mit Erfolg in beiden Instanzen.

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Zunächst bekam die Verbraucherzentrale vor dem Landgericht (LG) Stuttgart Recht. Lidl legte sodann Berufung vor dem Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart ein, diese wurde aber zurückgewiesen. Zu eindeutig sei hier die Gesetzeslage: Der Wortlaut des § 31 Abs. 2 S. 1 VerpackG über die Pfand- und Rücknahmepflichten für Einweggetränkeverpackungen umfasse nämlich sämtliche restentleerte Einweggetränkeverpackungen. Dabei komme es nicht auf den Zustand an. Auch eine deformierte Dose sei vom Wortsinn her noch eine Verpackung.

Abfallbezogener Sinn der Rücknahmevorschriften entscheidend

Auch § 15 Abs. 1 S. 1 VerpackG regele nichts Gegenteiliges. Zwar sei dort geregelt, dass restentleerte Verpackungen in der gleichen Form zurückgenommen werden müssten. Der Hinweis auf die Form könne jedoch nicht so verstanden werden, dass keine Rücknahmepflicht bestehe, wenn Verpackungen zerdrückt seien und somit eine andere Form aufweisen würden, wie auch schon das LG Stuttgart ausführte. Das OLG war der Auffassung, dass eine solche Beschränkung der Rücknahmepflicht für Einweggetränkedosen gar keinen Sinn ergeben würde – schließlich würden die Dosen nicht wiederverwertet, sondern nach Rückgabe durch den Kunden ohnehin zusammengepresst werden. Folglich könne Lidl auch kein grundlegendes Interesse daran haben, nur gut erhaltene Dosen zurückzunehmen.

Laut OLG würde bei Einwegverpackungen der abfallbezogene Sinn der Rücknahmevorschriften konterkariert werden, wenn diese nur dann zurückgenommen werden müssten, wenn sie dem Rücknahmepflichtigen in oder nahe der Originalform angedient werden würden. Das Vorhandensein der ursprünglichen Form sei auch nicht erforderlich, um zu prüfen, ob die Ausnahmetatbestände des § 31 VerpackG vorlägen. So sei grundsätzlich – wie die Anlage K2 zeige – auch bei einer stark deformierten Getränkedose das Material und die Marke erkennbar. Zukünftig wird Lidl – wohl ebenso wie auch andere Supermärkte – auch plattgedrückte Dosen zurücknehmen müssen.

Tipps für Verbraucher

Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass sich Verbraucher bei Problemen bei der Pfandrückgabe oder beim Einlösen von Pfandbons, zunächst an die Marktleitung wenden sollten. Wenn sie damit keinen Erfolg haben, können sie auch die zuständige Überwachungsbehörde informieren, die beispielsweise auch Bußgelder verhängen kann. Bei Unsicherheiten darüber, welche Behörde vor Ort für einen zuständig ist, kann dies bei der Verbraucherzentrale erfragt werden.   

agü/ezo