Seit dem Digital Services Act sollen soziale Netzwerke Beiträge, die strafrechtlich relevante Inhalte enthalten an das BKA melden. Die Behörden hatten große Hoffnungen in die Meldepflicht und richteten sogar eine Meldestelle ein. Wirklich gefruchtet hat der Digital Services Act jedoch (noch) nicht. Statt mehreren hunderttausend erwarteten Meldungen ging nur eine vierstellige Anzahl ein. Ist der Digital Services Act gescheitert?

Die Bekämpfung von Online-Hetze gestaltet sich als eine Herausforderung. Im Jahr 2020 verabschiedete der Bundestag das Gesetz gegen Hass und Rechtsextremismus, das Betreiber großer sozialer Netzwerke dazu verpflichtet, strafrechtlich relevante Inhalte wie Bedrohungen und Darstellungen sexuellen Kindesmissbrauchs sowie Hassbeiträge und Terrorismuspropaganda an das Bundeskriminalamt (BKA) zu melden. Dabei sollten auch die IP-Adressen und Portnummern übermittelt werden. Dieses Gesetz wurde in das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) eingefügt. Allerdings haben sich Unternehmen wie Google, Meta (einschließlich Facebook und Instagram), TikTok und Twitter vor Gericht erfolgreich gegen diese Verpflichtung gewehrt.

Es bestand die Hoffnung, dass der Digital Services Act (DSA) der Europäischen Union die rechtlichen Unklarheiten in Deutschland hinsichtlich der Meldepflicht beseitigen würde. Sehr große Plattformen (mit mehr als 45 Millionen Nutzern), wie die führenden sozialen Netzwerke, sollen den Vorschriften des DSA gemäß Artikel 18 seit dem 25. August 2022 folgen. Sie sind damit dazu verpflichtet, Beiträge zu melden, die den Verdacht begründen, dass eine Straftat, die eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit einer Person oder von Personen darstellt, begangen wurde, begangen wird oder begangen werden könnte.

Nur wenige Meldungen beim BKA

An die Anzahl der Meldungen wurden hohe Erwartungen gestellt. Die Realität sieht jedoch ernüchternd aus. Das Problem: Bisher sind beim BKA, keine strafrechtlich relevanten Meldungen eingegangen. Eine Pflicht, etwa strafbare Hassrede oder Volksverhetzung zu melden, ergebe sich aus der einschlägigen DSA-Klausel eben nur, insoweit die Beiträge eine Gefahr für das Leben oder die Sicherheit anderer darstellten. Anderweitige Hassreden sind somit nicht von dem Act erfasst.

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Das BKA rechnete schon aufgrund der im NetzDG verankerten Pflicht mit rund 250.000 jährlichen Meldungen, von denen sich etwa 150.000 in neue Strafverfahren umwandeln könnten – so zumindest die Hoffnung. Um mit dem erwarteten Ansturm an Hinweisen umzugehen, richtete das BKA die Zentrale Meldestelle für strafbare Inhalte im Internet (ZMI) ein, die anfänglich mit etwa 200 Beamten besetzt war. Jedoch waren nach sechs Monaten, also August 2022, erst rund 1950 einschlägige Meldungen eingegangen und bearbeitet worden. Diese Meldungen sollen jedoch hauptsächlich von regionalen Schwerpunktstaatsanwaltschaften und zivilgesellschaftlichen Initiativen gestammt haben. Andere Meldestellen, wie beispielsweise das Portal „Hessen gegen Hetze“ oder die Meldestelle „Respect“, sollen hingegen mittlerweile rund 13.000 Meldungen erhalten haben.

Meldepflicht stieß schon auf Kritik

Gemäß dem Gesetzentwurf der Bundesregierung für ein nationales Digitale-Dienste-Gesetz könnte der Bedarf an Personal für die ZMI in Zukunft auf bis zu 750 Stellen steigen (aktuell soll er wohl bei 38 Stellen liegen). Es gibt jedoch noch Unstimmigkeiten, da bisher noch keine Einigung darüber erzielt werden konnte, ob die Bundesnetzagentur oder das Bundesamt für Justiz zukünftig als Aufsichts- und Kontrollstelle dienen soll.

Schon die nationale Meldepflicht stieß ihrerseits auf Kritik. Als 2020 große soziale Netzwerke per Gesetz dazu verpflichtet wurden, strafrechtlich relevante Inhalte an das BKA zu übermitteln, wehrten sich verschiedene Organisationen. Insgesamt 13 Organisationen hatten in einem öffentlichen Brief an die damalige Bundesjustizministerin Christine Lambrecht kritisiert, dass die Meldepflicht zu einer Art Verdachtsdatenbank in Form eines polizeilichen Zentralregisters beim BKA führen würde und so rechtsstaatliche Prinzipien gefährden könnte.

Ob der DSA wirklich ins Leere läuft oder ob sich doch noch Wege finden lassen, die Zahl der strafrechtlich relevanten Meldungen zu erhöhen, wird sich zeigen lassen. Festzuhalten ist nach der ersten Anlaufphase allerdings, dass die Meldepflicht bei weitem nicht den gewünschten Erfolg verbuchen konnte.

agr